Der Atem der Apokalypse (German Edition)
habe.«
»Haben Sie etwas zu diesem Draper, Sergeant?«
»Noch nicht. Blöd, dass sie seinen Vornamen nicht wusste.«
»Wie hat er sie gefunden? Woher wusste er von ihrer finanziellen Notlage?«
»Draper ist sicher wertvoll, aber ich fürchte, er ist nur seine Marionette«, erklärte Hask. Die Kälte war doch nicht mehr so schön und er freute sich, in die relative Wärme des Autos zurückzukehren. »Er hat nur Befehle ausgeführt. Sein Auftraggeber hat sich das alles ausgedacht.« Er lehnte sich in dem Ledersitz zurück. »Interessant, dass sie unseren Mann als Gott bezeichnet – und nicht nur das, sie hatte offenbar eine Art Halluzination, in der sie ihn so gesehen hat.«
»Das ist das Wort eures Gottes«
, murmelte Ramsey.
»Ganz genau.«
Armstrongs Handy klingelte und er klappte es auf. »Ja?« Er hörte schweigend zu. Hask lehnte sich vor, aber er konnte nicht hören, was der Anrufer zu sagen hatte.
»Danke.« Armstrong sah Ramsey an. »Draper ist tot. Er steht auf der Strain- II -Liste.«
»Wann?«
»Letzte Woche.«
»Mist.« Ramsey schlug aufs Lenkrad.
»Wahrscheinlich konnte er ihn nicht mehr gebrauchen.« Hask sah aus dem Fenster auf die graue Stadt. »Oder sein geheimnisvoller Chef wollte nur nicht, dass sein Angestellter ihn überlebte.«
17
Cass wartete, bis frischer Kaffee durch die teure Maschine blubberte. Es war erst acht Uhr morgens, aber er hatte schon geduscht. Seit Monaten hatte er sich nicht so wach und munter gefühlt. In den zwei Tagen seit seiner Entführung durch Freeman hatte Cass’ Heilung noch mal deutliche Fortschritte gemacht. Obwohl er immer noch dunkellila Ringe unter den Augen hatte, war sein malträtiertes Gesicht fast über Nacht abgeschwollen. Freeman hatte seine Männer ausgelacht – die beide Steve hießen und deshalb bei ihren Nachnamen Wharton und Osborne gerufen wurden – und sie damit aufgezogen, dass sie als Schläger schwer nachgelassen hätten, doch Cass wusste, dass es an etwas anderem lag. Es ging nicht nur um sein Gesicht. Auch seine Schulter fühlte sich besser an. Das stetige Pochen juckte nun mehr, als würde das verletzte Fleisch innen endlich wieder zusammenwachsen. Als er am ersten Morgen aufstehen wollte, hatte ihm alles wehgetan, jeder Zentimeter Fleisch und Knochen von den Rippen bis zum Hals schrie vor Schmerz, doch an den letzten beiden Vormittagen war dieser unaussprechliche Schmerz schon nicht mehr so schlimm und nach zehn Minuten ganz vorbei.
Er erinnerte sich, wie heiß ihm geworden war, als sie ihm in der Garage den Sack vom Kopf gezogen hatten. Es hatte innen und außen gebrannt, wie eine Mischung aus Adrenalin und Kokain mit einem Zusatz für den Extra-Kick. Seine Augen hatten
geleuchtet
, anders konnte er das Gefühl nicht beschreiben.
Die Jungs sehen das Leuchten!
In seinen Gedanken hallten die Worte wider, die seine Mutter vor langer Zeit hinten auf ein altes Foto geschrieben hatte. Ging es ihm deshalb plötzlich so viel besser? Wegen des Leuchtens, dass er immer schlechter leugnen konnte? Oder hatte er es nur seinem Optimismus zu verdanken, weil er nicht nur einen Plan hatte, sondern wirklich Fortschritte machte? Und was noch besser war: Weil er nicht mehr allein nach Luke suchte, selbst wenn Brian Freeman hinter etwas anderem her war? Cass bevorzugte Letzteres. Wenn er das Leuchten anerkannte, erst recht in seinem eigenen Inneren, müsste er zugeben, dass etwas Stärkeres als die Umstände oder eine Verschwörung ihn mit Mr Bright verbanden. So weit war er noch nicht, auch wenn sich noch so viele Beweise aufdrängten.
Da er zumindest im Augenblick von Träumen verschont wurde, hatte er zwei Nächte gut geschlafen. Das überraschte ihn noch mehr als seine unheimlich schnelle Genesung. Vielleicht war es einfach zu viel auf einmal – Mr Brights und Mr Solomons Manipulation von Freeman und dann Mr Solomons Mord an Carla Rae. Wenn es darum ging, wer zuletzt lachte, hatte Mr Solomon Mr Bright eindeutig geschlagen, indem er in ihrem persönlichen Wettstreit Menschen wie Spielfiguren benutzte.
Cass schenkte sich eine Tasse Kaffee ein; die köstliche nussige Sorte schmeckte tausend Mal besser als der Muckefuck aus den Maschinen auf der Paddington-Green-Wache. Es duftete bis zur Verandatür. Guter Kaffee und eine Zigarette – besser konnte der Tag nicht anfangen. Der Wind war bitter kalt, doch das störte ihn nicht, denn es half ihm beim Nachdenken.
Carla Raes erbärmliche nackte Leiche fiel ihm wieder ein. Hatten Mr Bright und
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