Der Aufgang Des Abendlandes
hervorbringen. Je höher
der anthroposophische Größenwahn den Menschen stellt, desto weniger läßt sich ein Weltgeist aus der
Welt schaffen.
Man wirbelt im Kreis krasser Widersprüche. Vernunft weiß objektiv die objektive Natur, doch Gottego entsteht
durch Ausmerzen der Vernunftswahrnehmung? Dann war letztere subjektive Täuschung, und wer sich »auf den Boden der
Naturwissenschaft stellt«, wie Steiner von sich behauptet, baut auf Triebsand. Zwecklose Natur verfolgt den
schwierigsten Zweck, den sie zufallmäßig erreicht, aus geistlosen Affen kam der Mensch ins dumm hinbrütende
All, das ausgerechnet auf dem Sandkorn Erde wartete und sich selber einen Gott gab, wozu es plötzlich das dringende
Bedürfnis fühlte? Und der Mensch sah die Welt an, und siehe da, es war nicht sehr gut! Was auf riesigen
Schwesterplaneten geschah, ist gleichgültig, denn die Erde als Mutter des Gottego ist bekanntlich Mittelpunkt des
Kosmos, Gott-Pol, dagegen Heliozentrik ein überwundener Standpunkt, denn sie setzt von selber Zentralkraft weit
außerhalb Mensch und Erde voraus. Bruno und Cusa lehrten umsonst, wir sind wieder bei Aristoteles und den
Kirchenvätern, nur daß letztere einen erdhaften König Christus und ersterer eine Art Basileus Alexandras als
aufgeklärten Imperialdespoten des Universums annahmen. Über solche Knechtschaffenheit ist Steiners Menschgott
erhaben, den Stoff und Mechanik in einer einzigen Spezies entstofflichten! Dies Geistige scheint etwas Geistliches, es
manipuliert wie ein Tridentiner-Konzil und gibt sozusagen den Geist auf, indem es sich unter eigene Gottähnlichkeit
beugt, König des Himmels und der Erden. Schade, daß die Herrschaft so kurz bemessen, doch le roi est mort, vive le
roi! die Menschheit tritt kollektiv für ihn ein, das Regiment vererbt sich legitim, denn da das Einzelego doch nicht so
selbständige Macht besitzt, so landen wir wieder beim Gemein-Sinn (doppelsinnig), wo das Ego sich mit der All-Gemeinheit
gemein macht. Diese, Tasmanier und Hottentotten inbegriffen, trägt immer den Gottmensch im Schoß, und werden erst
alle göttlichen Ego entbunden, dann haben wir Milliarden Götter.
Solchen Unsinn hat noch niemand ausgeheckt? O doch, Pantheistische Theosophie neigt oft zu ähnlichen Scherzen.
Mindestens sollte Steiner sich bescheiden mit Lenaus Faust zu fragen: »ist das Göttliche zuerst erwacht und stieg
es auf zur Geistesmacht, so daß Natur in Haß und Lieben als ihre Blüte Gott getrieben?« und Lenau
schickt die Frage vorher: »Ist diese Welt dadurch entstanden, daß Gott sich selber kam abhanden, ist
Göttliches vom Gotte abgefallen, um wieder gottwärts heimzuwallen?« Beides wäre entschieden noch
logischer, als eine aus der Natur entsproßte Gottspezies Homo Divinus, der dabei eine so peinliche Materie als
objektives Sein dulden muß. Steiner beruft sich auf die Renaissancemystiker, die aber nur »Kreatur« und
»Gottes Freunde« sein wollten, denen man mit Christus den Boden entzieht. Die Bagghavad Githa fordert Ehrfurcht
und Bescheidenheit, selbst Spinoza verwechselt nicht Aufsteigen zu Gott mit eigener Selbstherrlichkeit. Wenn Steiner den
Edeldenker Cusa feiert, sollte er sich dessen Parole »gelehrtes Nichtwissen« besser aneignen. Für
menschliches Kausaldenken vollzog sich Materialisation nacheinander, indem zuerst Leuchtkraft die Gasnebel in Planetenkugeln,
Äther, Festes und Flüssiges schied, doch im Urtext der Genesis steht umgekehrt: »Als die Elohim Erde und Luft
vom Urmeer schieden, da geschah Lichtwerdung.« Plausible Aufmachung des Naturwerdens entspringt nur dem Kausalbegriff,
den man in die Dinge hineinlegt, Täuschung wie Zeit und Raum. Gibt es Kausalstufen draußen im All, so sind sie
formal unbedingt von den unsern verschieden.
Materialismus ist die natürliche Weltanschauung von Karren- und andern Schiebern, die Inder nennen es Verdummung und
warnen vor Rückfall ins Tierreich. (Ernennung Schulzes zum Elefanten wäre aber Beförderung, und Rindvieh ist
er ohnehin). Wiedergeburt ist eine so natürliche Lösung, daß ein kalter Verstandesmensch wie Ostafrika-Peters
vermöge denkerischer Schulung sich dazu bekannte; wie sich dies aber mit Steiners Anthroposophie zusammenreimt, bleibt
dunkel. Denn daß der Geist durch eigenen Machtspruch Wiedergeburt vollzieht, geht um so weniger an, als sie oft ein
Strafkarma enthält, das Schulze sich wohl nicht selber diktieren würde. Ohne Entgegenkommen der Natur in
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