Der Amboss der Sterne
auf den kleinen Tisch und sagte: »Ich möchte sehr weit fort reisen. Nur frei sein und schauen, was es da draußen gibt. Wir könnten Tausende, Millionen Jahre lang reisen… Weg von allem.«
»Das wäre herrlich«, sagte sie, schien aber nicht überzeugt zu sein.
»Und du?« fragte Martin.
Sie sagte: »Zu einer neuen Erde. Ich weiß, daß das töricht ist. Alle erdähnlichen Welten sind wahrscheinlich erobert; aber vielleicht könnten die Mütter uns zu einem Ort schicken, wo niemand gewesen ist, und einen Planeten finden, wo wir allein sein könnten. Wo wir eine neue Erde schaffen könnten.«
»Und Kinder haben«, sagte er. »Wo die Mütter uns erlauben könnten, Kinder zu haben.«
»Keine Mütter«, sagte Therese. »Nur wir selbst.«
Martin erwog das, sah Nationen erstehen, Menschen sich streiten, die Geschichte ihr häßliches Haupt erheben und die unausweichliche Runde von Eden enden und die Realität beginnen. Aber er sagte Theresa nicht, was sie schon wußte. Phantasien waren fast ebenso wichtig wie Treibstoff in diesem Moment.
»Glaubst du, sie wissen, daß sie bald sterben werden?« Martin verstand, wen sie meinte. Unten auf dem Boden der Gravitationssenke, auf den Planeten. Die Killer.
»Falls sie noch am Leben sind…«, sagte Martin und hob die Brauen. »Wenn jemand noch dort ist… nicht eine Maschine.«
»Glaubst du, sie könnten Bewußtsein haben, wenn sie zu Maschinen geworden sind?«
»Ich weiß nicht. Sie können gefährlich sein.«
»Falls einige noch in Körpern existieren, noch so wie wir leben, denkst du, sie sind… Führer, Propheten… oder bloß Sklaven?«
»Maschinen brauchen keine Sklaven«, erwiderte Martin grinsend.
Theresa schüttelte den Kopf. »Das meine ich nicht. Ich denke an Sklaven für ihre eigenen Körper. Die anderen könnten so viel mehr frei sein, unsterblich, imstande zu denken und zu tun, was immer ihnen gefällt. Hast du dich denn nicht schon manchmal als Sklave deines Leibes gefühlt?«
Martin schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht.«
»Daß du alle paar Stunden urinieren mußt, immer wieder Stuhlgang haben mußt… Essen.«
»Sex«, sagte Martin.
»Perioden haben«, fügte Theresa hinzu.
Martin berührte ihren Arm.
Sie sagte: »Ich habe nie eine Periode gehabt. Ich bin erwachsen geworden; aber sie haben mir das entfernt.«
»Die Wendys scheinen das nicht zu vermissen«, sagte Martin.
»Wie könnten wir das wissen?«
»Meine Mutter hat sie nicht auf der Arche vermißt«, sagte Martin. »Sie sagte, daß sie froh wäre. Hat sie Kinder gehabt, seit wir fortgegangen sind… auf dem Mars? Er hatte nie daran gedacht, Brüder oder Schwestern zu haben. Er würde das nie erfahren.
Wie, wenn sie sehr tief nachdächten, sehr große Probleme lösten und die ganze Zeit arbeiteten, ohne sich um Körper zu kümmern?«
»Keine Leidenschaften, keine Sorgen«, sagte Martin und versuchte, ihren Phantasien zu folgen.
»Vielleicht empfinden sie sehr große Leidenschaften, größer als wir ahnen. Leidenschaften ohne physische Grenzen. Neugier. Vielleicht sind sie nie dazu gekommen, das Universum wirklich zu Heben, Martin.«
»Wir wissen nichts über sie, außer daß sie still sind.«
»Haben sie Angst? Hoffen sie, nicht bemerkt zu werden?«
Martin zuckte die Achseln. »Es lohnt sich nicht, darüber nachzudenken.«
»Aber alle Strategen sagen, daß wir unsere Feinde kennen und auf alles vorbereitet sein sollten, was sie tun könnten, indem wir wissen, was sie tun müßten.«
»Ich hoffe, daß sie sterben, ehe sie überhaupt erfahren, daß wir hier sind«, erwiderte Martin.
»Hältst du das für möglich?«
Er machte eine Pause und schüttelte verneinend den Kopf.
»Denkst du, daß sie es schon wissen?«
Wieder ein deutlich unbehagliches Kopfschütteln.
»Wir haben noch eine Stunde, ehe du zurück gehst. Auch ein Boss muß seine planmäßige Freizeit haben. Um gesund zu sein.«
»Das würde ich nicht bestreiten, auch du nicht«, sagte Martin.
»Laß es uns miteinander treiben. Jetzt auf der Stelle. Als ob wir frei wären und unser eigenes Volk.«
Als sie es versuchten, klappte es. Wenigstens teilweise. Mindestens war es intensiv, noch intensiver als in ihren ersten gemeinsamen paar Tagen.
»Wenn ich frei bin«, sagte Martin, als sie nebeneinander in der Dunkelheit schwebten, »werde ich dich wählen.«
»Ich bin frei«, sagte Theresa. »Für diese Minute. Ich bin so frei, wie ich je sein werde. Und ich erwähle dich.«
Eine Stunde vor der
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