Der Angriff
richtig schöne Verwirrung stiften. Aber das kam leider nicht in Frage. Es standen einfach zu viele Leute herum. Irgendjemand würde ihn bestimmt beobachten.
Rusan sah erneut auf die Uhr. Es war Zeit, das Buch wegzulegen und sich an die Arbeit zu machen. Ohne den Kopfhörer abzunehmen, ging Rusan im Krankenwagen nach hinten, öffnete eines der Fächer und holte eines der Kästchen hervor, in denen sich normalerweise medizinisches Zubehör befand, um Unfallopfern Erste Hilfe leisten zu können. In diesem Fall war der Behälter jedoch mit kleinen Semtex-Bomben gefüllt, die Aziz persönlich entwickelt hatte. Die Bomben waren mit einem Pager ausgestattet, über den sie entweder von Rusan oder von Aziz ausgelöst werden konnten. Die Sprengkörper konnten aber auch – Allah bewahre – von irgendjemandem aktiviert werden, der die falsche Nummer wählte und dann auch noch den entsprechenden Code eingab, was glücklicherweise höchst unwahrscheinlich war.
Rusan entfernte den frisch gemahlenen Kaffee, den er mitgenommen hatte, um etwaige Polizeihunde zu verwirren, die das FBI auf der Suche nach Bomben einsetzen könnte. Als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme hatte Rusan auch noch die Reifen und die hintere Stoßstange mit Cayennepfeffer bestreut, sodass bestimmt keiner der Köter dem Wagen zu nahe kommen würde.
In den Kaffee waren sechs Bomben eingebettet; zwei davon als dünne Platten geformt, die unter einem Klodeckel angebracht werden sollten, die restlichen vier als Coke-Dosen getarnt. Rusan nahm die schwarze Gürteltasche, die auf der Trage lag, und schob die beiden Semtex-Platten hinein. Dann stieg er wieder nach vorne auf den Fahrersitz und saß eine Minute still da, um tief durchzuatmen. Schließlich öffnete er die Tür und trat in das helle Sonnenlicht hinaus, um ein wenig auf und ab zu schlendern. Seine engen Hosen, das weiße Haar, das Piercing am rechten Ohr und die Tätowierungen verrieten jedermann seine sexuellen Neigungen.
Rusan ging auf das berühmte Willard Hotel zu, das am rechten Straßenrand stand, und sprang die Stufen hinauf. Als er die luxuriös ausgestattete Lobby betrat, sah er zwei Polizisten. Rusan lächelte ihnen zu, während er die Lobby durchquerte. Er hatte sich alles genau eingeprägt und wusste genau, wo er die Bomben anbringen würde. Das Hotel war für Gäste geschlossen, weil es sich innerhalb des abgesperrten Bereiches in der Nähe des Weißen Hauses befand. Rusan stieg eine Treppe hinauf und ging in die Männertoilette. Rasch vergewisserte er sich, dass er allein war.
Er trat in die Kabine, die er zuvor ausgewählt hatte, schraubte den oberen Klodeckel ab und legte ihn mit der Unterseite nach oben auf den Toilettensitz. Dann holte er die erste Bombe aus seiner Gürteltasche und platzierte sie vorsichtig in dem umgedrehten Klodeckel. Sie passte genau hinein. Rusan hatte den Deckel zuvor fotografiert, damit keine Fehler passieren konnten. Er drückte das Semtex zurecht und sorgte dafür, dass der Plastiksprengstoff auf einem möglichst großen Teil des Deckels auflag. Anschließend holte er eine Rolle Klebeband hervor, mit dem er Zünder und Sprengstoff an der Unterseite des Deckels befestigte. Als er fertig war, steckte er das Klebeband ein und brachte den Deckel wieder am Toilettensitz an. Zufrieden öffnete Rusan den Reißverschluss seiner Hose und erleichterte sich. Der erste Teil der Aufgabe war erledigt.
40
Es bedurfte keiner großen Überredungskünste, um Anna Rielly zu überzeugen. Adams versuchte sogar, ihren Enthusiasmus ein wenig zu bremsen, doch sie wollte die Aufgabe unbedingt übernehmen. Rapp war sich nicht sicher, ob sie es als einen Dienst am Vaterland, als Hilfe für die übrigen Geiseln oder als eine Möglichkeit zur Förderung ihrer Karriere betrachtete. Er hoffte, das es eines der beiden ersten Motive war.
»Es geht hier nur darum, ein paar Informationen zu sammeln«, hatte Rapp klargestellt. »Ein wenig umsehen, und dann nichts wie weg.«
Nachdem die Aufgaben verteilt waren, verließen sie ihr Versteck. Durch die Überwachungskameras wussten sie, dass sich im Moment niemand im zweiten und dritten Kellergeschoss aufhielt. Als sie das erste Untergeschoss erreichten, wandte sich Rapp an Anna, um ihr noch einmal klarzumachen, wie sie vorgehen würden. »Wenn wir diese Tür hier öffnen, dann gehe ich als Erster hinaus. Sobald ich euch das Signal gebe, kommt ihr nach. Milt geht voran, und Sie folgen ihm mit Ihrer rechten Hand auf seiner rechten
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