Der Anschlag - King, S: Anschlag
Footballspielers, ließ mich bei ihr bleiben, bis sie wieder ansprechbar war, eigentlich ein gravierender Verstoß gegen die Vorschriften. Im Land des Einst waren die Besuchszeiten strenger geregelt. Außer die Oberschwester hatte einen ins Herz geschlossen.
»Wie fühlst du dich?«, fragte ich und nahm ihre Hand in meine.
»Wund. Und schläfrig.«
»Dann schlaf weiter, Schatz.«
»Vielleicht ist nächstes Mal …« Die Worte verschwammen zu einem Nuscheln. Ihre Augen schlossen sich, aber Sadie zwang sich dazu, sie noch einmal zu öffnen. »… alles besser. In deiner Welt.«
Dann war sie weg, und ich hatte etwas, worüber ich nachdenken konnte.
Als ich zum Stationszimmer zurückkam, hörte ich von Rhonda, dass Dr. Ellerton unten in der Cafeteria auf mich warte.
»Wir behalten sie heute Nacht und vermutlich noch morgen hier«, sagte er. »Wir wollen unbedingt vermeiden, dass irgendeine Infektion entsteht.« (Daran erinnerte ich mich natürlich später – eine dieser Sachen, die komisch, aber nicht wirklich lustig waren.)
»Wie ist es gelaufen?«
»So gut, wie man erwarten konnte, aber die Schäden durch den Messerangriff sind sehr schwer. Wenn ihre Genesung die erhofften Fortschritte macht, will ich die nächste Operation für November oder Dezember ansetzen.« Er zündete sich eine Zigarette an, blies den Rauch gegen die Decke und sagte: »Das Operationsteam ist große Klasse, und wir tun, was wir können, aber … es gibt eben Grenzen.«
»Ja, ich weiß.« Ich war mir ziemlich sicher, noch etwas anderes zu wissen: Es würde keine weiteren zwecklosen Operationen mehr geben, keine weiteren Schmerzen durch Versuche, etwas Irreparables zu reparieren. Zumindest nicht hier. Wenn Sadie das nächste Mal unters Messer kam, würde es gar kein Skalpell mehr sein, sondern ein Laser.
In meiner Welt.
2
Kleine Einsparungen machten sich später oft unangenehm bemerkbar. Um acht oder zehn Dollar im Monat zu sparen, hatte ich das Telefon aus meiner Wohnung in der West Neely Street entfernen lassen, und jetzt hätte ich es gebraucht. Aber vier Straßen weiter gab es einen U-Tote-M-Laden mit einer Telefonzelle neben dem Cokekühler. Ich hatte de Mohrenschildts Nummer auf einem Zettel. Ich warf eine Münze ein und wählte sie.
»Bei de Mohrenschildt, was kann ich für Sie tun?« Es war nicht Jeannes Stimme. Vermutlich ein Dienstmädchen … Wo hatte der Kerl bloß das viele Geld her?
»Kann ich bitte mit George sprechen?«
»Tut mir leid, er ist im Büro, Sir.«
Ich zog einen Kugelschreiber aus der Brusttasche. »Können Sie mir seine Nummer geben?«
»Ja, Sir. CH apel 5-6323.«
»Danke.« Ich schrieb sie mir auf den Handrücken.
»Soll ich ihm sagen, wer angerufen hat, falls Sie ihn nicht erreichen, Sir?«
Ich hängte wortlos ein. Eine vertraute Kälte erfasste mich. Die war ganz in meinem Sinne. Wenn ich jemals kalte Klarheit gebraucht hatte, dann jetzt.
Ich warf eine weitere Münze ein. Diesmal meldete sich eine Sekretärin, die mir mitteilte, ich hätte die Centrex Corporation erreicht. Ich erklärte ihr, dass ich Mr. de Mohrenschildt zu sprechen wünschte. Sie wollte, natürlich, wissen, in welcher Sache.
»Sagen Sie ihm, dass es um Jean-Claude Duvalier und Lee Oswald geht. Und dass es zu seinem Vorteil wäre, mit mir zu sprechen.«
»Ihr Name, Sir?«
Puddentane war hier ungeeignet. »John Lennon.«
»Bleiben Sie bitte dran, Mr. Lennon. Ich frage mal nach, ob er Zeit hat.«
Es gab keine Tonbandmusik, was mir insgesamt als Verbesserung erschien. Ich lehnte an der Wand der heißen Telefonzelle und starrte das Schild an, auf dem BITTE VENTILATOR EINSCHALTEN, WENN SIE RAUCHEN stand.
Dann ließ mich ein lautes Klicken zusammenfahren, und die Sekretärin sagte: »Sie sind verbunden, Mr. D.«
»Hallo?« Die jovial dröhnende Bühnenstimme ließ mir die Kehle austrocknen. »Hallo? Mr. Lennon?«
»Hallo. Ist diese Verbindung abhörsicher?«
»Wie kommen Sie …? Natürlich ist sie das. Augenblick, ich mache nur die Tür zu.«
Nach kurzer Unterbrechung war er wieder da. »Worum geht es also?«
»Haiti, mein Freund. Und Ölbohrrechte.«
»Was haben Monsieur Duvalier und dieser Oswald damit zu schaffen?« In seiner Stimme lag keine Besorgnis, nur unbekümmerte Neugier.
»Ach, Sie kennen die beiden doch weit besser«, sagte ich. »Nennen Sie sie einfach Baby Doc und Lee, wie wär’s damit?«
»Ich habe heute schrecklich viel zu tun, Mr. Lennon. Wenn Sie nicht bald zur Sache kommen, muss ich leider
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