Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Altman-Code

Der Altman-Code

Titel: Der Altman-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum , Gayle Lynds
Vom Netzwerk:
niemanden, der sich wie ein Polizist verhielt, und keinen der Killer vom Vortag. Er entdeckte auch niemanden, den er aus Shanghai kannte. Dennoch waren diese Vorsichtsmaßnahmen keine Garantie, dass er nicht erwartet wurde.
    Er blieb weitere zehn Minuten in seinem Versteck.
    Schließlich ging er an die Rezeption. Wenn er sich nicht auscheckte, verständigte das Hotel möglicherweise die Polizei, zumal es nur eine Frage der Zeit war, bis die Leiche im Treppenhaus entdeckt würde. Während er auf die Rechnung wartete, bat er den Hoteldiener, ihm für die Fahrt zum Flughafen ein Taxi mit einem Englisch sprechenden Fahrer zu besorgen.
    Das Taxi war kaum losgefahren, als sich Smith vom Rücksitz nach vorn beugte. »Ich habe es mir anders überlegt. Bringen Sie mich in den Queensway achtundachtzig in Central. Das Conrad International Hotel.« Dazu, China Es war tausend Jahre her, dass Künstler religiöse Steinskulpturen in die Berge, Höhlen und Grotten um das Dorf Dazu gemeißelt und anschließend bemalt hatten.
    Inzwischen war aus dem Dorf von damals eine Großstadt mit mehr als achthunderttausend Einwohnern geworden, in der man sorgfältig gepflegte Reisfelder neben Hochhäusern finden konnte und kleine, unter Bäumen versteckte Bauernhäuser neben Villen inmitten kunstvoll angelegter Parks. Boden und Klima des grünen, sanft gewellten Landstrichs meinten es gut mit Stadtgärtnern und Vorortbauern, die, meistens noch mit den Methoden ihrer Vorfahren, drei Ernten pro Jahr einbrachten.
    Das abgeschieden liegende Lager war nur etwas mehr als fünf Kilometer von dem riesigen, in eine Felswand gemeißelten Schlafenden Buddha von Baodingshan entfernt. Das Gelände mit den Holzbaracken, in denen die Häftlinge untergebracht waren, umgab ein hoher Maschendrahtzaun, in dessen Ecken sich erhöhte Plattformen für die Wachen befanden. Auf der unbefestigten Straße, die zum Lager führte, waren weder Touristen noch Städter unterwegs. Tagsüber wurden die Lagerinsassen von bewaffneten Wärtern zur Arbeit auf die umliegenden Felder gebracht, die der Regierung im fernen Beijing gehörten. Sie hatten wenig Kontakt mit den Einheimischen.
    So lax die Haftbedingungen und Sicherheitsvorkehrungen auch erscheinen mochten, wurde in China den Menschen, die als Verbrecher abgestempelt waren, nichts geschenkt.
    Der alte Mann war einer der wenigen Häftlinge, der von der Arbeit auf den Feldern und vom morgendlichen Marsch dorthin befreit war. Zu den Privilegien, die er darüber hinaus genoss, gehörte auch, dass er seine Zelle – fast ein normales Zimmer – nur mit einem anderen Mitgefangenen teilen musste. Sein Vergehen lag so lange zurück, dass weder die Wärter noch der Lagerleiter sich erinnern konnten, worin es bestanden hatte. Diese Unwissenheit gab ihnen nichts Spezielles in die Hand, dessentwegen sie ihn verdammen konnten, nichts, das dazu angetan war, Hass oder Furcht in ihnen zu wecken, nichts Langanhaltendes, dessentwegen sie ihn guten Gewissens bestrafen konnten. Aufgrund dieses Umstandes und wegen seines fortgeschrittenen Alters behandelten sie ihn oft wie einen Großvater. Er bekam zum Teil besseres Essen und eine eigene Kochplatte, Bücher und Zeitungen, Stifte und Papier. Lauter Dinge, die eigentlich verboten waren, aber von dem sonst sehr strengen Lagerkommandanten, einem ehemaligen VBA-Oberst, stillschweigend geduldet wurden.
    Umso mehr hatte es in Anbetracht all dessen den Häftling beunruhigt, als sehr frühmorgens, noch vor dem Frühstück, sein chinesischer Zellengenosse abgeholt und an seiner Stelle ein jüngerer, europäisch aussehender Mann hereingebracht worden war, der seitdem auf der anderen Pritsche lag. Der Mann hatte seine Augen die meiste Zeit geschlossen und schlug sie nur gelegentlich auf, um an die Decke der Baracke zu starren. Er sagte nichts.
    Stirnrunzelnd zwar, aber ohne sich durch diese Veränderung von seinem üblichen Tagesablauf abbringen zu lassen, ging der alte Mann seinen morgendlichen Verrichtungen nach. Er war groß und langgliedrig, aber eindeutig zu mager. Sein kantiges Gesicht war einmal gut aussehend gewesen. Jetzt war es von scharfen Falten durchzogen, mit eingefallenen Wangen und tief in ihren Höhlen sitzenden Augen, die immer noch wach und intelligent waren, weshalb er sie niedergeschlagen hielt.
    Das war sicherer.
    An diesem Morgen ging er wie gewohnt seiner Schreibtätigkeit im Büro des Lagerleiters nach und kehrte mittags in seine Zelle zurück. Er machte eine Dose mit Linsensuppe

Weitere Kostenlose Bücher