Der Altman-Code
aufgeblasene Egomanen und Leute, die ihr eigenes Süppchen kochen wollen. Schlimmer noch – und Sie alle wissen, das entspricht den Tatsachen –, einige Leute sprechen mit Personen, mit denen sie nicht sprechen sollten, über Dinge, über die sie nicht sprechen sollten. Habe ich mich verständlich genug ausgedrückt?« Henry Stanton errötete. »Meinen Sie damit die undichten Stellen? Ich hoffe, Sie beziehen das nicht auf mich , Sir.«
»Ich beziehe mich auf die Lecks , und was ich sage, gilt für jeden.« Er heftete seinen Blick auf Stanton. »Ich habe entschieden, dass in dieser Situation nur Personen eingeweiht werden, bei denen es unbedingt erforderlich ist, und zwar für mich unbedingt erforderlich. Nicht für Sie.
Oder für sonst irgendjemanden. Dazu stehe ich.« Sein Kinn war felsenfest, sein Mund finster entschlossen, sein Blick so steinern, als er über sie hinwegstreifte, dass sein Gesicht in diesem Moment aus den Felsen des Monument Valley hätte gemeißelt sein können.
Der Vizepräsident gab sich einlenkend. »Ich bin sicher, dafür haben alle von uns Verständnis, Mr. President. Derartige Entscheidungen sind schwierig, aber genau deswegen haben wir Sie gewählt. Wir wussten, dass wir Ihnen vertrauen können.« Er wandte sich Stanton und Padgett zu. »Meinen Sie nicht auch, meine Herren?« Der Verteidigungsminister, zur Einsicht gebracht, räusperte sich. »Selbstverständlich, Mr. President.«
»Auf jeden Fall«, beeilte sich der Außenminister hinzuzufügen. »Nur dem Präsidenten liegen die Fakten vor.«
»Ja, Abner, das tun sie, so, wie sie sind. Und jetzt habe ich beschlossen, Sie einzuweihen.« Er beugte sich mit verschränkten Händen über den Tisch. »Wir haben es möglicherweise mit einer Wiederholung des Yinhe -Debakels zu tun.« Während die Umsitzenden ihn gebannt anstarrten, schilderte er ihnen, was sich bisher zugetragen hatte, vermied dabei aber jeden Hinweis auf Covert-One sowie den Mann, der sein Vater zu sein behauptete. Noch während er sprach, konnte er sehen, wie sie bereits überlegten, wie sich die Situation auf ihre Ministerien und Verantwortlichkeiten auswirken könnte.
Als er geendet hatte, nickte er dem Vizepräsidenten zu. »Bei Ihnen muss ich mich entschuldigen, Brandon. Für den Fall, dass mir etwas zugestoßen wäre, hätte ich Sie früher einweihen sollen.«
»Das wäre besser gewesen, Sir. Aber ich kann Sie gut verstehen. Diese undichten Stellen haben uns alle argwöhnisch gemacht. Unter diesen Umständen, angesichts der Notwendigkeit so strikter Geheimhaltung, hätte ich mich wahrscheinlich ähnlich verhalten.« Der Präsident nickte. »Danke. Sehr freundlich von Ihnen. Doch jetzt lassen Sie uns darüber sprechen, was jeder von uns tun muss, um hinreichend vorbereitet zu sein, falls sich die Lage weiter zuspitzt und wir gezwungen sind, Maßnahmen zu ergreifen und die Empress auf hoher See anzuhalten, ohne dass uns konkrete Beweise vorliegen.« Admiral Brose meldete sich zu Wort. »Wir müssen versuchen, abzuschätzen, wie China im Weiteren reagieren wird, nachdem sie inzwischen unsere Fregatte entdeckt haben. Außerdem sollten wir das Ausmaß eines solchen Konflikts in unsere künftigen Rüstungsprojekte einbeziehen.« Außenminister Padgett war derselben Meinung. »Wir sollten nicht nur an einen Konflikt mit China denken, sondern auch daran, wie wir eine besonders abschreckend wirkende Haltung einnehmen können.«
»Der Kalte Krieg wieder von vorne?«, gab der Vizepräsident zu bedenken. »Das wäre eine Tragödie.« Er hob betrübt die Schultern. »Aber im Moment sehe ich keine andere Alternative.« Charles Ouray sagte: »Diese Informationen müssen unbedingt unter uns bleiben. Ist das klar? Wenn diese Empress-Geschicbte nach außen durchdringt, wissen wir, es war einer von uns.« Nach einem ernsten Nicken von allen Seiten wurde die Diskussion fortgesetzt. Beim Zuhören begann der Präsident im Hinterkopf nachzurechnen – zwei, vier, eins, zwei, zwei und eins. Die sechs Anwesenden hatten zusammengenommen zwölf Kinder. Es überraschte ihn, dass er wusste, wie viele Kinder jeder hatte. Und es überraschte ihn auch, dass er sich, wenn er es sich genau überlegte, an ihre Namen erinnern konnte. Nur bei Abners Jüngstem musste er passen.
Andererseits konnte er sich an die Kinder der meisten Leute erinnern, mit denen er im Lauf der Jahre zusammengearbeitet hatte. Wusste in vielen Fällen auch ihre Namen. Nur einen Augenblick lang fragte er sich, was das bedeutete.
Weitere Kostenlose Bücher