Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)
zu gut, dass ich ihm endlich meine Meinung sagen kann«, winkte Edith ab. »Das möchte ich nicht missen, und deshalb muss ich jetzt wohl ausnahmsweise ihn reden lassen.«
Also rief sie Bob an und holte tief und zitternd Luft, nachdem er drangegangen war. »Also gut «, sagte sie und bemühte sich vergeblich um einen beiläufigen Ton . »Du wolltest mir was sagen?«
Obwohl Sam am anderen Ende des Raums stand, konnte er sehen, wie die Farbe aus Bobs Gesicht wich. Ihn überraschte immer wieder aufs Neue, was der Algorithmus alles wusste. Aber Bob war bereit, er wollte seine Seele endlich von ihrer Last befreien.
»Ich muss dir etwas beichten«, sagte er, un d Edith senkte den Blick auf ihren Schoß und nickte. »Es klingt bestimmt erst einmal schlimmer, als es ist, aber die Heimlichtuerei macht mich völlig fertig. Hör dir bitte alles an, das Ende ist nämlich auch wichtig. Ich habe … ich … äh …« Die Projektion tat sich schwer damit, es auszusprechen, und Sam fragte sich flüchtig, ob sie vielleicht etwas ganz anderes beichten wollte. »Leanne und ich hatten eine Affäre. Ich hatte eine Affäre. Jetzt ist sie vorbei.« Natürlich war sie nicht vorbei, weil es sie gar nicht gegeben hatte. In anderer Hinsicht hatte es sie vielleicht doch gegeben. »Es tut mir leid, Edith. Es tut mir leid, dass ich dich betrogen habe, und es tut mir auch leid, dass ich dich angelogen habe. Alles tut mir leid. Ich habe damals das Ehegelübde abgelegt und hätte meinen Treueschwur nie brechen dürfen.«
»Du machst dir Sorgen um dein Ehegelübde?«, fragte Edith.
»Unsere Ehe war … nicht immer leicht. Vor allem in letzter Zeit. Aber das ist keine Entschuldigung. Ich bin genauso schuld daran.«
»In letzter Zeit?«, fragte Edith.
»Ich sage es nicht oft genug, aber ich liebe dich immer noch.«
»Darum geht es nicht, Bob. Das reicht nicht.«
»Ich weiß. Tut mir lei d. Ich lobe dich nie für die Mühe, die du dir machst, dabei weiß ich, was du alles leistest. Und ich sage dir auch nie, wie sehr ich alles, was du tust, zu schätzen weiß. Du bist der beständige Part, das Rückgrat unserer Beziehung. Du hältst alles zusammen.«
»Das ist nicht immer leicht«, sagte Edith.
»Bestimmt nicht. D as weiß ich«, antwortete Bob. »Ich könnte meinen Beruf nicht ausüben, wenn du nicht zu Hause bleiben und dort so wunderbar alles in Ordnung halten würdest. Das ist mir bewusst.«
»Warum hast du es dann nie gesagt?«
»Ich weiß nicht. Ich glaube, ich bin nicht besonders gut in solchen Dingen.«
»Nein, bist du nicht.«
»Bitte verlass mich nicht.«
»Ich hab dich nicht verlassen«, sagte sie, ohne von ihrem Schoß aufzublicken.
»Was?«
»Ich meine, ich werde dich nicht verlassen.« Endlich zeigte sie ihm ihr Gesicht – es war ruhig und gelassen. Bob hingegen wirkte völlig aufgelöst, ihm strömten die Tränen übers Gesicht.
»Es heißt immer, man soll nicht beichten , wenn man fremdgeht, weil man selbst sich dann zwar besser fühlt, aber der andere noch viel mehr leidet. Aber wenn ich es dir nicht gesagt hätte, hätte ich das Gefühl gehabt, dich ein zweites Mal zu betrügen. Ich erzähle dir doch sonst auch immer alles. Du bist meine beste Freundin, Edith.«
»Du erzählst mir alles?«, fragte sie ungläubig. »Und ich bin deine beste Freundin?«
»Natürlich. Wenn es bei der Arbe it gut läuft, erfährst du es als Erste, und wenn es nicht so gut läuft, auch. Wenn ich auf Geschäftsreisen bin, komme ich hinterher zu dir zurück. Du bist der Grund, warum ich nach Hause komme.«
»Aber wir reden doch kaum noch miteinander.« Edith machte ein skeptisches Gesicht.
»Findest du?«, fragte Bob. »Ich habe den Eindruc k, dass wir nichts anderes tun. Aber wahrscheinlich rede ich die meiste Zeit. Du willst bestimmt wissen, warum ich meiner besten Freundin so etwas angetan habe. Aber ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach nicht.«
Edith presste Zeigefinger und Daumen gegen ihre zugekniffenen Augen und sah ihn dann streng an. »Der Grund interessiert mich nicht. Er spielt keine Rolle mehr.«
»Keine Rolle mehr ? «, echote Bob.
»Hat nie eine gespielt. Das Warum war noch nie von Bedeutung und ist es auch jetzt nicht.«
»Weil ich dich liebe?«, fragte Bob voller Ho ffnung. »Weil nur das zählt?«
»Das und ein paar andere Dinge.«
»Ja, und ich weiß auch, welche. Ich weiß, dass ich alles wiedergutmachen muss. Ich werde abends früher von der Arbeit nach Hause kommen und Geschäftsreisen fürs Erste
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