Der Altman-Code
zu verbergen. »Der amerikanische Colonel ist Ihnen also wieder entwischt.«
»Er ist auch dem Ministerium für öffentliche Sicherheit entkommen.« In Ermangelung einer Aufforderung, Platz zu nehmen, blieb Feng Dun stehen und blickte auf Wei hinab, der eine Glatze und eng stehende Augen, einen breiten Rumpf und dünne Beine aufwies.
Wei sah ihn scharf an. »Zu Ihrem Glück.«
»Zu unser beider Glück.« Feng hielt dem finsteren Blick des enorm mächtigen Mitglieds des Ständigen Ausschusses ohne das geringste Wimpernzucken stand.
Wei trank von seinem Tee. »Aber General Chu und Major Pan ahnen etwas.«
»Vielleicht ahnen sie etwas, aber sie wissen nichts und werden auch nie etwas wissen.« Wieder machte Wei ein finsteres Gesicht. »Dann ist da noch Yu Yongfus Frau. Wie ich höre, ist sie spurlos verschwunden.« Feng hob die Schultern. »Sie kann nichts tun. Ihr Vater wäre ruiniert, und um das zu riskieren, ist sie viel zu intelligent. Ihre Gunst kann ihm, ihr und ihren Kindern zu einem äußerst angenehmen Leben verhelfen.«
»Das stimmt.« Aber Weis Augen blickten immer noch zweifelnd. »Und, war dieser amerikanische Agent wirklich so raffiniert? Wie ist er entkommen?«
»Er ist gut, aber nicht gut genug, um das Ladeverzeichnis in seinen Besitz zu bringen. Was seine anderen Eskapaden angeht, hatte er Glück – und Hilfe.«
»Wessen Hilfe?«
»Zunächst von einem Dolmetscher und Informanten der CIA, der inzwischen tot ist. Und später von einer uigurischen Untergrundzelle. Sie haben ihn zum Abholungsort gebracht. Diese Trottel von der Polizei haben nichts gemerkt. Sie lachten über die Uiguren, und dann haben sie sie durchgelassen. Diese Schwachköpfe.«
»Können Sie die Uiguren identifizieren?«
»Dafür sind wir nicht nahe genug an sie herangekommen. Aber sie kannten sich sowohl in der Stadt wie im Umland bestens aus. Dann tauchten amerikanische SEALs auf und ermöglichten ihnen die Flucht.« Wei Gaofan nickte. »Ein U-Boot. Das heißt, die Amerikaner möchten es auf keinen Fall zu einem Zwischenfall kommen lassen. Wir sind auf dem richtigen Weg. Sie haben Ihre Sache gut gemacht.« Feng Dun neigte angesichts des Lobes den Kopf, aber er war auch verärgert, dass Wei ihm keinen Tee angeboten hatte. Nun, er würde seinen Lohn schon noch erhalten, sobald Wei Gaofan im weiteren Verlauf der Entwicklung Chinas eine noch wichtigere Stellung einnehmen würde.
»Das Verzeichnis ist vernichtet?«, fragte Wei Gaofan.
»Verbrannt.«
»Wirklich?«
»Ich war dabei, als Yu Yongfu es verbrannte, bevor er seine Pistole holte und wegfuhr«, sagte Feng. »Natürlich bin ich ihm gefolgt.«
»Die Polizei hat keine Leiche gefunden?«
»Sie wird sie nie finden.«
»Sie haben selbst gesehen, wie er sich umgebracht hat? Mit eigenen Augen?«
»Darum bin ich ihm gefolgt. Danach fiel er in den Jangtse. So wollte er es.«
Wieder lächelte Gaofan. »Es gibt nichts, weswegen wir besorgt sein müssten. Dagegen können sich die Amerikaner auf einiges gefasst machen. Hätten Sie gern eine Tasse Tee, Feng?«
Teil 2
Indischer Ozean
Auf dem grauen Meer glitt die Lenkwaffenfregatte USS John Crowe auf die ihr zugewiesene Position. Das Wasser war ruhig, mit schwacher Südwestdünung bei achterlicher See. Tief über dem Himmel in achtern erglühte der Morgen, während im Westen noch, dunkel und unergründlich, Nacht herrschte. Vor einer Stunde hatte das Radar der Crowe die Dowager Empress , ihre Beute, aufgespürt, aber in der Dunkelheit vor ihnen war das verdächtige Schiff noch nicht zu sehen.
Auf der Brücke der Crowe richtete Commander James S.
Chervenko sein Fernglas auf den schwarzen Horizont und sah nichts. Er wirkte gedrungen und muskulös, mit einem kantigen Gesicht, und seine Augen waren vom jahrelangen Dienst auf See ständig leicht zusammengekniffen.
Er wandte sich an seinen Ersten Offizier, Lt. Commander Frank Bienas: »Irgendwelche Anzeichen, dass sie nicht allein unterwegs ist?«
»Auf Radar und Sonar war nichts zu erkennen«, meldete Bienas. Bienas hatte die geschmeidige Eleganz eines Boxers. Jung, flott und gut aussehend, war er ein richtiger Frauentyp.
»Okay. Wenn es so hell ist, dass wir den Frachter sehen können, lassen wir uns zurückfallen und folgen ihm nur mit Radar. Ich bin in der Kajüte.«
»Jawohl, Sir.« Der Kommandant verließ die Brücke und ging nach unten. Admiral Brose hatte ihn mit allem Nachdruck auf die Tragweite seiner Mission hingewiesen, aber das hätte er sich sparen können, Admiral hin oder
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