Der Altman-Code
höflichen Lächeln ließ sich Jon Smith auf einem der Stühle im Wartebereich des Penthouse-Büros der Altman Group nieder. Er hatte mitbekommen, dass Ralph McDermid der Empfangsdame gesagt hatte, er werde ihn empfangen. Während er wartete, öffnete er seinen Diplomatenkoffer, als wolle er sich seine Unterlagen ansehen.
Plötzlich schlug er den Deckel zu und sprang auf.
»Verdammt! Entschuldigung – ich wollte nicht fluchen, Miss. Ich muss mein Notizbuch unten bei Donk & LaPierre vergessen haben.« Er sah auf seine Uhr und dann auf die Standuhr in der Ecke. »McDermid wollte in fünfzehn Minuten mit mir sprechen. In zehn bin ich wieder zurück.« Bevor sie etwas einwenden konnte, rannte er mit dem Diplomatenkoffer zum Fahrstuhl, drückte auf den Knopf und betrat die Kabine, die leer war. Als die Tür sich schloss, winkte er der verwirrten Frau lächelnd zu. Er hatte nicht viel Zeit und drängte den Lift insgeheim zur Eile.
Zwei Etagen tiefer stieg er aus und lief den Korridor hinunter, bis er eine Toilette fand. Sobald er sich in einem Abteil eingeschlossen hatte, schlüpfte er aus dem Anzug und zog das blaue Sportsakko, die blauen Stoffturnschuhe und den faltbaren Panamahut aus seinem Aktenkoffer an.
Mit der grauen Hose und dem Hawaiihemd wirkte er wie ein amerikanischer Tourist mit mehr Geld als Geschmack.
Er packte den Anzug in den Diplomatenkoffer und den Diplomatenkoffer in seinen Rucksack. Nachdem er den Rucksack angelegt hatte, schlüpfte er nach draußen.
In Gedanken bei dem, was er zu finden vermutete, stieg er in einen anderen Lift und zog sich in den hinteren Teil der Kabine zurück, als Geschäftsleute zustiegen und auf dem Weg nach unten in den einzelnen Stockwerken wieder ausstiegen. Als der Lift schließlich im Zwischengeschoss anhielt, zwängte er sich zwischen den anderen Fahrgästen durch, die ins Foyer hinabfahren wollten.
Er stieg aus dem Lift. In der Rückwand des Zwischengeschosses befanden sich mehrere Glastüren, die in teure Boutiquen, Reisebüros und kleine Läden führten. Auf der offenen Seite der Galerie verlief eine hüfthohe Marmorbrüstung mit mächtigen Pfeilern, auf denen das Stockwerk darüber ruhte. Von dieser Brüstung sah man auf das riesige Foyer hinab. Smith stellte sich hinter eine Säule, von der er die Marmortreppe, die zum Zwischengeschoss heraufführte, die Lifte und den Haupteingang im Blick hatte.
Er wartete ungeduldig. Plötzlich war der Mann da, den er zu sehen gehofft hatte – der große Chinese, der Leiter des Angriffs in Shanghai gewesen war. Feng Dun. Gefolgt von drei Männern, die Smith ebenfalls kannte, kam er durch die gläserne Eingangstür ins Foyer. Es war das erste Mal, dass er Feng richtig zu sehen bekam: Der Mann war so blass, als wäre seine Haut vollkommen blutleer. Sein kurz geschnittenes Haar war hellrot mit knallweißen Strähnen. Er war kleiner, als er Smith im Dunkeln erschienen war. Für einen Han-Chinesen war er trotzdem groß, schätzungsweise knapp eins neunzig, und sehr muskulös – kein Gramm schwerer als neunzig Kilo. Unmittelbar am Eingang blieb der Mann stehen und sah sich im Foyer um, als suchte er etwas – oder jemanden.
Ralph McDermid setzte sein bewährtes freundliches Lächeln auf, als er aus dem privaten Penthouselift kam. Er blieb stehen, um sich im Empfangsbereich nach Dr. Kenneth St. Germain umzusehen.
Bis auf die Empfangsdame war der luxuriös eingerichtete Raum leer. Sie sah McDermid ehrfürchtig an.
Er runzelte die Stirn. »Wo ist er?«
»Ähm … Mr. McDermid, es tut mir Leid, Sir, aber Dr. St Germain ist nach unten gefahren, um bei Donk & LaPierre sein Notizbuch zu holen. Er müsste jeden Augenblick zurück, sein.« Sie sah auf die Uhr. »Oh. Er wollte eigentlich in zehn Minuten wieder hier sein, aber jetzt sind es schon fünfzehn. Soll ich anrufen, was mit ihm los ist?«
»Ja. Aber fragen Sie nur, ob er gerade bei ihnen ist oder bei ihnen war. Mehr nicht. Sprechen Sie nicht mit ihm selbst und sagen Sie ihnen auch nicht, dass sie ihn heraufschicken sollen.« Möglicherweise war der Mann aus einem ganz bestimmten Grund zu Donk & LaPierre hinuntergefahren.
Die Empfangsdame rief an, stellte ihre Fragen und legte wieder auf. Dann sah sie McDermid verwirrt an. »Sie sagen, er ist und war auch nie bei ihnen. Auch nicht früher.« Hinter McDermid ging die Lifttür auf. Als er sich umdrehte, erschien Feng Dun. Er hielt eine 9mm Glock, die in seiner großen Hand klein aussah.
Die Empfangsdame riss bei seinem Anblick
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