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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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sah ihn prüfend an.
    »Oder?«
    »Können Sie das machen?« Götz hielt es offensichtlich nicht für nötig, Bens Frage zu beantworten. »Ich könnte natürlich Seewald fragen«, fuhr er fort, »aber Sie wissen ja, wie das ist. Seewald hat wirklich genug zu tun mit der Begleitung der Hauptverhandlung. Einer seiner Assistenten – das will ich auch nicht. Das ist schon eine sensible Sache. Ich könnte einen Freund bitten, aber … Wissen Sie, Frau Behringer ist auch nicht immer gleich anzutreffen. Sie arbeitet zum Teil im Ausland, man wird sie ein paarmal anrufen müssen, es wird nicht so einfach sein, sie zu einem Gespräch zu bekommen. Das lässt sich nicht am Telefon klären, deshalb kann ich es auch nicht selbst erledigen. Ich wüsste also nicht, wen ich um diesen Gefallen bitten sollte. Wen, wenn nicht Sie, Ben?«
    »Ja.«
    Ben sah, wie Götz’ Zungenspitze hervorschoss und seine Lippen benetzte.
    »Ich gebe Ihnen ihre Handynummer. Sie melden sich bei ihr, machen einen Termin aus, ohne ins Detail zu gehen. Wenn Sie sich mit ihr treffen, erklären Sie ihr, dass ich lange mit mir gerungen habe, sie eigentlich heraushalten wollte, aber dass das nun nicht mehr möglich ist. Dass ich sie bitte, sich mit der Staatsanwaltschaft in Verbindung zu setzen, damit sie dort zu Protokoll geben kann, dass ich bei ihr war.«
    »Und wenn sie sich weigert?«
    Götz wischte die Bemerkung ärgerlich mit einer Handbewegung beiseite. »Das wird sie nicht, kann sie gar nicht. Ich war ja da. Warum sollte sie lügen?«
    Und wenn es nicht stimmt? Ben konnte nicht anders, der Gedanke flog ihm einfach zu.
    »Natürlich wird der Staatsanwalt ihre Aussage anzweifeln.« Götz sah ihn an, als hätte er seine Gedanken erraten. »Aber darauf kommt es mir im Moment nicht an. Mir ist jetzt wichtig, dass die Dinge endlich auf den Tisch kommen. So geht es nicht weiter.«
    Ich soll ihm sein Alibi besorgen, schoss es Ben durch den Kopf.
    »Können Sie sich die Handynummer notieren?«
    Ben hielt den Stift hoch, den er ohnehin in der Hand hatte.
    Götz diktierte ihm die Nummer aus dem Kopf. »Hinterlassen Sie ihr eine Nachricht auf dem AB «, sagte er, »sie wird Sie zurückrufen.«
    »Arbeitet Frau Behringer auch in der Baubranche?«
    Götz schnaubte kurz durch die Nase. »Ich bin sicher, das werden Sie sehr schnell selbst herausbekommen, Ben.« Er lehnte sich wieder zurück. »Und jetzt reden wir, wenn es Ihnen nichts ausmacht, endlich über meine Beziehung zu meinen beiden Töchtern. Dass ich Svenja letztes Jahr zu Weihnachten ein Pferd geschenkt habe, haben Sie das schon? Es steht in Düppel, Sie müssen sich das unbedingt ansehen.« Er schien den Auftrag, den er Ben gegeben hatte, bereits vollkommen vergessen zu haben. »Kann man das nicht mal fotografieren und in das Buch aufnehmen? Ich denke, das würde sich sehr gut machen, was denken Sie?«
    Seine Augen hatten wieder zurück zu ihrem Blauton gefunden.

38
    Götz hatte gelogen. Wie ein Brausen erfüllte dieser Gedanke Bens Kopf. Götz hatte den Polizisten noch bei der Vernehmung in der Nacht des 25 . September gesagt, dass er im Tiergarten spazieren gegangen war. Er hatte diese Aussage über die gesamten Ermittlungen hinweg wiederholt. Er hatte sie Seewald gegenüber aufrechterhalten, er hatte sie im Laufe des Prozesses mindestens einmal bekräftigt. Aber es stimmte nicht. Oder? Was konnte man ihm noch glauben? Was war Götz’ Aussage
wert,
dass er mit dem Tod seiner Frau und seiner beiden Töchter nichts zu tun hatte, wenn er in der Frage nach seinem Alibi kaltblütig log – und die Lüge kaltherzig wiederholte, wann immer die Frage danach auftauchte?
    Nachdem er Götz in der U-Haft zurückgelassen hatte, war Ben direkt nach Hause gefahren, um an seinem Buch weiterzuarbeiten. Was Götz ihm anvertraut hatte, ließ ihm jedoch keine Ruhe.
    War also doch Götz derjenige gewesen, der am 25 . September über die Terrassentür oder vielleicht auch durch die Haustür die Villa betreten hatte? Der über die Treppe in den oberen Stock gegangen war? Vielleicht hatten sie ihn gehört, ja, warum denn nicht? Christine war an die Treppe geeilt: ›Julian!‹
    Dass es Grund für einen Streit gab, war ja im Prozess bereits zur Sprache gekommen.
    Und wer ist Lillian Behringer?
    Ben krümmte sich auf seinem Sofa zusammen. Vor seinem inneren Auge sah er, wie die Auseinandersetzung in der Villa immer erbitterter wurde. Götz griff zur Messinglampe, schlug zu. Drehte sich um. Sah Svenja in der Tür

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