Der Angriff
einmal, ich respektiere Ihre beruflichen Leistungen, aber in diesem Punkt haben Sie ganz einfach Unrecht. Sie haben überhaupt keine Ahnung, mit wem Sie es da zu tun haben.« Irene Kennedy erkannte, dass die Justizministerin nicht nachgeben würde, und ging hinaus, um Stansfield von dieser neuen Entwicklung zu informieren. Als sie bereits draußen auf dem Gang war, hörte sie, wie McMahon ihr nachrief.
Wenige Augenblicke später war McMahon bei ihr und legte ihr die Hand auf die Schulter.
»Irene, da ist nichts zu machen. Ich habe auch schon interveniert – vergeblich. Diesmal wird sie ihren Willen bekommen.«
Irene Kennedy blieb mit leicht geröteten Wangen stehen. Mehr zu sich selbst als zu McMahon murmelte sie: »Jetzt weiß ich, warum Mitch gestern so wütend wurde.«
McMahon verstand Irenes Bemerkung nicht ganz und ging deshalb nicht darauf ein. »Eines ist sicher, Irene: Wenn Margaret Tutwiler die Sache heute vermasselt, dann wird sie uns nicht länger behindern.« McMahon war es gar nicht gewohnt, dass Irene Kennedy sich dermaßen ereiferte. »Jetzt atme doch erst mal tief durch, Irene. Es hilft uns nicht weiter, wenn wir uns jetzt auch noch aufregen.«
Sie sah McMahon an und biss sich auf die Unterlippe. »Normalerweise bin ich es, die dir solche Ratschläge gibt.«
»Was soll ich sagen – ich lerne eben schnell.« McMahon lächelte ein wenig säuerlich. »Ich brauche dich hier bei mir, wenn der Anruf kommt, verstehst du?«
Irene Kennedy nickte und ging widerwillig mit ihm zur Kommandozentrale zurück.
Aziz trommelte mit den Fingern auf die glänzende Oberfläche des Konferenztisches im White House Situation Room, während er den Blick nicht vom Computerbildschirm wandte. Der Kontostand auf dem Schweizer Bankkonto hatte sich seit fast einer halben Stunde nicht mehr verändert. Noch zwei Minuten, dann würde das Spektakel beginnen. Aziz blickte zu den Fernsehschirmen hinüber, die an der gegenüberliegenden Wand angeordnet waren.
Die größten Fernsehanstalten des Landes berichteten live von der anderen Seite des Lafayette Park. NBC und CBS interviewten Verwandte von Geiseln, während ABC mit einem Psychologen sprach, der ein Buch über das so genannte Stockholm-Syndrom geschrieben hatte, demzufolge Geiseln oft Verständnis oder gar Sympathie für die Kidnapper entwickelten.
Ein schmales Lächeln erschien auf Aziz’ Lippen, als ihm wieder einmal klar wurde, wie berechenbar diese Amerikaner doch waren. Sein Lächeln wurde noch breiter. Aziz legte die Hände in den Nacken und schaukelte in seinem Stuhl vor und zurück. Auf dem zweiten Laptop erschien ein Signal, das ihm sagte, dass eine E-Mail gekommen war. Aziz holte die Nachricht auf den Bildschirm und las die erste Zeile immer wieder und wieder – so schockierend war ihr Inhalt. Das konnte einfach nicht wahr sein. Wie hatten sie es nur geschafft, ihn in ihre Gewalt zu bekommen? Und warum musste das ausgerechnet jetzt passieren?
Die Nachricht lautete: »Fara Harut wurde heute früh bei einem Überfall gefasst, wahrscheinlich lebend. Schwere Verluste. Keine Ahnung, wer die Operation durchgeführt hat, wahrscheinlich Amerika, England oder Israel.«
Direkt gegenüber, im Executive Office Building, saß Vizepräsident Baxter in einem Konferenzzimmer, das sich im selben Stockwerk befand wie die FBI-Kommandozentrale. Wie immer saß Dallas King neben Baxter, General Flood saß links neben dem Vizepräsidenten, während FBI-Direktor Roach, CIA-Direktor Stansfield und Secret-Service-Direktor Tracy entlang des Tisches Platz genommen hatten. Der Außen- und der Verteidigungsminister waren ebenso anwesend wie ein Dutzend Berater und einige Secret-Service-Leute. Die Tür war geschlossen, und jeder der Anwesenden blickte erwartungsvoll auf den schwarzen Lautsprecher, der mitten auf dem Tisch stand. Es war völlig still im Raum, als das Klingeln eines Telefons aus dem Lautsprecher tönte.
Aziz starrte immer noch auf die Nachricht, als das Telefon klingelte. Er war außer sich vor Wut, dass so etwas passiert war, und überlegte fieberhaft, welche negativen Folgen diese Katastrophe für seine Mission haben könnte. Trotz allem bemühte er sich, sachlich zu bleiben. Fara Harut war sein Mentor, der Mann, der ihn von der Schule direkt auf das Schlachtfeld geholt und der ihm beigebracht hatte, dass die Zionisten nur Böses im Schilde führten. Harut war dafür verantwortlich, dass er heute hier stand, und jetzt hatten sie ihn erwischt.
Das
Weitere Kostenlose Bücher