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Der Archipel in Flammen

Titel: Der Archipel in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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der "Syphanta" raubte der Brigantine den Fockmast. Im Nu fiel sie unter Wind, und die Korvette brauchte nun bloß noch zu brassen, um in der nächsten Viertelstunde quer vor ihr zu liegen.
    Da dröhnte – auf knapp halbe Kabellänge – eine furchtbare Salve von der "Syphanta" herüber: durch diese eiserne Lawine wurde die Brigantine gleichsam über Wasser gekippt; aber bloß ihr "totes Werk", also die über Wasser ragenden Teile waren getroffen worden, und sie sank nicht unter.
    Nichtsdestoweniger sah der Kapitän, dessen Mannschaft durch diese letzte Salve stark gelichtet worden, das Nutzlose längeren Widerstandes und strich die Flagge.
    Im Nu flogen die Boote der Korvette zur Brigantine hinüber und holten an Bord, was drüben noch lebte. Dann flogen die Brander ins Segelzeug, und die Brigantine ging in Flammen auf. Als der Brand die Wasserlinie erreichte, versank das Wrack in den Fluten.
    Das war ein wackeres und erfolgreiches Stück Arbeit, das die "Syphanta" verrichtet hatte! Wer der Kapitän dieser Korsarenflottille war, wie er hieß, woher er gebürtig war, sein Vorleben und was sonst noch, das sollte niemand je erfahren, denn er verweigerte hartnäckig jede Antwort auf die ihm gestellten Fragen. Seine Kameraden schwiegen ganz ebenso; vielleicht wußten sie auch, wie das hin und wieder vorkam, gar nichts über das frühere Leben dessen, der das Kommando über sie führte. Aber daß es durchweg Korsaren waren, die man gefangen hatte, das stand außer Zweifel, und so wurde prompte Justiz an ihnen geübt.
    Seltsame Gedanken hatte aber in Henry d'Albaret dies Auftauchen und Verschwinden der Sakolewa geweckt. Die Umstände, unter welchen sie aus Thasos entwichen war, mußten notwendigerweise Verdacht auf sie lenken. Hatte sie den Kampf zu sicherem Entweichen nützen wollen, in den die Korsarenflottille mit der Korvette verwickelt war? Scheute sie sich, der "Syphanta" gegenüberzutreten, die sie vielleicht erkannt hatte? Ein ehrliches Schiff wäre ruhig im Hafen verblieben, da doch die Korsaren bloß noch das Ziel verfolgten, hinauszugelangen! Dagegen hatte die "Karysta", auf die Gefahr hin, ihnen in die Hände zu fallen, so schleunig wie möglich gelichtet und das offne Meer zu gewinnen versucht! Zweideutiger konnte sie sich gar nicht verhalten, und man mußte sich notgedrungen sagen, daß sie im Bunde mit den Korsaren stand! Wahrlich! dem Kommandanten d'Albaret wäre es keine Ueberraschung mehr gewesen, in Nikolas Starkos einen Seeräubergenossen zu erkennen. Leider ließ sich jetzt bloß noch auf den Zufall rechnen, seine Fährte wieder zu finden. Die Nacht stand vor der Tür, und die "Syphanta" hätte, auch wenn sie den Kurs südlicher nahm, kaum Chancen gehabt, der Sakolewa wieder zu begegnen. Darum blieb Henry d'Albaret, so schmerzlich es ihm war, der Gelegenheit, die ihm Nikolas Starkos in die Hände spielen wollte, verlustig gegangen zu sein, nichts übrig, als sich in das Unvermeidliche zu schicken. Dafür hatte er das tröstliche Bewußtsein, seine Pflicht getan zu haben. Als Resultat des bei Thasos gewonnenen Sieges war die Zerstörung von fünf feindlichen Schiffen ohne erheblichen Verlust an Mannschaft zu verzeichnen. Vielleicht ergab sich hieraus, wenigstens auf eine Zeitlang, ein gewisser Grad von Sicherheit in den Gewässern des Archipels.

Elftes Kapitel.
Signale ohne Antwort.
    Acht Tage nach dem Seekampf bei Thasos kreuzte die "Syphanta", nachdem sie von la Cavale bis Orfana alle Buchten der ottomanischen Küste abgesucht hatte, den Golf von Contessa, fuhr vom Kap Deprano bis zum Kap Paliuri an den Einfahrten zum Golf von Monte-Santo und zum Golf von Cassandra. Endlich, am 15. April, kamen ihr die Gipfel des Berges Athos aus Sicht, dessen höchste Spitze bis zu 2000 Meter über dem Meeresspiegel aufragt.
    Kein verdächtiges Schiff wurde während dieser ganzen Fahrt bemerkt. Mehrmals kamen türkische Geschwader in Sicht; da die "Syphanta" aber unter korsiotischer Flagge fuhr, meinte sie, sich mit Schiffen nicht in Verbindung setzen zu sollen, denen ihr Kommandant lieber ein paar Kugeln in die Wanten gejagt als sein Kompliment durch Hutschwenken gemacht hätte.
    Unter diesen Verhältnissen, am 26. April, erhielt Henry d'Albaret Kunde von einem Ereignis von hoher Wichtigkeit. Die verbündeten Mächte hatten beschlossen, jeden Sukkurs, der auf dem Seewege zu Ibrahims Truppen stoßen solle, aufzufangen. Außerdem erklärte Rußland an die Türkei offiziell den Krieg. Die Lage Griechenlands besserte

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