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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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überfließt. Sich durch äußerliche Wunder
hochbeglückt fühlen, verrät nur die Schwäche, durch Sichtbares verdeutlichen zu wollen, was nur
unsichtbar zu Unsichtbarem spricht. Psychomotorische Metapsychie gibt die Gewißheit, daß Überindividuelles
schon das Diesseits imprägniert, telepathischer Konnex bedeutet allgemeine Seelenassoziation, Daseinsbeeinflussung durch
verborgene Kraftströme. Materialismus und Okkultismus halten sich für unvereinbar, weil der eine nur Wahrnehmung,
der andere nur Vorstellung für maßgebend hält, doch jede Wahrnehmung stellt sich etwas vor, jede Vorstellung
nimmt etwas wahr. Auch Hellgesicht ist ein Sehen sinnesmäßiger Dinge. Jeder Okkultismus beweist nichts weiter als
Mitteilhaberschaft aller Psychen, G. m. b. H. am riesigen Stammkapital und Fundus.
    Der Psychologe Buddha würde über das Ansinnen lachen, daß man messend und seigend studieren könne,
wozu nur beflügelte Intuition den Eingang findet. Dogmatischer Glaube an astronomische Mathematik, die ihrem Ursprung
nach zur deduktiven Metaphysik gehört, und Ausmerzung der Astrologie, die sich induktiv auf Ephemeridentafeln
stützt, als Ammenglaube scheint eine unangenehme Entgleisung praktischer Vernunft. Stand vermutlich nicht schon in
Keplers Horoskop, daß ihm Brahe seine Beobachtungsnotizen für die Ellipsenbahnen hinterlassen werde? Ewige
Vorbestimmung arbeitet mit allen Elementen gemeinsam, kosmische Erdbestrahlung durch die Planeten ist nichts Okkultes,
sondern höchst Natürliches. Es wäre unnatürlich, wenn nicht bestimmte Aspekten die Elektronenenergetik
der Lebensbeseelung leiteten, dagegen betrachtet Wissenschaft ein unnatürliches Wunder als natürlich, daß
nämlich mathematische Himmelsmessungen zu stimmen scheinen. Kann man gelassen hinnehmen, daß das Säugetier
homo sapiens über Planetenbahnen richtig aussagt? »Höhere Mathematik« wuchs wie ein Turmbau zu Babel,
als Bausteine nur lauter Definitionen, die im Unsichtbaren Fuß fassen und so Sichtbares bestimmen sollen, also rein
deduktives Verfahren statt experimenteller Induktion. Da Physik ohne Mathematik hilflos wäre, setzt sie Allmacht des
Menschengeistes voraus, leugnet also Allmacht der Natur, welche sie doch materialistisch verfechten möchte. Astronomik
ist ihr eherne Tatsache, Astrologie höherer Blödsinn, während diese doch eigentlich mechanistisch
Abhängigkeit des Lebens vom kosmischen Zwang induktiv studiert. Absolute Richtigkeit astronomischer Berechnung ist
erkenntnistheoretisch ein Unding, heute kam man schon durch Relativitätstheorie so weit, kopernikanischem Weltbild
keinen Vorzug mehr vor dem ptolemäischen zu geben. Erddrehung um die Sonne fängt an vielen, wohl mit Unrecht,
illusorisch zu werden. Was soll man also davon halten, wenn trotzdem bei astronomischer Rechnungsart objektive Richtigkeit
herauszuschauen scheint? Das kann wieder nur auf freundlichem Entgegenkommen der Weltseele beruhen, die offenbar
wünscht, der Mensch soll sich ein für ihn logisch begründetes Weltbild machen. Dies Entgegenkommen
täuscht aber darüber, daß der Mensch innerhalb eigener Materialbegrenzung unmöglich die Allwirklichkeit
erfassen kann. Anthroposophische Einbildung, der Menschengeist sei ein plötzlich der Natur entstiegener Gott und daher
wohl befugt, das Ding-an-sich anzuschauen, ist gar zu grotesk; solchem Größenwahn entspricht aber, daß man
dies unmögliche Wunder als wissenschaftliche Tatsache erträumt, während man die gar nicht wunderbare
Astrologie verlacht. Warum hauptsächlich? Weil Vorbestimmung die famose Willensfreiheit beleidigt, ohne welche auch
wissenschaftlicher Größenwahn nicht gut auskommen kann. Hier hat man wieder die Konfusion menschlichen Denkens,
die das nämliche leugnet oder bejaht, je nachdem es in den Kram paßt. Determinimus wird bejaht, um Ethik und
Idealismus zu verneinen, und im gleichen Atem verneint, um Freiheit materialistischen Denkens zu bejahen. Umgekehrt wird ein
Schuh draus: wäre der Mensch frei, dann dürfte er nach sich seine Weltanschauung wählen und seine Ethik dazu;
ist er aber unfrei, so folgen Idealisten und Materialisten beide einer Zwangsvorstellung ihres besonderen Ich. Dem ist auch
so, wie das Wesen der Sittlichkeit lehrt. Wenn der polnische Reichstag der Niezkyschen Konfusionslehre, die ihr Nomadenzelt
rein ins Blaue aufschlägt und unter tuberkulöser Wangenröte des Übermenschenwahns an moralischer
Schwindsucht hinsiecht, bei

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