Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
vorsichtig.«
    »Als ginge ich auf Eiern.«
    Sie versuchte zu lächeln. Daraus wurde eine Grimasse, als die frisch operierte linke Gesichtshälfte sich spannte. Ihr Blick ging über meine Schulter hinweg. Ich drehte mich um und sah Deke und Ellie an der Tür stehen. Sie waren im Sonntagsstaat gekommen: Deke in einem leichten Anzug mit Bolo Tie und einem Ausgehcowboyhut; Ellie in einem mit Rosen bedruckten Seidenkleid.
    »Wir können warten, wenn Sie möchten«, sagte Ellie.
    »Nein, kommen Sie nur rein. Ich wollte gerade gehen. Aber bleiben Sie nicht zu lange, sie ist müde.«
    Ich küsste Sadie noch zweimal – trockene Lippen, feuchte Stirn. Dann fuhr ich in die West Neely Street zurück, wo ich die Sachen, die ich beim Kostümverleih gekauft hatte, auf dem Bett ausbreitete. Ich arbeitete langsam und sorgfältig vor dem Spiegel im Bad, las oft in der Gebrauchsanweisung nach und wünschte mir, Sadie wäre hier, um mir zu helfen.
    Ich hatte keine Angst davor, dass de Mohrenschildt mich fragen könnte: Habe ich Sie nicht schon mal gesehen? Aber ich wollte sichergehen, dass er »John Lennon« später nicht wiedererkannte. Je nachdem wie glaubwürdig ich wirkte, würde ich ihn mir vielleicht noch einmal vorknöpfen müssen. In diesem Fall wollte ich ihn überraschen können.
    Als Erstes klebte ich den Schnurrbart an. Mit diesem buschigen Schnauzer sah ich wie ein Bandit aus einem Western von John Ford aus. Dann kam das Make-up, mit dem ich Gesicht und Händen die Bräune eines Ranchers verlieh. Vervollständigt wurde meine Tarnung durch eine Hornbrille mit Gläsern aus Fensterglas. Ich hatte kurz mit dem Gedanken gespielt, mir die Haare zu färben, aber das hätte eine Parallele zu John Clayton erzeugt, der ich mich nicht aussetzen mochte. Stattdessen setzte ich eine Baseballmütze der San Antonio Bullets auf. Als ich fertig war, erkannte ich mich im Spiegel selbst kaum wieder.
    »Keiner wird verletzt, wenn es nicht unbedingt nötig ist«, erklärte ich dem Fremden im Spiegel. »Und auf keinen Fall irrtümlich. Sind wir uns darüber einig?«
    Der Fremde nickte, aber die Augen hinter seiner falschen Brille blieben kühl.
    Bevor ich ging, nahm ich meinen Revolver aus dem obersten Fach des Kleiderschranks und steckte ihn ein.
    4
    Den leeren Parkplatz am Ende der Mercedes Street erreichte ich zwanzig Minuten zu früh, aber de Mohrenschildt war schon da. Sein auffälliger Cadillac stand rückwärts eingeparkt an der Klinkerrückwand des Montgomery-Ward-Lagerhaus. Was bedeutete, dass er besorgt war. Ausgezeichnet.
    Ich sah mich um und rechnete fast damit, die Springseilmädchen zu sehen, aber die waren natürlich längst zu Hause; vielleicht schliefen sie schon und träumten von Charlie Chaplin, der durch Frankreich reiste, nur um die Damen tanzen zu sehen.
    Ich hielt neben de Mohrenschildts Straßenkreuzer, kurbelte das Fenster herunter, streckte die linke Hand ins Freie und krümmte den Zeigefinger, um ihn aufzufordern, zu mir zu kommen. De Mohrenschildt blieb noch einen Augenblick sitzen, als wäre er unsicher. Dann stieg er aus. Sein gockelhaftes Stolzieren hatte er abgelegt. Er wirkte ängstlich und schuldbewusst. Auch das war ausgezeichnet. In einer Hand trug er einen Schnellhefter, der so dünn war, dass er nicht viel enthalten konnte. Ich hoffte, dass er nicht nur ein Requisit war. Sollte er eines sein, würden wir tanzen, aber bestimmt nicht den Lindyhop.
    Er öffnete die Beifahrertür, beugte sich herein und fragte: »Hören Sie, Sie wollen mich doch nicht erschießen oder so?«
    »Nur die Ruhe«, sagte ich, was hoffentlich gelangweilt klang. »Wäre ich vom FBI , müssten Sie das vielleicht befürchten, aber ich bin nicht vom FBI , das wissen Sie. Sie haben schon früher mit uns Geschäfte gemacht.« Ich konnte nur hoffen, dass Als Aufzeichnungen das richtig darstellten.
    »Ist der Wagen verwanzt? Oder Sie? «
    »Wenn Sie mit Ihren Äußerungen vorsichtig sind, haben Sie nicht das Geringste zu befürchten. Steigen Sie jetzt ein.«
    Er stieg ein und schloss die Tür. »Was diese Ölbohrrechte betrifft …«
    »Über die können Sie ein andermal mit anderen Leuten reden. Öl ist nicht mein Spezialgebiet. Ich bin auf Leute spezialisiert, die sich indiskret benehmen, und Ihre Beziehung zu Oswald ist sehr indiskret gewesen.«
    »Ich war neugierig, das war alles. Auf einen Mann, der es schafft, nach Russland zu desertieren, nur um anschließend nach Amerika zurückzudesertieren. Er ist ein halbgebildeter Hinterwäldler,

Weitere Kostenlose Bücher