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Der Augenblick der Liebe

Der Augenblick der Liebe

Titel: Der Augenblick der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
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heute
    die Green Card, die endgültige Arbeitserlaubnis, gekommen
    sei. Jane: Evelyn habe die doch schon am Vormittag
    abgeholt. Jane zu ihr: Das hat er gewußt. Der hat das nur gefragt, um Beate zu ärgern. Jetzt mußte geweint werden.
    Mit verheultem Gesicht zum Graduate Student Meeting.
    Und gleich wieder raus. Zu Rosenne. Bevor sie etwas von sich sagen kann, muß er mitteilen, daß er in seinem
    Nietzsche‐Kurs mehr als hundert Studenten hat. Sie hat zum
    Glück die Sonnenbrille vor ihren verquollenen Augen. Aber
    Rosenne sagt dann, er werde helfen. Im Fakultäts‐Casino
    zwei Martini Extra Dry. Ein Cheeseburger. Rick Hardy
    kommt samt Tablett an ihren Tisch, benimmt sich demütig, wanzt sich richtig an, sie spürt, daß sie das brauchen kann.
    Bietet ihm an, ihn heimzufahren. Er hat ja, weil immer Elaine
    fuhr, nie einen Führerschein gemacht. Vor seinem Quartier reden sie weiter. Das heißt, Rick redet. Er redet und heult.

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    Daß sie ihn nicht angezeigt hat wegen seiner Attacke, die keine war, aber ein Unsinn war es, eine Schwäche, ein totaler
    Ausrutscher, eine Jämmerlichkeit, die man sich nicht, die man sich niemals verzeihen kann, daß sie ihn aber nicht denunziert hat, daß sie sofort diesen Rückzieher gemacht
    hat, sie hätte ihn doch vernichten können, und hatʹs nicht getan, eine kann einen vernichten, und tutʹs nicht, wo gibtʹs
    denn so was, also wirklich, das sitzt bei ihm so tief oder traumatisch, tut auf jeden Fall weh, er hat das Gefühl, er müsse ihr irgendwann einmal die Hände um den Hals legen,
    um ihr zu beweisen, daß er diesen Griff eher zärtlich als drohend meine, ein bißchen Drohung gehört zu jeder
    Zärtlichkeit, ob sie das anders sehe? Jetzt protestierte die Nachbarin. Der Motor lief noch. Wurde abgestellt. Richard redete weiter. In dieser schürfenden Art. Bis kurz vor
    Mitternacht. Auch als er nichts mehr hatte in dieser
    schürfenden Art. Aber er hat immer etwas, das man nur von
    ihm erfahren kann. Wahrscheinlich wäre er, wenn er nicht andauernd die gesamte UNC ausspionieren müßte, längst
    Harvard‐Professor. Wenn er dann aber ein paar Bytes aus
    seinen Nachrichtendateien aufmarschieren läßt, ahnt man,
    daß man eine Karriere genau so gut auf Nachrichten‐
    beschaffung wie auf Wissenschaft gründen kann. Und er
    weiß, was er wem zu servieren hat. Glen O. Rosenne ist also
    seit drei Jahren Klient von Dr. Douglas. So etwas läßt Rick Hardy verlauten unter der Rubrik: Wie du ja weißt. Und er weiß genau, wie sensationell diese Mitteilung wirkt. Und
    macht so weiter. Zwischen Sue‐Ann Rosenne und dem
    Gatten Glen reime sich nichts mehr. Dr. Douglas habe
    erklärt, er sei mit seinem Latein bald am Ende. Natürlich 104
    wollte Beate jetzt mehr wissen. Wenn möglich, alles. Aber Rick war auch darin Meister. Für heute reichtʹs. Vielleicht schon bald mehr. Dann vielleicht sogar ALLES. Und drückte
    ihr die Hand, als wolle er nur den Unterschied zum
    Professor demonstrieren. Und ging. Als er verschwunden
    war, wollte sie den Pontiac starten. Aber der reagierte nur mit einem erbärmlichen Gurgeln. Die Batterie leer. Sie rannte
    hinter Rick her, der war schon im Haus verschwunden. Sie rannte zurück zum Auto. Der Schlüssel drin. Die Türen auf Schließen gedrückt. Zu Fuß heim. Morgen AAA anrufen. Mit
    Ersatzschlüssel hin. Warten bis die Batterie geladen ist.
    Die Stelle in Vassar, die ihr in Aussicht gestellt worden war, wird nicht frei. Die Frau, die man dort loswerden
    wollte, hat durchgesetzt, daß sie bleiben kann.
    Das Ticket nach San Francisco liegt vor ihr auf dem Tisch.
    Billigflug. Daß er jetzt vorsorglich sein Alter grell beleuchtet, findet sie sowohl lustig wie auch lieb. Männer stehen doch zu ihrem Äußeren, egal, wie alt sie sind. Sie war zwei Jahre
    mit einem Mann zusammen, dem es bei einem Autounfall
    die Kopfhaut verbrannt hatte, der ein dezentes Haarteil trug,
    das sie erst als solches erkannte, als sie von anderen darauf aufmerksam gemacht wurde. Genügt ihm das?
    Ob er ahnt, daß es Wörter gibt, mit denen sie noch nie bedacht wurde. Liebes nennt er sie. So hat sie noch niemand
    genannt. Und sie mußte nicht lachen. Daß seine Wörter einen
    Oberton haben, der aufs zarteste komisch ist, muß er ahnen.
    Daß er solche Wörter trotzdem benützt, offenbar nicht
    anders kann, als sie zu benützen, das geht ihr durch und durch. Daß er gefürchtet hat, die durch Magdas unerklärliches Verschwinden entstandene achttägige Unterbrechung

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    des

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