Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)
« und » Rauch « hießen. Sie sorgte für weiche, warme Beleuchtung, stellte weiche, warme Sofas und Sessel auf, richtete Schlupfwinkel und stille, abgeschiedene Ecken ein, ließ sanfte Musik laufen und hängte Vorhänge, Jalousien und Bilder auf. An die Decke kamen Modellflugzeuge, und als krönenden Abschluss installierte sie eine Reihe wunderschöner, glänzender, ultramoderner Computer mit riesigen Monitoren und kaufte einen Vorrat nagelneuer Laptops. Bald erinnerten die Räume an einen geschmackvollen Beauty-Salon, also beschloss sie, den Firmensitz » Salon Styx « zu nennen.
Als Nächstes mussten sie Kundschaft anlocken. Sie mochten ein unwiderstehliches Produkt im Angebot haben, wussten aber nicht, wie sie es an den Mann bringen konnten. Fernsehwerbung kam ihnen geschmacklos vor. Die Leute konnten das Programm auch nicht einfach testen, weil sie erst unterschreiben und RePrise Zugriff auf ihr gesamtes Online-Archiv gewähren mussten, bevor sie anfangen konnten. Dash schlug Aushänge in Krebszentren, bei Waffenausstellungen und in Motorradläden vor. Außerdem war er der Ansicht, dass sich ihre Dienstleistung vielleicht eines Tages auf Psychiatrien und Nervenheilanstalten ausweiten ließe. »Für die Angehörigen spielt es keine Rolle, ob jemand tot oder verrückt ist «, argumentierte er. Meredith legte ihr Veto ein. »Es muss geschmackvoll und moralisch vertretbar sein «, mahnte sie.
Sie kündigte in der Agentur und erklärte ihren Kolleginnen, dass ihr Freund Sam, das Computergenie, ein Unternehmen gründen wolle und ihre Hilfe brauche, dass dieses Unternehmen das Leben aller Menschen und selbst der Toten für immer verändern werde und dass sie ein Risiko eingehen und sich voll und ganz ins Leben und in die Liebe stürzen wolle. Alle freuten sich für sie, umarmten sie und wünschten ihr Glück. Alle schauten auf ein Stück Kuchen in ihrem Büro vorbei, schmiedeten Pläne für künftige Happy Hours und versprachen, in Kontakt zu bleiben. Alle waren traurig, dass sie ging, gönnten ihr jedoch ihr Glück. Alle außer ihrem Chef, der die vielen Umarmungen und Glückwünsche mit grimmiger Miene beobachtete und dann ihrem Computergenie von Freund eine SMS schrieb: »Warum musst du immer mein Leben zerstören?«
»Du findest schon einen Ersatz für sie«, schrieb Sam zurück.
»Für mich ist sie unersetzlich. Ich brauche sie.«
»Falsch. Für mich ist sie unersetzlich, und ich brauche sie.«
»Wozu denn?«, fragte Jamie dreist .
»Für die schmutzigen Details bist du noch zu jung und unschuldig«, antwortete Sam.
»Du bist gefeuert«, schrieb Jamie.
»Da mit kann ich leben«, erwiderte Sam.
Meredith war zuversichtlich, dass sich das Programm ab dem zweiten Kunden wie von selbst verkaufen würde . Die Frage war nur, wie man es dem ersten schmackhaft machte.
Dash war eigentlich fürs Geschäftliche zuständig (Budget, Finanzierung, rechtliche Fragen), erwies sich aber auch als der richtige Mann für diese Herausforderung. »Also in Hollywood und bei der Mafia funktioniert das folgendermaßen«, erklärte er. »Jemand flüstert einem Zweiten etwas zu, der es dann an einen Dritten weitergibt, der es wiederum weitererzählt. Niemand weiß Genaues, aber alle ahnen etwas. So etwas muss unter der Hand passieren, durch Gerüchte. Das kann auf keinen Fall offen ablaufen. Aber vertraut mir, es wird laufen.«
In der Zwischenzeit kümmerte sich Sam um die Technik, programmierte, beseitigte Probleme und läutete die Testphase ein. Dash nannte es »mit dem Buddha kochen«. Sam nannte es »nur noch zwei Stunden pro Nacht schlafen«. Er richtete ein VA-Menü (VA stand für Verstorbene Angehörige) mit zahlreichen Optionen ein. Natürlich war bei einem Verstorbenen, der nur E-Mails geschrieben hatte, kein Video-Chat möglich. Aber Sam konnte jede Art der elektronischen Kommunikation reproduzieren, deren sich der Verstorbene zu Lebzeiten bedient hatte. Langsam schrumpfte die Liste mit Macken, die er noch ausbügeln musste, und Nicht-Sam führte immer bessere und realitätsnähere Gespräche mit Dash. Am Ende war trotzdem ein waghalsiger Sprung über den Abgrund nötig – mit fest zugekniffenen Augen und gedrückten Daumen –, denn eine Betatest-Phase würde es nicht geben. Das Programm ließ sich nicht in der Theorie testen, mit falschen Usern und falschen verstorbenen Angehörigen, sondern funktionierte nur bei echten Usern, die tatsächlich einen Angehörigen vermissten. Auch wenn die Projektionen, die das
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