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Der Attentäter - The Assassin

Der Attentäter - The Assassin

Titel: Der Attentäter - The Assassin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
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dem Blick verloren. Fluchend beschleunigte er seinen Schritt und rempelte ein paar bärtige Studenten an, bevor er nach rechts in die Gasse abbog.
     
    »Treffer«, verkündete Peterson.
    Kharmai blickte von dem Schnellhefter auf, in dem sie gelesen hatte. »Wie viele Punkte?«
    »Neunzehn. Eine Wahrscheinlichkeit von fünfundneunzig Prozent, dass es dein Mann ist, Naomi.«
    Kharmai setzte sich abrupt auf. Der Schnellhefter rutschte von ihren Oberschenkeln und fiel zu Boden, doch sie bemerkte es nicht einmal. »Irrtum ausgeschlossen?«
    »Ja. Es sei denn, du hast wieder mal vergessen, mir etwas zu erzählen«, antwortete Peterson spöttisch. »Das müsste ein Volltreffer sein. Es gibt nur ein Problem.«
    Kharmai stöhnte. »Du hast doch die Erlaubnis …«
    »Das ist es nicht. Die dazugehörende Datei wurde gelöscht.«
    »Wie bitte?« Kharmai schüttelte ungläubig den Kopf. »Das ist doch widersinnig. Warum hast du noch das Spektrogramm, wenn die Datei gelöscht wurde?«
    »Kommt häufiger vor, als man glaubt«, antwortete Peterson. »Vergiss nicht, dass wir jede Woche Tausende von Telefonaten mitschneiden. Wir haben ein komplettes Team, das nur damit
beschäftigt ist, die Mitschnitte mit den gespeicherten Daten zu vergleichen. Manchmal machen sie Fehler. Es kann in ihrem Büro passiert sein, aber es ist auch denkbar, dass die Datei bewusst gelöscht wurde. Wenn ein Verdächtiger eines natürlichen oder sonstigen Todes stirbt, wird das über ihn gesammelte Material gelöscht, um Platz auf den Servern zu sparen. Wir behalten nur eine paar zentrale Identifizierungsmerkmale - Name, Rasse, Nationalität, Sprache. Um die Spektrogramme kümmern wir uns in der Regel nicht, weil die Datenmenge vergleichsweise winzig ist.«
    »Willst du damit sagen, der Typ ist tot?«
    »Möglich ist es. Ich muss dich enttäuschen, aber es ist die Wahrheit.«
    Kharmai seufzte tief. »Ich kann’s nicht fassen. Diese Aufnahme wurde vor weniger als drei Monaten gemacht.«
    Peterson warf ihr einen scharfen Blick zu. »Woher weißt du das?«
    »Weil al-Umari - die uns bekannte Stimme auf dem Band - nicht … nicht hier war, als wir es gefunden haben.« Kharmai rügte sich innerlich, weil sie sich fast einen Schnitzer geleistet hätte. Peterson konnte nicht wissen, wo das Band gefunden worden war. »Es ist ausgeschlossen, dass er es vorher aufgenommen hat, Liz.«
    Peterson dachte einen Augenblick nach, griff dann nach dem Telefon und wählte. Während sie den Hörer ans Ohr hob, wandte sie sich Kharmai zu. »Du hast recht, das Ganze ergibt keinen Sinn. Wir speisen ständig neues Material in die Datenbank ein, aber irrelevante Dateien werden nur zweimal im Jahr gelöscht, zuletzt vor vier Monaten. Wenn deine Vermutung über den Zeitpunkt der Aufnahme des Bandes stimmt, müsste noch Material über ihn da sein.«

    »Wo rufst du an?«
    »In der zuständigen Abteilung. Möglicherweise haben wir einen Ausdruck, aber den müssen sie erst suchen. Ich hoffe, du hast genug Zeit mitgebracht.«
     
    In der Gasse war es dunkel, und die Steine unter Kohls Füßen waren glitschig. Es roch nach Fischabfällen, als er an überquellenden Mülltonnen vorbeikam und an dunklen Öffnungen in den Mauern, die offenbar Hauseingänge waren. Irgendwo lief ein Wasserhahn. Ein Stück vor sich sah er eine gebückt laufende Gestalt, dahinter den vertrauten Anblick des spindeldürren al-Umari.
    Plötzlich ging alles sehr schnell. Zu schnell. Eine Stimme, dann eine andere, eine Frage. Diese Stimme wirkte weniger nervös als gezwungen freundlich - die Unbeholfenheit eines Mannes, der in einer Gegend gestellt wird, die ihm nicht vertraut ist. Eines Mannes, der zu spät begreift, dass er am falschen Ort ist. Ein geknurrter Befehl, harsche Worte, die von den Wänden zurückgeworfen wurden, ein panischer Schrei. Ein Handgemenge, das Geräusch von ausrutschenden Füßen. Kohl hatte den Abstand blitzartig verringert und streckte die Hand aus, als ein Messer gezogen wurde …
    Al-Umari hatte einen kurzen Moment gezögert, als er vor der dunklen, verwaisten Gasse stand. Fast hätte seine instinktive Vorsicht gesiegt, aber er ging weiter, ermüdet von dem langen Spaziergang und dankbar, dass er eine zeitsparende Abkürzung gefunden hatte. Ein paar Augenblicke später bedauerte er seine Entscheidung, als er hinter sich schnelle Schritte hörte. Er muss te an seine schwächliche Konstitution und seine privilegierte Kindheit denken. Sein Hass auf den Westen war ein Resultat der Umstände,

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