Der Augenblick der Liebe
geleistet, seine Mitwirkung
im Immobiliengeschäft aufs Schriftliche einzuschränken. Er
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ist ein Lyriker, der schweigt. Als Denker Amateur. Selbst unter hiesigen Immobilienhändlern gibt es zwei (Schatz und
Kaltammer heißen sie), die sie, das Mädchen aus North
Carolina, viel anziehender finden müßte als ihn. Gut, die kennt sie nicht. Er nennt seine beiden ihm in jeder gesell-schaftlichen, überhaupt in jeder irdischen Schätzbarkeit
überlegenen Konkurrenten, um sich selber für sie, das
Mädchen aus dem Westen, richtig einzustufen. Er ist der
lehrbuchreife Mittelstand in Gewicht, Geld, Ansichten,
Aussichten. In ihm, an ihm ist nichts Mitreißendes, und
Spektakuläres schon gar nicht. Und er klassifiziert sich so im
Vergleich zu seinen beiden Konkurrenten − wohlgemerkt, er
hat, Anna sei Dank, aus dieser ihn andauernd verstörenden Konkurrenz aussteigen können − nicht etwa, um von ihr
oder von irgend jemandem sonst das Gegenteil zu hören. Er
− das immerhin hat seine auf sich selbst, also auf wenig bis nichts gestellte Existenz erbracht − er ist versöhnt, überhaupt
versöhnt, aber auch versöhnt mit sich selbst. Er gibt zu, das
ist die erste Aussage in dieser Selbstpreisgabe, die nicht ganz
und gar wahr ist. Und alles, was nicht ganz und gar wahr ist,
ist komplett erlogen. Es gibt keine Halbwahrheit. Aber
erlogen, das heißt nicht, daß etwas vorwerfbar sei. Erlogen, das heißt nur, daß es sich um Nochnichtverwirklichtes
handelt. Man muß, was man noch nicht schafft und ist, zu erlügen versuchen (im Sinn von erreichen, erfühlen usw.)
Also, was er alles nicht ist! Nicht einmal ein Blender ist er.
Ihm fehlt die überall verlangte, erwartete und akzeptierte Hochstaplerbegabung fast ganz. Soll sie doch, bitte, einmal, flüchtigst, von seinen beiden Konkurrenten, ehemaligen
Konkurrenten Kenntnis nehmen. Da ist zuallererst Jarl
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F. Kaltammer, der, ganz früh, seinen Namen dressiert hat zur Produktion von Kennedy‐Initialen. Dann radikal links,
Anführer bei Häuserbesetzungen, Verfasser des Aufrufs, den
Immobilienhandel als obsolet und politisch unsittlich abzu-haffen, inzwischen läßt er sich in Privatflugzeugen zu seinen
Objekten fliegen, ist ausschließlich Schlössermakler, er‐
scheint vor dem Notar entweder in flaschengrünen oder in bordeauxroten Seidenanzügen, seine Firma residiert auf
Little Cayman, zahlt also dem deutschen Staat keine Steuern,
aber nicht aus Geiz, sondern aus Verachtung, er ist Anar-chist, und als Staatsverächter gilt er als Intellektueller. Auf dem Kopf hat dieser Kaltammer eine platinhelle Haartracht,
die man, solange man nicht versucht hat, sie herun‐
terzureißen, für naturwüchsig halten muß. Zweitens, das
prachtvoll heimisch‐demokratische Gegenstück und Su‐
permannsbild Paul Schatz, die Beliebtheit schlechthin. Also, jetzt das Geständnis aller Geständnisse, dessen außer ihr noch kein Mensch teilhaftig werden durfte: Gottlieb mußte den Handel quittieren, weil es diesen Paul Schatz gibt.
Irgendwann einmal, es war an einem Abend im Juni, das ist
hier der eigentliche Lebensmonat, da mußte er sich Paul
Schatz mit stehendem Geschlechtsteil vorstellen. Von diesem
Abend an konnte er sich gegen diese Vorstellung nicht mehr
wehren. Wenn er auch nur an Paul Schatz dachte oder wenn
dessen Namen erwähnt wurde, und das war sozusagen
andauernd der Fall, sah er den verhältnismäßig kleinen Paul
Schatz hinter seinem hochstehenden Geschlechtsteil stehen.
Er fing an, sich zu wehren, stellte sich Paul Schatz als Bankbeamten hinter dem Schalter vor, auf dem Tennisplatz,
im Konzert, in Situationen, die ein stehendes Geschlechtsteil
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einfach unwahrscheinlich machten, es nützte nichts. Also
gut, wenn er sich Paul Schatz nur noch so denken konnte, so
würde er sich eben daran gewöhnen, sich Paul Schatz so zu
denken. Was sollʹs. Soll der eben mit ewig stehendem
Geschlechtsteil herumlaufen. Das mußte Paul Schatz mehr
stören als ihn. Aber zu einer wirklichen Entspannung
führten solche Übungen nicht. Es blieb quälend, sich Paul Schatz so vorstellen zu müssen.
Brennen sich ihm nur Vorstellungen ein, die ihn quälen?
Neigt er zu ihn Quälendem? Auf jeden Fall konnte er froh sein, daß Anna den Handel übernahm. Bei Rousseau und La
Mettrie fühlte er sich fast geschützt vor Schatz‐ und
Kaltammer‐Heimsuchungen. Ihr, dem Mädchen aus North
Carolina, gestehe er, was er sonst in sich hineinschließe:
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