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Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Titel: Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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beschimpft werden. Ich wandte mich an den Kassierer und fuchtelte mit meiner brennenden Zigarette dicht vor seinem Gesicht. »Ich will mein Schließfach. Die Gauner hier wollen sich alles einfach unter den Nagel reißen, aber ich werde dafür sorgen, dass mein Schließfach vor denen sicher ist.«
    »Unser Tresorraum zählt zu den sichersten …«
    »Halt den Schnabel, du kleiner Scheißkerl. Die Sachen gehören mir, und ich werde sie mitnehmen.« Ich streckte ihm Zieglers Schlüssel unter die Nase.
    »Grandpa, gib mir mal einen Augenblick Ruhe, und ich verspreche dir, du kriegst deine Sachen zu Gesicht«, sagte Tequila. Er nahm den Kassierer beim Arm, und die beiden Männer traten ein paar Schritte beiseite, um miteinander zu flüstern.
    Ich entschied mich, ruhig zu bleiben. Wenn es so aussah, als könne Tequila mich unter Kontrolle behalten, würde der Kassierer sich aller Wahrscheinlichkeit nach fügen. Ich vergrub die Hände in den Vordertaschen meines Sweatshirts und versuchte, ihrem Gespräch zu lauschen. Normalerweise ist mein Gehör nicht besonders zuverlässig, aber in der Lobby mit dem Marmorfußboden konnte ich so ziemlich alles verstehen, was sie sagten.
    »Hören Sie, das hier ist eine Bank«, sagte der Kassierer. »Wir können nicht dulden, dass er sich hier drinnen so benimmt. Ich werde den Sicherheitsdienst alarmieren müssen.«
    Tequila machte ein trauriges und gequältes Gesicht. »So ist er eigentlich gar nicht. Er war sein Leben lang ein liebenswerter und großherziger Mann. Es ist die Krankheit, die dieses Verhalten hervorruft, und ich kann nur hoffen, dass Sie etwas Verständnis für unsere Lage aufbringen.«
    »Ja, aber wir müssen hier den Publikumsverkehr abwickeln. Er verschreckt die anderen Kunden.«
    »Sein Gehirn arbeitet nicht so, wie es eigentlich sollte. Er leidet unter seniler Demenz. Es ist grausam. Er ist immerzu verängstigt und paranoid und versteht einfach nicht, was mit ihm geschieht.«
    »Hören Sie, es tut mir leid. Es muss wohl sehr schwierig für Ihre Familie sein.«
    »Auf jeden Fall sollten Sie eines verstehen: Bei aller scheinbaren Aggressivität, die er an den Tag legt, ist er doch höchst gebrechlich. Wenn Ihre Wachmänner Hand an ihn legen, könnte das zu Verletzungen führen.«
    »Das darf natürlich keinesfalls geschehen.«
    Tequila beugte sich zu dem Kassierer. »Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche zuhauf. Probleme, die Sie nicht brauchen können.« Ich lächelte. Mein Enkel verstand sich ziemlich gut auf dieses Spiel. »Hören Sie«, sagte er. »Ich bin sicher, wenn wir ihm ermöglichen, seine Sachen zu sehen, beruhigt er sich.«
    Nach kurzem Zögern nickte der Kassierer. »Wir haben nicht das geringste Problem damit, einem Kunden Zugang zu seinem Schließfach zu gewähren.«
    »Dann sind wir ja auf derselben Wellenlänge«, sagte Tequila.
    Er kam zu mir zurück. »Grandpa, sie werden dir erlauben, dein Schließfach zu inspizieren, solange du nicht mehr solchen Tumult veranstaltest.«
    »Sie müssen bitte die Unterschriftenkarte signieren, um Ihre Identität zu beglaubigen«, forderte mich der Kassierer auf.
    Ich steckte mir die Zigarette zwischen die Lippen, ließ mir einen Kugelschreiber von ihm geben und kritzelte ein unleserliches Zeichen auf seine Karte.
    Er warf einen Blick darauf und dann einen auf mich. Seine Augen waren vor Furcht weit aufgerissen, und Schweißperlen zierten seine Stirn. »Sir, diese Unterschrift gleicht aber nicht derjenigen auf der ursprünglichen Karte«, sagte er.
    »Machen Sie sich über mein Parkinson lustig, Sie gefühlloser kleiner Scheißer?« Ich deutete mit anklagendem Finger auf ihn und ließ dabei meinen Arm mehr zittern als gewöhnlich.
    Tequila packte den Arm und schimpfte: »Du musst dich jetzt einmal abregen, und pass bitte auf, wie du mit den Leuten redest.«
    Ich wandte mich ihm zu. »Du hast deinen Anwalt beauftragt, dass sie mir sagen sollen, meine Unterschrift ist falsch, oder? Ihr wollt doch alle, dass man denkt, ich bin meschugge, damit ihr mich ins Heim abschieben und euch alles unter den Nagel reißen könnt. Nun, das wird euch nicht gelingen. Was in dem Fach ist, nehm ich mit. Und ich nehm es mit ins Grab, bevor ihr es in eure schmutzigen Finger kriegt.«
    Der Kassierer wich zurück. »Sir, ohne den Beweis, dass Sie der Inhaber sind, darf ich Sie nicht an ein Schließfach lassen.«
    »Es tut mir aufrichtig leid«, sagte Tequila zu ihm. »Er weiß gar nicht wirklich, was er tut. Und wenn er erst mal in

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