Der Aufstand
Nähe?»
Sie hörte, wie Rumble auf der Tastatur seines Laptops tippte. «Ich schicke Ihnen Mundhra und Becker», sagte er nach einem kurzen Moment. «Sie kommen zum vereinbarten Treffpunkt.»
«Verstanden. Sie sind ein Schatz, Harry.» Alex klappte ihr Handy zu. «Rumble schickt uns Verstärkung», informierte sie Greg. «Gehen wir zurück zum Wagen.»
Der Jaguar war in einer Nebenstraße abgestellt, keine zwei Minuten Fußweg entfernt. Zwischen den Menschenmassen um Rudis Restaurant und dem geschäftigen Treiben am Piccadilly Circus durchquerten sie einen relativ ruhigen Abschnitt, vorbei an einer Davidoff-Filiale und der Beretta-Boutique. Auf einer Stufe lag etwas, das wie ein Haufen Lumpen aussah. Im Vorbeigehen sah Alex, dass es sich um eine junge Obdachlose handelte. Ihr ganzer Besitz steckte in einer Tesco-Einkaufstüte, die neben ihr lag. Ihre Hände und ihr Gesicht wirkten wie vom Leben auf der Straße vorzeitig gealtert. Alex blieb stehen und blickte auf sie hinab.
«Sie wollen doch wohl nicht …», sagte Greg.
«Sie aussaugen?» Alex schüttelte den Kopf. «Das wäre zwar leichte Beute, aber die meisten von denen sind zu sehr mit Alkohol und Drogen abgefüllt. Schlechtes Blut.» Sie seufzte. «Nein, aber manchmal tun mir die Menschen fast schon leid. Sehen Sie sich die Kleine nur an.»
Sie gingen weiter und bogen in die Nebenstraße ein, in der sie den Jaguar geparkt hatten. Als sie keine zwanzig Meter mehr von ihm entfernt waren, traten plötzlich drei Jugendliche aus einer finsteren Nische und verstellten ihnen den Weg. Nach der Uhrzeit fragen wollen die nicht, dachte Alex. Mir soll’s recht sein …
Ihr Anführer war der schlaksige Weiße in der Mitte. Er grinste sie durch einen strähnigen Schnurrbart an und sah mit den verfilzten Dreadlocks über seinen Ohren wie ein Spaniel aus. Er griff in die Tasche seines Kapuzenpullovers. Alex folgte der Bewegung und sah das billige Küchenmesser in seiner Hand aufblitzen.
«’n Abend, Leute. Dürfte ich um eure Kohle bitten?», forderte der Anführer, während er Alex von Kopf bis Fuß musterte. Als er die Uhr an ihrem Handgelenk entdeckte, wurde sein Grinsen breiter. «Wenn das mal keine TAG Heuer ist, Schätzchen. Bin beeindruckt», sagte er süffisant.
Alex wandte sich an Greg. «Für diese Exemplare habe ich kein Mitleid übrig.»
«Hör auf mit dem Geschwätz und rück dein verdammtes Geld raus!»
Sie blickte ihn ruhig an. «Wohl kaum, Hündchen.»
«Wie hast du mich genannt?»
«Mit dem Messer im Arsch siehst du bestimmt lustig aus.»
Hündchen fuchtelte mit der Klinge vor Alex’ Gesicht herum. «Ich bring dich um, du Schlampe.»
«Zu spät», erwiderte sie, während sie gelassen die Klinge betrachtete. «Ich bin schon tot.»
«Was –»
Bevor er weitersprechen konnte, hatte Alex ihm das Messer aus der Hand geschlagen und ihn über die Motorhaube eines parkenden Range Rover geschleudert. Seine Kumpels machen keine Anstalten, ihm zu helfen, sondern suchten das Weite.
Alex packte den Typ mit den Dreadlocks, zog ihn mit einer Hand vom Boden hoch und hielt ihn so, dass er mit den Füßen in der Luft zappelte. Sie ignorierte seine verzweifelten Versuche, sich zu wehren, und wandte sich an Greg. «Das hier ist Ihre Chance.»
«Was wollen Sie damit sagen?»
«Na was wohl? Es ist höchste Zeit.»
Greg wirkte gequält. «Was, hier?»
«So läuft das eben, Greg. Wir machen es schon seit Jahrtausenden so. Schauen Sie mir einfach genau zu, ja?» Sie spürte, wie ihre Fangzähne gegen ihre Lippen drückten, als sie sich dem Hals ihres Opfers näherte. Sein Gestank nach Straße und Alkohol interessierte sie nicht, alle ihre Sinne waren jetzt auf das Blut gerichtet, das unter seiner Haut in seinen Adern pulsierte. Pochendes, köstliches, lebenspendendes Blut.
Er schrie und wand sich verzweifelt, als ihr Biss in sein Fleisch drang. Nach wenigen Augenblicken unendlich köstlicher Vorfreude, die in ihrer Intensität mehr als erotisch war, begann das Blut zu fließen. Sie fing an zu saugen, und der warme Saft rann ihr über die Zunge und floss durch ihre Kehle hinab. Sie hielt ihr Opfer fest und saugte stärker. Seit ihrer letzten richtigen Mahlzeit war viel Zeit vergangen. Während sie die Lebensenergie des Menschen in sich aufnahm, spürte sie, wie sie wieder zu Kräften kam.
Sie trank, bis der Körper in ihrem Griff erschlaffte, und ließ dann widerwillig von ihm ab. Sie wischte sich das Blut von den Lippen und schob ihn Greg zu. «Jetzt
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