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Der Albtraum meiner Kindheit und Jugend - Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime

Der Albtraum meiner Kindheit und Jugend - Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime

Titel: Der Albtraum meiner Kindheit und Jugend - Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime
Autoren: Regina Page
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niederzumachen, dass die jungen Menschen ihr Gleichgewicht verlieren? Dass die Menschen, die ihr ganzes Leben darunter zu leiden haben? Ohne Hilfe müssen sie damit, möglichst unauffällig, weiterleben. Eine Verurteilung, bei der die Gerechtigkeit „auf der Strecke blieb“.
    Ich komme zu keinem Resultat.
    Habe ich doch gemeint, meine Lebensphilosophie gefunden zu haben, war ich einem Irrtum erlegen?
    Ist es möglich, einen jungen Menschen so zu manipulieren und es sich stark in sein Unterbewusstsein eingeschlichen hat, dass dieser Mensch gezwungen ist, sein eigenes Ich ein Leben lang zu unterdrücken? Macht sich die Erziehung der Nonnen, die Unterdrückung, das Gehorsam und die verbalen fürchterlichen Anschuldigungen in der Kinder- und Jugendzeit nach soviel Jahren noch bemerkbar? Schon eine Kleinigkeit im Alltag, ein Wort, ein Essen oder eine Handlung kann in einem die Erinnerung an diese schlimme Zeit wachrufen. Dann ist es wieder da, dieses Gefühl der Machtlosigkeit.
    Bemerkbar machte sich das auch im Eheleben.
    Wir hörten von den Nonnen, dass es Schmutz ist, sich einem Mann „hinzugeben“ und das hörten wir immer wieder. Dieses Gefühl, es wäre eine Sünde und es sei „Schmutz“, hatten wir auch später noch in unseren Köpfen. Oft kam es vor, dass ein Ehemann seine Frau niemals völlig entkleidet gesehen hat. Selbst in der Badewanne haben so manche Frauen nach Jahren noch ihre Unterhose vor Scham anbehalten. Mit diesem Bewusstsein, alles sei Schmutz und Sünde, gingen die Frauen in eine Ehe. Ein Leben lang auf der Suche nach der richtigen Liebe und Verständnis.
    Nach der Entlassung aus der Erziehungsanstalt Vincenzheim, wollte ich meinen Weg gehen und nie wieder an die Zeit zurückdenken, wollte die Zeit wie ein altes Bekleidungsstück ablegen. Ich habe es nicht geschafft, alle Erfahrungen aus der betenden Gesellschaft haben mir nicht geholfen. Die Nonnen-Erziehung holte mich immer wieder ein. Ich will es verstehen können. Woher kamen die grausamen Erziehungsmethoden? Die von betenden Schwestern in den Erziehungshöllen in so vielen Jahren an den ihnen anvertrauten Zöglingen ausgeführt wurden? Bloß nicht anecken, keine Diskussion in eine Richtung lenken die sich negativ auswirken könnte. Was bin ich, wer bin ich? Bin emotional intelligent oder sind es die Lebenserfahrungen, meine Lebensgeschichte, die mich oft negativ bekleidet haben. Fehlt mir dazu die Ausbildung, das alles richtig einzuordnen?
    Habe ich meinen Lebenspartnern durch dieses passive Verhalten zu viele Freiräume eingeräumt und zu spät erkannt, was daraus entstanden ist? Nach Jahren bemerkte ich es, oft zu spät, dass ich immer wieder bereit war, zuviel zu geben. Dabei führte es zu Respektlosigkeit und ich war für sie nur ein funktionierendes Etwas.
    Viel zu spät habe ich mich gewehrt, es endete immer wieder in einer Katastrophe, im Laufe meines Lebens, kam eine nach der anderen. Mit Entschlossenheit nahm ich immer wieder alles selbst in die Hand und fing dann ein neues Leben an. Dieser Entschlossenheit und meiner alleinigen Tatkraft zufolge, schien alles gut zu werden, ich schaufelte mich regelrecht frei und mir war gut dabei. Ich hatte nicht gelernt, in der Partnerschaft die Grenzen abzustecken.
    Das hatte große Auswirkungen in der Erziehung meiner vier Mädels, als sie älter wurden, war ich dann auch den Kritiken meiner Kinder ausgesetzt.
    Von meinem schweren Leben in den Heimen, haben sie nichts gewusst, das habe ich bewusst verschwiegen, denn ich wollte sie damit nicht belasten.
    Ich denke heute, das war ein großer Fehler. Viele Fragen sind offen, doch meine Fragen kann keiner beantworten. Eine fast unglaubwürdige Geschichte ist in der Nachkriegszeit geschehen.
    Meine Schwester Elke und ich haben es ertragen müssen.
    Nachdem wir uns mit vielen Betroffenen zusammengetan haben, erleben wir dramatische Erzählungen aus deren Zeit. Was uns im tiefsten Inneren erschüttert, in diesen vielen, vor allen den kirchlich betriebenen Erziehungsanstalten, haben sich die Erzieher an so vielen Kindern und Jugendlichen regelrecht versündigt.
    Wenn sie anfangen aus ihrer Zeit im Heim zu berichten, hören sie nicht mehr auf, sie erzählen ohne Unterbrechung. Es sprudelt nur so aus ihnen heraus. Man spürt ihre Wut und ihre Verzweiflung, auch nach der langen Zeit können diese Menschen nicht vergessen.
    Endlich können sie darüber reden und ganz wichtig ist, dass wir ihnen glauben, dass sie sich endlich jemanden anvertrauen können.
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