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Der Auftrag

Der Auftrag

Titel: Der Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Dietz
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sich dann aber an das, was man ihr im Ausbildungslager beigebracht hatte, und sagte stattdessen: »Jawohl, Sergeant Major.« An noch etwas erinnerte sie sich. Sie erinnerte sich, dass die Position an der Spitze in Patrouillenformation eine der gefährlichsten, wenn nicht die gefährlichste war, und das bedeutete, dass es eigentlich nichts gab, wofür sie dankbar sein sollte.
    Booly nickte und ging weiter. Gunner hatte sich auf den Boden abgesenkt, eine Position, die Booly ungehinderten Zugang zu seiner mechanischen Anatomie ermöglichte, aber die Inspektion war ohnehin nur symbolischer Natur. Der Cyborg war viel zu komplex, als dass Booly ihn ausschließlich nach den Daten auf seinen Displays hätte bewerten können, und viel zu raffiniert, um irgendwelche Schwachstellen erkennen zu lassen. Außerdem würden irgendwelche Probleme an Gunners Systemen ein schlechtes Licht auf die Techs werfen, die ihn warteten, und das würden die mit Sicherheit nicht zulassen.
    Also tat Booly nur so, als würde er eine Inspektion vornehmen, und kletterte dann wieder herab.
    »Sergeant.«
    »Sergeant Major.«
    »Nicht schlecht. Gar nicht schlecht. Wir marschieren in zehn Minuten ab.«
    In Wirklichkeit dauerte es eher fünfzehn Minuten, die letzten Checklisten zu überprüfen, die neuesten nachrichtendienstlichen Zusammenfassungen zu downloaden und Marschformation einzunehmen.
    Roller hatte bereits einen Treffer abbekommen, und deshalb ignorierte Booly die Verzögerung.
    Er fand Villain, benutzte die in die Hinterseite ihrer Beine eingebauten Stufen, um auf gleiche Höhe mit ihrem Hinterkopf zu klettern, und schnallte sich in der für diesen Zweck vorgesehenen Vertiefung an. Er streifte sich seine Sichtbrille über, justierte sein Headset und stöpselte das Kabel seines Funkgeräts in die dafür vorgesehene Dose am Ansatz von Villains Duraplast-Halspanzerung ein.
    »Villain?« Boolys Stimme hallte wie ein Echo durch ihren Kopf.
    »Verdammtes Pech«, dachte sie. Die erste Patrouille war ohnehin schlimm genug, aber das mit einem Sergeant Major zu tun, der ihr auf den Rücken geschnallt war, war noch schlimmer. Es war eine weitere Demütigung, eine weitere Schmerzeinheit, wieder etwas, wofür sie sich rächen musste. Sie zwang sich zu einer Antwort.
    »Ja, Sergeant Major?«
    »Funkcheck.«
    Villain wusste, was der Sergeant Major damit meinte. Indem er sein Funkgerät in ihr Kommsystem eingestöpselt hatte, hatte Booly seine Reichweite verdoppelt. Wenn es ein Problem gab, würden ihre Testschaltungen es finden und identifizieren. Sie ließ eine Prüfroutine ablaufen.
    »Kommsystem grün.«
    »Gut«, antwortete Booly. »Sagen Sie mir sofort
    Bescheid, wenn eines Ihrer Systeme gelb oder rot wird.«
    Ja, zum Teufel, natürlich würde sie es ihm sagen. Was dachte der eigentlich? Hielt der sie für blöd?
    »Ja, Sergeant Major.«
    Ein neuer Ein-Stunden-und-zwanzig-Minuten-Tag dämmerte, als sie mit dem Aufzug zum Exerzierplatz hinauffuhren. Villain und Booly verließen den Aufzug als Erste, gefolgt von Rossif, Jones und Wutu.
    Ein Arbeitstrupp blieb stehen, um sie vorüberzulassen; geschulte Augen überflogen ihr Gerät, und zackig ausgeführte Ehrenbezeigungen wurden ausgetauscht.
    Gunners Kopf fuhr ruckartig hin und her, während seine Beine lange, tänzelnde Schritte machten. Der Cyborg war sich der Legionäre in seinem Bauch sehr wohl bewusst. Die Ehre verlangte von ihm, dass er sie beschützte, solange sie sich unter seiner Obhut befanden, aber in dem Augenblick, wo sie ausstiegen und ihm die Gelegenheit zum Sterben gaben, endete diese Verpflichtung.
    Ah, dachte der Cyborg bei sich, wie herrlich das doch sein würde. In ewige Schwärze zu fallen, wo die Erinnerungen ihn nicht finden und die Vergangenheit ihn nicht peinigen konnte, wo Friede Einzug halten würde. Einmal war er dort gewesen, aber die Sanitäter hatten in die Dunkelheit gegriffen und ihn vor dem gerettet, was er sich am sehnlichsten wünschte. Verdammt und dreimal verdammt sollte jeder von diesen Mistkerlen sein!
    Gewaltige Tore öffneten sich polternd. Im vergangenen Monat war der rechte Torflügel von einer Panzerfaust getroffen worden. Das Metall hatte sich unter der Wucht der Explosion verbogen und beklagte sich jetzt scharrend, als es an der Außenwand der Festung entlangfuhr. Kein ernsthafter Angriff, aber ein Hinweis darauf, dass die Naa zugegen waren und ihnen schaden konnten, wann immer sie das wollten.
    In Erinnerung daran spannte Booly seine Bauchmuskeln an.

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