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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Karmafügung.
    »Piatonismus ist Vater des Christentums, Judentum die Mutter«, orakelte Napoleon vorschnell. Es gibt nicht
allgemeine Gesetzgebung für Aufgang und Untergang von Religionen so wenig wie von Kulturen. Indische Mythologie
unterschied vom Brahma ihrer Trinität den Brinaha-Brahm, dem man tiefsinnig keine Tempel baute, weil über
menschliche Verehrung erhaben. In dem einzigen ihm geweihten Tempel gab es kein Bildnis, weil der höchste Eine nicht
verbildlicht werden darf. Monotheistischer Monismus ist so alt wie die Welt. Auch das ältere Christentum rang nach
intellektueller Sauberkeit. Bei Justin und Theophil findet man erhebliche Argumente für Nebenzeichen der Auferstehung:
»Beständige Auferstehung geht in dir selber vor, dein Körper wechselt, Teile verschwinden, andere ersetzen
sie.« Clemens sucht Jesus schon bei Plato und Plotin, Origenes lehrt Bestehen früherer Welten, Wiedergeburt,
kausales Jenseits. Wer gegen solche Auferstehung griechischen Denkens den Streit aufnimmt, trifft nicht Kirche, sondern
Theosophie, wie heute ungescheut beabsichtigt. Doch sobald Wahrheiten großer Seelen zum Massendogma erniedrigt,
verwandeln sie sich notwendig ins Gegenteil. Die Seelenrevolution, den Händen von Jesus und Johannes entglitten,
mußte Reaktion einer Kirche werden, die bezeichnenderweise eher die Apokalypse als apokryph fallen ließ, doch die
weltliche Tendenzpropaganda hebräischer Messiaspropheten schlau zum obersten kanonischen Rang erhob. Sie weiß also
wie die Wissenschaft nichts mit Offenbarung wirklicher seherischer Verzückung anzufangen, versteht sich nur auf
Talmimirakel. Für diese disziplinierten Judenchristen waren die Gnostiker Faselanten, weil sie zyklische Sphären,
Überchristos der Weltseele, Erlösung nur durch eigene Läuterung in Wiedergeburten lehrten und erbittert den
persönlichen Jahve als Demiurgos verwarfen, den bösen Feind als Materie, ohne in Dualismus eines positiven und
negativen Prinzips zu verfallen wie Lotze der Jüngere. Auch mit den Manichäern läßt sich reden, die sich
an Zoroaster anlehnten, obschon ihre wilde Verdammung alles Körperlichen zu verdummender Askese beitrug.
Ursprünglich Manichäer, überlieferte Augustin die Gnadenwahl an Calvin, seine 18 Bände zeigen die
Verheerung, die verbissener Priesterwahn in einer groß angelegten Natur anrichtet, seine »Bekenntnisse«
lesen sich wie die Rousseaus als Gewissensschreie innerer Unruhe, seine Gottliebe malt er mit Schönheitsumarmungen und
Blumendüften! Das ist die große Konterrevolution, die immer unvermeidliche, wo Jesus auf Athanasius herabsinkt.
Als 600 Bischöfe auf 6 Konzilen sich um Dogmen balgten, wie Athanasier und Arianer Mönche handgreiflich auf dem
Byzanzmarkt, war dies »Wachstum des Christentums«, wie Vincentius frohlockte, ein schlechtes Beispiel für
»An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen«. Gleichwohl ist niederschmetternd für
Evolutionsträumer, daß die ganze Fehde moderner Bibelexegeten längst schon bei Beginn der Kirche entbrannte,
wo Arius sich gegen Christi Gottheit sträubte und der britische Mönch Pelagius einige Weizenkörner unter die
Spreu mischte, sogar in Augustins Chaos der Lichtblick glomm, daß er Erlösung durch bloße Taufe verwarf.
Immerhin sehen wir in allem Religiösen sich das Gute zum Schlechten wenden, das Schlechte sich verschlechtern.
    Wie bei Alimentklagen viel tüchtige Zeugen in Reih und Glied die Schwurhand erheben und das schlichte Volkslied
ertönt »Geld kost's auf alle Fälle«, so muß der Bastard des Jetztgeschlechts doch 'nen Vater
haben, wir werden's Kind schon schaukeln, doch die Namenstaufe macht Schwierigkeiten. »Persönlichkeit und
Schönheit«, ruft Ellen Key in hohen Tönen an, vermengt »Evolutionismus, Individualismus,
Solidarität« als unauflöslich verbunden, wie ja schon Krapotkin Egoismus und Altruismus beide für
naturgesetzlich erklärte. Was sie als Selbstverzicht des Philisters betrauert, ist gerade Selbstfrönen der
Profitwut, die für Gendarmen der Schweinemast und Bewachungshunde für Schafe schwärmt. Ist Schafen nicht
gesund, daß der Spitz sie in Ordnung hält und in die Hürde einpfercht, die als freie Schweifer sich verirren
würden? Allerdings betreut man Schafe nur, um sie zu scheren, doch wonach strebt die Schafseele, als nach gesichertem
Futter und Obdach! Das ist der wahre Individualismus der Masse, ihre Solidarität heißt Feigheit, falls nicht ein
starker Hammel für

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