Der Augenblick der Liebe
doch sagen: New
York ist Spitze. Und der Vater: Eines Eisbergs. Sie mußte sagen: Ach, Papa. Und ihn ein bißchen küssen.
Am dritten Tag lag der Blaue, also Hansel, reglos im Käfig.
Und der Gelbgrüne, also Gretel, saß reglos stumm auf der Stange und sah auf Hansel hinab. Hansel war tot. Alt war er
noch nicht gewesen. Als sie gestern heimgekommen war,
hatten beide sich benommen wie immer. Immer ein bißchen
zu laut. Vielleicht hatte Hansel das Genick gebrochen. Hatte
Gretel mit einem Kunststück imponieren wollen. Sie wickelte
ihn ein, trug ihn hinaus, kratzte in dem kleinen Park mit der
Büroschere ein Grab, beerdigte ihn, am nächsten Morgen
kaufte sie im Zoogeschäft einen Nachfolger. Taufte ihn
Hansel. Der benahm sich überlebendig. Der benahm sich
genau so wie sich Hansel noch gestern benommen hatte.
Gretel akzeptierte ihn. Also würde die Mutter nichts merken.
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Die Eltern rauschten floridagesättigt herein, bedauerten ihre
arme Tochter ebenso sehr, wie sie sie bewunderten − Tag und Nacht sitzt die und übersetzt diesen vertrackten Text für
die Tagung −, luden Hansel und Gretel ein, verstanden, daß
die Tochter dieses Mal überhaupt nicht gesellig war, und waren fort.
Er würde an einen Pfeiler gelehnt stehen. Sie war all‐
mählich im Stande, sich nur noch mit Konkretem zu be‐
schäftigen. Keine Panikszenarien mehr. Nur noch, was Sache
ist beziehungsweise sein wird. Wie geht es dir, wird sie sagen. Und er: Ich liebe dich auch. Und ohne das auch wäre ihr der Satz lieber. Vielleicht läßt er dieses auch weg. Dann der Gang zum Hertzschalter. Nein, das hat er ja schon
erledigt. Er ist ja schon seit dem Vormittag im Land. Im Hotel. Also, der Gang zum Auto.
Bis zuletzt wußte sie nicht, was sie anziehen würde. Sobald
sie sich für ein Kleid entschieden hatte, drängten sich die Nachteile dieses Kleids vor. Also das nächste. Bis sie wieder
beim ersten war. Dessen Nachteile waren durch den
Vergleich mit den anderen Kleidern nicht weniger grell
geworden. Es war ein Spiel. Ein Aufregungsgenußspiel. Eine
Befreierin kann anhaben, was sie will. Sie mußte ohnehin, sobald sie anziehen dachte, an ausziehen denken. Sie wußte, sie war jetzt verrückt. Aber gefahrlos verrückt. Sie war selig
verrückt. Ihr Begleitpaar Angst und Wut gab es nicht mehr.
Sie wußte nicht mehr, wie das war, eingeklemmt zwischen
Angst und Wut. Sie war so leicht wie noch nie. Steine in die
Manteltaschen, das brauchte sie. Sonst hob sie ab.
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III.
Auseinanderkommen
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I.
Im Zimmer riß er sofort ein Fenster auf und hörte dem
Geräuschgemenge zu wie einer Botschaft. Daß die Fenster
des Flughafenhotels sich öffnen ließen, machte ihm den
Hotelkasten sympathisch. Jenseits der weiten Betonpisten,
der abgestellten Flugzeuge, der hohen Zäune das Meer.
Wenigstens der Teil, der San Francisco Bay heißt. Die farbigen Flugzeuge, Riesenvögel, aber kein bißchen zu groß für
die Wasserweite. Obwohl sich die Bay keine Brandung
gestattete, war das Ufer an diesem Mittagsaugenblick von
einer weißen Schaumrüsche geziert. Bräutlich, dachte
Gottlieb.
Von seinen zehntausend Dollar versorgte er gleich einmal
neuntausendfünfhundert im Safe. Und kam sich vor wie im
19. Jahrhundert. Nach einem Code gefragt, fiel ihm nur
Annas Geburtsdatum ein. Im Flugzeug, beim Ausfüllen der
Fragebögen für die Einreise, hatte er die Zehntausend, die er
bei der Bank aufgenommen hatte, nicht angegeben. Seinen
Bankherren hatte er ein Geschäft in Kalifornien vorgegau‐
kelt. Landkauf im Sonoma Valley. Zukunftsreichstes Wein‐
land der Welt. Er fliegt da für einen Kunden hin. Sogar Anna
gegenüber hatte er getan, als werde er in den drei Wochen nebenbei noch einen Angebotskatalog für deutsche Anleger
aufreißen. Das mußte er auch sich selber vormachen. Selbst wenn man weiß, daß das, was man sich vormacht, nur etwas
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Vorgemachtes ist, wird aus dem Vorgemachten etwas Spür‐
bares, Fastreales. Man kann überhaupt nicht lügen, ohne an
das, was man lügt, zu glauben. Ein bißchen. Man kann nicht
andere hereinlegen, ohne sich selbst hereinzulegen.
Zumindest Gottlieb konnte das nicht. Schau lieber hinaus auf
die bräutliche Rüsche. Das ist doch die reine Möglichkeit.
Und dieses Hotelzimmer in seiner grandiosen Vermeidung
von allem Persönlichen! Auch der geringste Anhauch von
Persönlichem, gar Geschmack, könnte falsch sein, könnte
stören. Dieses Zimmer aber, in seiner
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