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Der Assistent der Sterne

Der Assistent der Sterne

Titel: Der Assistent der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linus Reichlin
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Opango übertrieben laut, »hat sechs zu eins gewonnen!«
    Er zwinkerte Jensen zu.
    »Er ist gar nicht aus Ghana«, sagte er in vertraulichem Ton. »Nur seine Großmutter. Sie ist in Accra geboren worden, und dort wollte sie auch begraben werden. Er hat sie sehr geliebt, und jetzt denkt er, dass sie es ihm übel nehmen würde, wenn er nicht für Ghana ist. Er ist ghanesischer als die Ghanesen selbst. Sagt man Ghanesen, auf Flämisch?«
    »Ich weiß nicht. Jedenfalls muss ich mit ihm sprechen. Ist es die Tür dort?«
    »Nein, das ist die Küche. Das da. Das ist seine Tür.«
    »Danke.«
    Jensen wollte hingehen, aber Opango hielt ihn zurück.
    »Sie können jetzt aber nicht einfach hineingehen«, sagte er. »Wer weiß, was er da gerade tut. Bitte. Setzen Sie sich hier.« Er deutete auf den Klappstuhl, der neben der Toilette stand. »Vielleicht, eines Tages«, sagte Opango, »wird er ein Wartezimmer haben. Wenn mehr Leute kommen. Aber der Stuhl ist gut. Bitte.«
    Jensen setzte sich darauf.
    »Ich werde Sie jetzt anmelden.« Opango klopfte an die Tür.
    »Schwarzstern«, sagte er. »Hörst du mich? Es will dich jemand sprechen. Sechs zu eins. Ich habe ihm gesagt, dass du jetzt vielleicht gar nicht in der Lage bist, jemanden zu empfangen.«
    Opango wandte sich Jensen zu, lautlos lachend. »Es ist ein Herr …«
    »Jensen.«
    »Er heißt Jensen. Nicht Vermeiren. Und auch nicht … Abédi Pelé!«

    Lulambos Zimmer war eng und ungemütlich. Ein schmales Bett, ein Tisch, auf dem ein wuchtiger alter Fernsehapparat stand, zerrissene Vorhänge. Die Decke nässte, in den Ecken breitete sich Schimmel aus.
    »Empfangen Sie hier Ihre Kunden?«, fragte Jensen. Er wusste nicht, wo er sich hinsetzen sollte, es gab keine Stühle.
    »Nein«, sagte Lulambo. Er trug mehrere dünne Pullover übereinander. »Hier schlafe ich nur. Es gibt noch ein anderes Zimmer, ein schöneres. Das ist für die Kunden. Aber Sie sind ja nicht deswegen hier.«
    Er zog unter dem Bett zwei bestickte Sitzkissen hervor.
    »Weshalb glauben Sie denn, dass ich hier bin?«
    »Weil etwas geschehen ist«, sagte Lulambo. Er setzte sich auf eines der Kissen, mit angezogenen Knien, eine Haltung, für die Jensen nicht mehr geschmeidig genug war. Umständlich setzte er sich auf das zweite Kissen, es war zu weich, man spürte den Boden.
    »Wer ist Abédi Pelé?«, fragte Jensen.
    »Ein Gott. Er hat für Ghana dreiunddreißig Tore geschossen.«
    »Und wer ist Vera Lachaert?«
    Lulambo nahm die Brille ab, er putzte mit einem Zipfelseines obersten Pullovers die Gläser. Er schloss dabei die Augen, als würde er diese Tätigkeit besonders genießen.
    »Accra, 1955«, sagte er. »Sieben zu null für Ghana gegen Nigeria. Das haben die schwarzen Geier uns nie verziehen. Es war die größte Niederlage der Geier, seit es sie gibt. Sie nennen sich Super Eagles, wir nennen sie Geier. Obwohl Geier nützliche Tiere sind. Anders als du und dein Jay-Jay Okocha!«, rief Lulambo in Richtung Tür. »Ich weiß, dass du horchst, Victor! Und Sie«, sagte er zu Jensen, »wissen doch, wer Vera Lachaert ist. Sonst wären Sie nicht hier. Haben Sie mit ihr gesprochen? Haben Sie sie kennengelernt?«
    Die wulstige Narbe auf Lulambos Stirn fiel Jensen erst jetzt auf.
    »Herr Lulambo. Vor ein paar Tagen war Trees Lachaert bei Ihnen. Sie hatte Geburtstag und wollte sich von Ihnen die Zukunft vorhersagen lassen. Stimmt das?«
    »Sie kennen die Mutter. Aber Sie kennen die Tochter nicht. Ist das so? Ja, Frau Lachaert war hier. Und jetzt bitte, sagen Sie mir, ob Sie mit Vera Lachaert zusammen waren.«
    Die Hierarchie war schwammig, das war das Problem, deshalb war das Gespräch so unstrukturiert. Jensen zog seinen Dienstausweis aus der Tasche.
    »Ich bin von der Polizei«, log er. »Das bedeutet, dass ich Ihnen Fragen stellen werde, und Sie werden antworten. Trees Lachaert wollte von Ihnen wissen, was ihr die Zukunft bringen wird. Was genau haben Sie ihr gesagt?«
    Lulambo starrte den Dienstausweis an. Jensen steckte ihn wieder ein. Es war ihm peinlich, das ungültige Dokument länger vorzuzeigen. Vor allem, wenn man bedachte, weshalb er den Ausweis noch besaß: Hoofdcommissaris Dupont, sein ehemaliger Vorgesetzter, hatte es schlicht nicht erwarten können, Jensen loszuwerden. An seinem letztenArbeitstag hatte Dupont nur die Dienstwaffe eingefordert. Und jetzt machen Sie die Tür zu, Jensen, damit für mich die Sonne wieder scheint.
    »Sie sind Polizist«, sagte Lulambo. »Das verstehe ich nicht. Aber es ist

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