Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Titel: Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
im Bett des Zimmers 1116 ein totes Mädchen gefunden«, sagte Jennings.
    Ich atmete erleichtert aus und ließ den Türrahmen los.
    »Na ja, der größte Teil des Mädchens befand sich im Bett«, korrigierte sich Jennings. »Eine ganze Menge lag auch im Waschbecken. Und ein Teil in der Toilette.«
    Tequila schluchzte. Seine Reaktion ließ mich annehmen, dass es sich bei der Leiche um seine israelische Freundin handelte. Das war traurig: Trotz ihrer militärischen Ausbildung, trotz ihrer Ideologie, trotz ihrer körperlichen Fitness war Yael wie all die anderen Juden zu einem Opfer geworden.
    »Sie sehen aus, als freue Sie diese Nachricht«, sagte Jennings.
    Ganz und gar nicht. Mein Instinkt als Detective flüsterte etwas über die Schnur von Yaels weißen Kopfhörern zu, die verheddert in einer Lache gerinnenden Blutes lag. Und er sagte etwas von langen gebräunten Beinen, die aus einem zerfetzten und ausgeweideten Rumpf ragten.
    »Froh nicht, aber erleichtert, das bin ich wohl«, sagte ich zu Jennings. »Als ich Sie sah, dachte ich, meiner Frau sei etwas passiert.«
    »Ach, ist das wahr?«, fragte Jennings. »Und wieso? Habt ihr die auch umgebracht?«
    Das klang nach einer Beschuldigung und hätte für mich das Zeichen sein müssen, nicht mehr länger mit Cops zu reden, sondern mir anwaltliche Hilfe zu suchen. Aber alle Strafverteidiger, die ich in Memphis gekannt hatte, waren inzwischen tot. Und eine große Hilfe wären sie ohnehin nicht gewesen, weil sie mich allesamt nicht hatten leiden können.
    Tequila ließ die Taschen auf die Rückbank des Buick fallen und brach anschließend an der Fahrertür zusammen. Er gab tränenerstickte, wimmernde Geräusche von sich. Er würde mir im Augenblick keine große Hilfe sein, aber das durfte ich ihm nicht zum Vorwurf machen. Ihm hatte das tote Mädchen wirklich etwas bedeutet.
    Ich erinnerte mich an die Momente, in denen ich mitansehen musste, wie die Familie eines Opfers die schlimme Nachricht bekam, und ich dachte an Roses Reaktion, als sie von Brianhörte, und malte mir aus, wie sich Yaels Großmutter, die den Holocaust überlebt hatte, wohl verhalten mochte, wenn sie von den Ereignissen im Embassy Suites erfuhr.
    »Was machen Sie eigentlich hier, Randall?«, fragte ich.
    Jennings spuckte aufs Pflaster. »Ich glaube, ich habe Sie zuerst gefragt, Buck.«
    Ich kniff die Augen zusammen. »Reine Sightseeing-Tour. Dachte mir, es wird mal Zeit, sich diesen Gateway Arch anzusehen, auf den die hier so stolz sind.«
    »Hören Sie auf, mich zu verarschen, Buck.«
    »Sie befinden sich außerhalb Ihres Zuständigkeitsbereichs«, knurrte ich. »Die Leiche hat Sie gar nicht zu interessieren.«
    »Die Polizei ist heutzutage besser vernetzt als früher«, sagte Jennings. »Ich habe vor ein paar Tagen über Twitter gefragt, ob jemand von den Ordnungskräften hier und in der Gegend etwas über Sie beide wüsste, und heute Morgen kam von einem Cop aus St. Louis, den ich kenne, eine Nachricht auf Facebook, dass Sie in einem Hotel gemeldet sind, in dem gerade ein Mord geschehen ist.«
    »Sie haben da eine ganze Menge Wörter benutzt, die mir gar nichts sagen«, ließ ich ihn wissen.
    Er beugte sich vor und wischte dabei mit seinem fetten Hintern über die Seite meines Buick. »Ich will damit sagen, dass ihr beiden Arschlöcher in letzter Zeit bei einer Menge Morden aufgetaucht seid und mir ganz schnell erklären müsst, warum mir das nicht verdächtig vorkommen sollte.«
    Er hatte mich bisher nicht über mein Recht, zu schweigen, aufgeklärt, aber das hieß nicht, dass ich etwas sagen musste.
    Er nutzte meine Zurückhaltung dazu, mir meine Verbindungen zu den Morden an den Fingern aufzuzählen. Lawrence Kind stattete mir einen nächtlichen Besuch ab, und danach weidete ihn jemand aus. Am Abend, bevor das Mädchen zu einem Objekt pathologischer Abschreckung gemacht worden war, hatten mehrere Hotelangestellte Tequila nach oben in ihr Zimmer gehensehen. Die Mordwaffe war in beiden Fällen ein Messer gewesen, beide Leichen waren ausgeweidet und zum Ausbluten zurückgelassen worden. Jeder Cop hätte mit Freuden der Annahme zugestimmt, dass die Morde zusammenhingen, und Tequila und ich waren die einzigen gemeinsamen Bekannten der Opfer.
    »An meiner Stelle würden Sie genau dasselbe denken, was ich denke, und auch tun, was ich tue. Das wissen Sie«, sagte Jennings.
    Ich runzelte die Stirn. Wahrscheinlich hatte er Recht.
    »Sie kennen meinen Ruf«, sagte ich zu ihm. »Sie müssen mir vertrauen, wenn

Weitere Kostenlose Bücher