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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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er auch dran zerrte, daher versuch te er, durch die Tür hinauszukommen, aber die wollte sich nicht öffnen lassen, denn die Bombe hatte die ganze Treppe weggerissen und die Tür versperrt. Deshalb ging sie nicht auf. Er geht also zum Fenster und fängt an zu rufen, aber draußen ist nur ein Riesenkrater. Man versucht eine Leiter heranzuschaffen, die Nachbarn oder wer auch immer, aber der Krater ist im Weg, und die Feuerwehr kann wegen der Trümmer auch nicht durchkommen. – Hau ab, Page!«
    Das sagte er zu Wally, der herangelaufen kam, als wir die Treppe hinuntergingen und uns beiden je einen saftigen Hammer auf den Oberarm verpaßte.
    »Erzählt er dir wieder einen großen Scheiß, Stubby? Du solltest dir diesen Bastard mal zur Brust nehmen – der klaut sich ständig unsere Rasierklingen.«
    »Er hat mir von Aylmer und seiner Alten erzählt, als sie von der Bombe getötet wurde.«
    »Ach das! Diese Scheißnummer! Das reicht einem bald! – Meinst du denn, unser alter Jack wäre der einzige Bursche, dem seine Alte weggestorben ist?«
    »Nun erzähl schon weiter, Geordie! Was ist denn nun mit ihm in seinem Schlafzimmer passiert?« fragte ich.
    »Nicht viel«, sagte Geordie, während wir in die Messe marschierten und uns an der Schlange Männer anstellten, die darauf warteten, daß Rusk endlich seine Kelle schwang. Er sah sich um und versuchte, den Faden der Geschichte wiederzufinden. »Er hing den ganzen Tag in dem Schlafzimmer fest, mit seiner toten Alten im Bett, das voller Blut war. Er drehte fast durch. Es fing an zu regnen, und es war mittlerweile Mittag geworden, und der Regen rauschte durch die Decke, denn das Dach war von dieser dicken Bombe weggerissen worden, und so verbrachte er die ganze Zeit, und als sie ihn schließlich befreiten, versuchte er den Regen von seiner Alten abzuhalten.«
    »Himmel, ich wette, er hat mit ihr noch eine letzte Nummer geschoben, ehe sie sie weggekarrt haben«, sagte Page. »Dieser dreckige Bastard …«
    Nach dem Klumpen Haferbrei gab es Speck und So jawürstchen, die Diät der vergessenen Armee.
     
    Liebe und Tod – wie wir doch darüber lachten! Dennoch ließen sie alles andere ziemlich verblassen. Alle Vorgänge dieses Tages, der mit Packen und Aussortieren ausgefüllt war, wurden davon weggeblendet, wie von grellem Sonnenschein.
    Während wir alte Ausgaben von Zeitschriften wegwarfen, die mir meine Schwester geschickt hatte, dachte ich daran, daß wir Indien verlassen würden. Waren wir überhaupt jemals in Indien gewesen? Es war unglaublich! Da war die Bühne für eine heiße Liebesaffäre, komplett mit üppiger Vegetation und unheimlichen Schatten – ein Land, in dem Liebe eine Intensität erreichen konnte, die im trüben englischen Klima völlig unmöglich erschien; doch keine Geliebte bot sich an. Die Frauen hier liefen in schrecklichen Verkleidungen herum, zurechtgemacht als Huren in Lumpen oder, in plissierten Tennisröckchen, als Memsahibs von Offizieren. Und alle waren verboten!
    In Burma oder Assam gäbe es all das überhaupt nicht mehr. Nur Krieg. Sogar die Träume von Liebe, die Gedanken daran mußten verdrängt werden. Nicht einmal Jock McGuffie mit seinem Wahnsinnsplan, aus der aktiven Truppe auszusteigen, konnte mich retten.
    Es gibt Zeiten im Leben eines Mannes, da beschäftigt er sich fast ausschließlich mit den Ansprüchen seines Schwanzes. Dies sind die Zeiten, in denen er in der Lage sein sollte, seinen Wünschen zu folgen, in die Richtung zu gehen, in die der Schwanz zeigt, und herauszufinden, wo und wie das Herz der Welt schlägt.
    Was hatte es statt dessen gegeben? Zwei kurze Abstecher in schmierige Puffs und verdammt viel Herumgewedele. Ich war im Begriff, mich selbst zu zerfleischen, wie der Affengott.
    Der Ortskommandant von Kanchapur hielt uns beim Abschiedsappell eine Rede, adrett, massig, unbeweglich im Schatten stehend, während wir unbeweglich in der Sonne schwitzten, um ihm zuzuhören.
    »Ihr habt euch gut gehalten. Ihr müßt stolz sein zu wissen, daß ihr nun vollständig ausgebildete Kampfmaschinen seid. Eure Ausbildung in kombinierten Operationen war nicht umsonst. Ihr habt unter praktisch allen Einsatzbedingungen, die ihr mit ziemlicher Sicherheit in Burma oder Assam antreffen werdet, Erfahrungen gesammelt. Ihr seid eine ganz tolle Truppe, eine Zierde der Division, der ihr angehört, und bereit für die Aufgabe, für die ihr ausgebildet wurdet: die Befreiung Burmas von den Japanern. Ich wünschte, ich könnte mit euch gehen

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