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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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die Hand aus und berührte eine Seite seines Gesichts. Gabriel bemühte sich, nicht zurückzuzucken, als er spürte, wie das Narbengewebe über die Haut neben seinem äußeren Augenwinkel glitt. Sie lächelte traurig und ließ ihre Hand sinken. Sie legte sie auf ihren Schoß, bedeckte sie mit der anderen und nahm wieder die starre Haltung ein, in der Gabriel sie angetroffen hatte.
    Er stand auf und ging. Avery erwartete ihn im Vorraum des Gewächshauses. Er begleitete Gabriel zu seinem Wagen hinaus. Bevor Gabriel den Motor anließ, saß er lange am Steuer und dachte über ihre Hand auf seinem Gesicht nach. Es war gar nicht Leahs Art, ihn so zu berühren. Was hatte sie in seinem Gesicht gesehen? Den Streß des Unternehmens? Oder den Schatten von Jacqueline Delacroix?

2 8 Lissabo n
    Tariq erschien am Eingang des Fado-Hauses. Auch diesmal war er als Hafenarbeiter getarnt. Leichenblaß, seine Hand zitternd, als er sich eine Zigarette anzündete. Er durchquerte das Lokal und setzte sich an Kemels Tisch. »Was führt dich wieder nach Lissabon?«
    »Unser Vertrieb auf der iberischen Halbinsel muß umstrukturiert werden. Dafür bin ich mehrere Tage in Lissabon und Madrid.«
    »Das ist der einzige Grund?«
    »Und dies hier.«
    Kemel legte ein großes Farbfoto auf den Tisch. »Ich darf vorstellen: Dominique Bonard.«
    Tariq griff nach dem Foto und studierte es sorgfältig. »Komm, wir gehen zu mir«, sagte er ruhig. »Ich will dir etwas zeigen, das dich bestimmt interessieren wird.«
    Tariqs kleine Wohnung lag hoch in der Alfama. Zwei Zimmer, durchhängende Holzböden, eine winzige Veranda mit Blick auf einen ruhigen Innenhof. Er bereitete Tee auf arabische Art zu, stark und süß, und sie saßen an der offenen Verandatür, während der Regen aufs Pflaster des Innenhofs prasselte.
    »Weißt du noch, wie wir Allon in Wien aufgespürt haben?« fragte Tariq.
    »Das ist schon lange her. Du mußt meinem Gedächtnis etwas nachhelfen.«
    »Mein Bruder wurde in seinem Bett erschossen. Ein Mädchen war bei ihm - eine deutsche Studentin, eine Linksradikale.
    Einige Wochen nach Mahmouds Tod hat sie an meine Eltern geschrieben und ihnen geschildert, wie alles passiert ist. Sie werde das Gesicht des Killers ihr Leben lang nicht vergessen, hat sie geschrieben. Mein Vater hat den Brief dem PLO-Sicherheitsoffizier im Lager gebracht. Der Sicherheitsoffizier hat ihn an den PLO-Geheimdienst weitergeleitet.«
    »Das kommt mir alles vage bekannt vor«, sagte Kemel.
    »Nachdem Abu Dschihad in Tunis ermordet worden war, hat der PLO-Sicherheitsdienst Ermittlungen angestellt. Er ist dabei von einer einfachen Annahme ausgegangen. Der Attentäter kannte die Villa offenbar sehr genau. Folglich mußte er sich längere Zeit in der Nähe aufgehalten haben, um sie auszukundschaften und den Überfall zu planen.«
    »Brillante Detektivarbeit«, warf Kemel sarkastisch ein. »Hätten die Leute vom Sicherheitsdienst gleich anständig gearbeitet, wäre Abu Dschihad noch am Leben.«
    Tariq ging ins Schlafzimmer und kam wenig später mit einem großen braunen Umschlag zurück. »Sie haben die Videobänder aller Sicherheitskameras ausgewertet und mehrere Aufnahmen eines kleinen schwarzhaarigen Mannes herausvergrößert.«
    Er öffnete den Umschlag und gab Kemel mehrere grobkörnige Fotos. »Der Sicherheitsdienst hat die Verbindung zu der deutschen Freundin meines Bruders nie ganz abreißen lassen. Als ihr diese Aufnahmen gezeigt wurden, hat sie spontan gesagt, dies sei der Mann, der Mahmoud erschossen habe. Ganz  ohne Zweifel. Also haben wir begonnen, nach ihm zu fahnden.«
    »Und ihr habt ihn in Wien aufgespürt?«
    »Richtig.«
    Kemel hielt ihm die Fotos hin. »Was haben die mit  Dominique Bonard zu tun?«
    »Das hängt wieder mit den Ermittlungen nach dem Mord in Tunis zusammen. Die Leute vom PLO-Sicherheitsdienst wollten  feststellen, wo der Attentäter sich in der Planungsphase in Tunis aufgehalten hatte. Sie wußten aus Erfahrung, daß israelische Agenten sich bei solchen Unternehmen gern als Europäer tarnen. Hatte der Mann sich als Europäer ausgegeben, hatte er vermutlich in einem Hotel gewohnt. Deshalb haben sie alle Hotels von Tunis abgeklappert und dem Personal diese Fotos vorgelegt. Der Portier eines Strandhotels sagte, der Mann habe mit seiner französischen Freundin bei ihnen gewohnt. Deswegen wurden die Videobänder nochmals angeschaut - diesmal wurde nach einem Mädchen gesucht. Sie fanden eines und legten die Aufnahme dem Portier

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