Der Aufgang Des Abendlandes
tage (6 siderische Perioden) entnimmt der gebildete eingebildete
Evolutionist als konterevolutionärer Degenerierter der Sumerer, die schon so früh ihre hohe Geistesstufe erklommen,
befriedigt ihren Bibeltext, daß die Lebewesen nacheinander entstanden mit dem Menschenhirn als Krone. So war es
indessen nicht gemeint, wie schon daraus ersichtlich, daß Adam vor Eva geschaffen, d. h. vor dem Ei, aus dem jede
animalische Welt entsteht: Symbolisch für Geschlechtlosigkeit des »himmlischen« Menschen, dem Gott seinen
Odem einblies, ohne für diesen »höheren Manas« einen Hirnapparat zu bemühen! Wenn sich zur Blamage
von Agassiz und Cuvier, der noch 1830 fossile Menschen und Affen bestritt, Reptile neben dem Fisch, dann Vögel neben dem
Reptil, Menschen im Obertertiär als Zeitgenossen von Sauriern und Beuteltier fanden, also die angeblich streng
geschiedenen Perioden bunt durcheinander liefen, so arbeitete doch das Hirn stets gleich. Jedenfalls blieb der Mensch allzeit
ein für sich bestehendes konstantes Gebilde, den bis heute in sinnlicher Notdurft vegetierenden Alltagsmenschen fehlten
auch gleich zu Anfang nicht die Genialen, die als Grundleger aller Kulturerfordernisse sich mit den Größten
späterer Zeitalter messen dürfen. Auf diese scheinen Theologie wie Atheismus sich zu berufen, indem sie
unbewußt noch am ptolemäischen System kleben mit der Menschenerde als Kern des Alls, wo sich entweder ein
besonderer »Erlöser« für alle Planeten aufpflanzt oder sonstwie der glorreiche Mensch als Archimedes
den großen Gott des Lebens-im-All aus den Angeln hebt. Solche Verschrobenheit hätten die Urweisen wohl nicht
für möglich gehalten.
Aberglaube hieß einst Kirche, heut Wissenschaft, jeder Glaube wird Aberglaube, sobald er geahnte Möglichkeit zu
sicherer Formalität aufplustert. Goethe meint, der tiefste Gegenstand der Geschichte sei Kampf zwischen Glaube und
Unglaube. Doch Glaube an was? Ohne programmatischen Zusatz hat der Konflikt keine Bedeutung. Der englische Dechant Stoughton
bekennt in »Einleitung zur historischen Theologie«, sie sei etwas anderes als Religion! So lange man nur den
Dogmen einen Guerillakrieg machte, zuletzt mit Minen und Flammenwerfern, blieb der Wissenschaftssieg nur ein
Vorpostengefecht. Man schlug sich gegen die Jesuiten, nicht gegen Gott, Locke und Voltaire blieben überzeugte Deisten,
selbst Renan und Strauß begnügten sich süßsauer mit blinzelndem Augenzwinkern, den großen Bruch
und Abfall vom Unsichtbaren vollzog man erst unter Darwins Devise. Nach so leichtem Triumph über allzu Sichtbares der
Götzenkirchen schleuderte man Gasgranaten ins Unsichtbare. Diese verflüchtigten sich ziellos: weil sie auf nichts
Greifbares prallten, so gibt es dort nur Nichts? Die Geschosse hinterließen einen übeln Gestank von
Geistlosigkeit: weil diese Fehdebriefe, »die ihn nicht erreichten«, ihren Beruf verfehlten, darum sind nicht sie
anrüchig, sondern das Nichtsein Gottes? Weil der Professor geistlos ist, gibt's keinen Weltgeist? Solche
Schuljungenlogik äfft die Kirchenmethode nach: Jene behauptet ein für sie passendes Unsichtbares beweislos, diese
wirft beweislos ein ihr nicht passendes Transzendentes weg, weil es sich ihr nicht sichtbar vorstellen will. Mit dummen
Hypothesen eine große Wahrscheinlichkeit oder mit schlauen Hypothesen eine noch größere Unwahrscheinlichkeit
verfechten – wer hier unwissenschaftlicher oder verderblicher, Priester oder Professor, bleibt eine wahrhaft
akademische Doktorfrage!
Oft grausam enttäuscht und unruhig geworden, glättet Rationalismus wieder griesgrämige Falten und nimmt
wieder einen sanguinischen Anlauf, indem er sich heiter auf Hygiene wirft wie in des Amerikaners Fisher »Making life
worth while« 1910. Darüber ließe sich viel Erheiterndes sagen. Schon der unglückliche Georg
Förster trug eine dilettantische Ernährungstheorie vor, Buckle baute sie salbungsvoll weiter aus; doch obwohl wir
mit Fisher ganz übereinstimmen, in falscher Ernährung das Grundübel für bisheriges Versagen sonstiger
hygienischer »Fortschritte« zu suchen, widersprechen unwiderlegliche Tatsachen dem vegetarisch-antialkoholischen
Fanatismus. Diesem huldigt Fisher nicht einmal, sondern wirft seinen Haupthaß auf die unmäßige
Proteinzufuhr, wie sich schon ein deutscher Arzt gegen den Eiweißkult landläufiger Mediziner empörte. So
Vernünftiges er hierin sagt, so lächerlich sind seine Yankeespäße, gute Hygiene
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