Der Anschlag - King, S: Anschlag
einfach nur geschehen.«
»Ich wollte, ich hätte meinen Sunliner«, sagte ich.
»Dann stell dir vor, das hier wäre dein Sunliner, und lass ihn einfach fahren, wohin er will.«
»Okay, aber …«
»Kein Aber! Das Wetter ist schön. Du kommst in eine neue Stadt und brauchst dir keine Sorgen wegen dem Attentat auf Kennedy zu machen, weil es noch in weiter Ferne liegt. Jahre entfernt.«
Ja, das Wetter war wirklich schön. Und nein, ich schlief nicht ein, obwohl ich sehr müde war – seit dem Überfall war ich noch nie wieder so lange unterwegs gewesen. Ich musste mehrmals an die kleine Kirche am Straßenrand denken. Höchstwahrscheinlich eine schwarze Kirche. Die Gemeinde ließ die Choräle vermutlich swingen, wie es Weiße nie getan hätten, und las DAS WORT DES ALLMÄCHTIGEN GOTTES mit vielen Hallelujas und Gelobt-sei-Jesus-Christus.
Wir kamen jetzt nach Dallas hinein. Ich bog nach links und rechts ab – vermutlich mehr rechts, weil mein linker Arm noch schwach war und beim Linksabbiegen trotz der Servolenkung schmerzte. Bald hatte ich in den Seitenstraßen die Orientierung verloren.
Ich habe mich wirklich verlaufen, dachte ich. Ich brauche jemand, der mir den Weg erklärt wie der junge Schwarze in New Orleans. Zum Hotel Moonstone.
Nur hatte es nicht Moonstone, sondern Monteleone geheißen. Und das Hotel, in dem ich nach meiner Ankunft in Dallas gewohnt hatte, hieß … es hieß …
Einen Augenblick lang fürchtete ich, der Name würde wegschweben, wie es manchmal sogar Sadies Name tat. Aber dann sah ich den Portier und all die auf die Commerce Street hinausführenden, glitzernden Fenster und wusste plötzlich den Namen.
Ich hatte im Hotel Adolphus gewohnt. Ja. Wegen der Nähe zu …
Daran konnte ich mich nicht erinnern. Dieser Teil blieb einfach blockiert.
»Schatz? Alles in Ordnung?«
»Ja«, sagte ich. »Warum?«
»Du bist sichtlich zusammengezuckt.«
»Das war das Bein. Ein leichter Krampf.«
»Kommt dir hier nichts bekannt vor?«
»Nein«, sagte ich. »Gar nichts.«
Sie seufzte. »Und die nächste Idee beißt ins Gras. Wir sollten lieber umkehren. Soll ich fahren?«
»Das wäre vielleicht besser.« Ich hinkte zur Beifahrerseite hinüber und dachte dabei: Hotel Adolphus. Schreib dir das auf, sobald du im Eden Fallows bist. Damit du es nicht vergisst.
Als wir wieder in dem kleinen Dreizimmerappartement mit den Rampen, dem Krankenbett und den Haltegriffen links und rechts neben dem Klosett waren, riet Sadie mir, mich ein bisschen hinzulegen. »Und nimm eine deiner Pillen.«
Ich ging ins Schlafzimmer, zog die Schuhe aus – ein langwieriger Vorgang – und legte mich aufs Bett. Aber ich nahm keine Pille. Mein Verstand sollte klar bleiben. Von nun an musste er ständig klar bleiben. Kennedy und Dallas waren nur noch fünf Tage auseinander.
Im Hotel Adolphus hast du wegen seiner Nähe zu irgendetwas gewohnt. Zu was?
Na ja, es stand in der Nähe der Route von Kennedys Autokolonne, die in der Zeitung veröffentlicht worden war, was die Auswahl auf … o Mann, nur auf ungefähr zweitausend Gebäude einengte. Von all den Statuen, Denkmälern und Mauern, hinter denen ein potenzieller Attentäter sich verstecken konnte, ganz zu schweigen. Wie viele Einmündungen enger Gassen gab es entlang der Route? Dutzende. Wie viele Überführungen mit freiem Schussfeld auf die West Mockingbird Lane, die Lemmon Avenue oder den Turtle Creek Boulevard? Die Autokolonne würde alle diese Straßen befahren. Und wie viele weitere an Main Street und Houston Street?
Du musst dich daran erinnern, wer er ist oder von wo aus er schießen will.
Sobald mir eines dieser Dinge einfiel, würde mir auch das andere einfallen. Das wusste ich. Aber in Gedanken war ich immer wieder bei der kleinen Kirche an der Route 20, auf deren Parkplatz wir gewendet hatten. Die Kirche Blut des Erlösers am Honeybee Highway. Viele Leute sahen Kennedy als Erlöser, als Heiland. Al Templeton hatte das bestimmt getan. Er …
Ich bekam große Augen, und mir stockte der Atem.
Im Zimmer nebenan klingelte das Telefon, und ich hörte, wie Sadie dranging. Sie sprach halblaut, weil sie dachte, ich würde schlafen.
DAS WORT DES AL L MÄCHTIGEN GOTTES.
Ich erinnerte mich an den Tag, an dem ich Sadies vollständigen Namen teilweise abgedeckt hatte, sodass nur Doris Dun zu lesen gewesen war. Das hier war eine Harmonisierung ähnlichen Ausmaßes. Ich schloss die Augen und stellte mir die An schlagtafel der kleinen Kirche vor. Dann tat ich so, als
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