Der Angriff
Schockzustand befinden könnte.
Rapp bemühte sich, Adams und die Frau zu ignorieren und sich darauf zu konzentrieren, was die Leute in Langley ihm mitzuteilen hatten. Er hatte die Rüge vom »Oberkommando« für sein eigenmächtiges Vorgehen schon erhalten. Rapp verwendete die Bezeichnung »Oberkommando« für all jene, die bequem in einem gedämpft beleuchteten Raum mit Computern und Fernsehschirmen saßen und den Leuten, die vor Ort die Drecksarbeit erledigten, Anweisungen gaben. Was diese spezielle Mission betraf, so respektierte er das »Oberkommando« allerdings sehr wohl. Zu Irene Kennedy hatte er absolutes Vertrauen, und Campbell, Flood und Stansfield hatten einst selbst an vorderster Front gekämpft, was durchaus von Bedeutung war.
Rapp hatte sich jedoch in letzter Zeit eine neue Taktik zugelegt. Anstatt gegen seine Vorgesetzten anzukämpfen, fand der sture CIA-Mann, der zur Hälfte deutscher Abstammung war, dass es oft besser war, ja zu sagen und dann einfach das zu tun, was man für richtig hielt. Washington war ein bürokratischer Koloss, der sich im Allgemeinen mit der Geschwindigkeit und der Wendigkeit eines Zweihundert-Kilo-Mannes bewegte. Mit der Zeit war Rapp also immer zurückhaltender geworden, wenn es darum ging, Informationen von seinen Einsätzen nach Washington weiterzugeben. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass er umso mehr Unterstützung aus den höheren Etagen bekam, je weniger er berichtete. Vor allem schlechte Neuigkeiten hörte man dort gar nicht gern. Irene Kennedy setzte sich zwar immer sehr für ihn ein – doch es gab andere in Washington, die ihre gesamte Karriere darauf aufgebaut hatten, nichts zu tun.
Rapp hockte auf dem Boden, den Blick nicht vom Monitor gewendet, während er mit dem linken Ohr den Ton aus dem Schlafzimmer nebenan und mit dem rechten Ohr Mitteilungen aus Langley empfing. Weder Irene Kennedy noch Campbell, Stansfield oder Flood hatten ihn kritisiert, weil er die Frau gerettet hatte. Sie alle wussten oder hofften zumindest, dass sie an seiner Stelle genauso gehandelt hätten. General Flood hatte jedoch klargemacht, dass es von nun an keine Eigenmächtigkeiten mehr geben dürfe.
Gemäß seinem neuen Grundsatz antwortete Rapp nur: »Ja, Sir.«
In den folgenden Minuten würde in der Zentrale eifrig darüber diskutiert, wie man weiter vorgehen sollte. Die Spekulationen fanden jedoch rasch ein Ende, als zwei Männer in das Schlafzimmer eintraten.
Rapp blickte auf den kleinen Bildschirm und erkannte die Körpersprache des einen der beiden Männer sofort. Er spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten und seine Hände feucht wurden. Als er die Stimme des Mannes hörte, begann sein Herz wie wild zu pochen. Instinktiv griff Rapp nach seiner MP. Das Verlangen, ihn zu töten, war schier überwältigend. Da drüben, auf der anderen Seite dieser Wand, stand Rafik Aziz mit dem Rücken zur Tür.
Als Rapp sich auf ein Knie erhob, hörte er über Funk Irenes Stimme. »Iron Man, ich weiß, was du denkst, aber das kommt nicht in Frage. Die Chancen stehen nicht gut. Sie sind zu dritt und du bist allein.«
Rapp überlegte kurz, ob er antworten sollte. Leider hatte er kurz zuvor auf eigene Faust gehandelt und sich nicht gemeldet; ein zweites Mal würde er damit wohl nicht durchkommen. Seufzend sagte er: »Ich kann sie ausschalten und die ganze Sache hier und jetzt beenden.«
»Es kann aber auch sein«, erwiderte Irene, »dass sie dich töten und dass unsere einzige Chance zunichte ist, zu erfahren, was da drin vor sich geht.«
»Sie werden mich nicht töten«, entgegnete Rapp angespannt. »Zumindest nicht, bevor ich sie getötet habe.«
Irene Kennedy drehte sich mit ihrem Stuhl herum und wandte sich Direktor Stansfield zu. Sie schüttelte energisch den Kopf. Stansfield wiederum saß gelassen auf seinem Stuhl und überlegte. »Iron Man«, sagte er schließlich über Funk, »warten Sie einen Augenblick. Wir beraten hier kurz hinsichtlich der Möglichkeiten, die wir haben.«
Irene Kennedy war die Erste, die ihre Meinung kundtat. »Ich finde, die Chancen stehen nicht gut.«
Stansfield blickte zu Campbell hinüber, und der General antwortete: »Ich weiß nicht … Mir gefällt der Gedanke ganz gut. Wir haben den Kerl direkt im Visier, und Mitch ist verdammt gut.«
Stansfield wandte sich dem Vorsitzenden der Joint Chiefs zu. Flood rieb sich nachdenklich das Kinn und sagte dann stirnrunzelnd: »Die Operation dauert noch nicht einmal eine Stunde, und wir müssen an das Leben
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