Der Augenblick der Liebe
so weit sein werde, daß er, der Jubellaut, wahrscheinlich, höchstwahrscheinlich sogar, für
immer und ewig im dunkelsten Innersten zu bleiben und
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dort gespensterhaft zu verkümmern habe. Und jetzt durfte er
heraus, der Jubellaut. Der Laut entrang sich ihr. Er hatte Mühe, herauszugelangen. Es war die Geburt eines Lauts. Sie,
die Befreierin. Und das würde Gottlieb W. Zürn in Berkeley
öffentlich kundtun! Er würde nach Amerika gekommen sein,
weil er sich, wie Montaigne‐La Mettrie es empfehlen, zum Thema gemacht und damit der Aufgabe, über La Mettrie zu
sprechen, beispielhaft entsprochen hat.
Und sie fing an, den Schicksalstext zu übersetzen. Das
Befreiungsevangelium, die Frohe Botschaft. Sie hatte noch
nie einen Text übersetzt, den man, wenn man ihn las, vollkommen versteht, aber nachher, wenn man ihn übersetzen
will, sträubt er sich. Deutsch teilt er sich einfach mit. Aber wenn man diese Einfachheit ins Englische überträgt, ist sie nicht mehr da.
Den Verfasser anrufen. Egal, wer da an den Apparat kam.
Und prompt kam sie. Mein Mann ist im Augenblick nicht zu
sprechen. Die wußte Bescheid. Die würde ihrem Mann nicht einmal mitteilen, daß er aus Amerika angerufen worden war.
Es geht um den Vortragstext, hatte sie noch, zunehmend
hilflos, in den Hörer gerufen. Aufgelegt. Das Transatlantik-rauschen. Mein Mann. Das besitzanzeigende Fürwort. Aber Beate konnte nicht aufgeben. Sie rechnete. Wenn die Frau in
Pfullendorf und sonst wo war, mußte er an den Apparat
kommen. Der Gefangene. Und er kam an den Apparat. Sie
jubelte. Ihm zu. Dem Text zu. Gestand aber unterwürfig, daß
sie das nicht ohne ihn ins Englische zu bringen wage. Sie macht eine Rohfassung. Dieses Wort endlich in einer sie
begeisternden Verwendung. Er kommt, dann schmiegen sie
gemeinsam den Text ins Englische. Das heißt aber, daß er 129
nicht vierundzwanzig Stunden vor der Tagung eintrifft,
sondern vier, fünf, am besten sechs oder sieben Tage. Am Montag, dem 19. März. Sie wird freinehmen. Das wird nicht
leicht sein. Sie kann das nur fordern, weil die Übersetzung das fordert. Er klang sowohl glücklich wie bedenklich. Am liebsten käme er vierzehn Tage vorher, aber er wisse schon jetzt, daß mehr als vier Tage vorher nicht drin seien. In was
drin, dachte sie und sagte: Wenn du meinst. Er so kleinlaut wie noch nie: Ich nicht, aber ... Und ließ den Satz routiniert hängen. Sie sagte: Ich verstehe. Und er: Danke. Sie legte auf.
Warum wurde es ihr jetzt nicht schlecht! Warum kotzte sie jetzt nicht! Weil sie es nachher selber wieder aufputzen müßte. Nein, nein. Einer Frau in historischer Funktion und Mission wird es nicht mehr schlecht. Sie wird gebraucht. Sie
ist die Befreierin. Und das ist weder Anmaßung noch
Einbildung. Rise to the Occasion.
Wie immer Anfang März, die floridasüchtigen Eltern. Die
Wellensittiche als Vorwand, in North Carolina Station zu
machen und der Tochter zu Taten zu raten, zu Eltern‐
entlastungstaten. Keine Antique Malls diesmal. Die Mutter
machte einen gesättigten Eindruck. Sie hatte gerade per eBay
ein zwölfteiliges Meißen‐Service, produziert 1935, für ganze sechzehnhundert Dollar erschachert und in abenteuerlicher
Fahrt droben in New Hampshire selber abgeholt. Der Vater fragte wie immer, ob ein Heiratskandidat in Arbeit sei, und fragte wieder so, daß er seine Art zu fragen für taktvoll halten konnte. Sie klagte nicht − und über nichts. Schon lange
nicht mehr. Sie hatte einmal, beiläufig, eine Verstimmtheit mit these days of the month begründet, darauf der Vater: Was sie beklage, habe sie sich selbst zuzuschreiben, solange
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sie sich ihrer weiblichen Bestimmung verweigere. Seitdem
vermied sie in seiner Gegenwart jede Art Klage. Er dagegen
klagte auch diesmal und wie immer: Noch nie sei es so
schwer gewesen wie jetzt, deutsche Autos in New York zu verkaufen. Und dann auch noch von Mercedes. Die
oberschlauen Bayern hätten in New York einmal einen
installiert, der sei beim Jungvolk gewesen, Bʹnai Brith habe das als harmlos bezeichnet, da der hier schon zweimal
verheiratet gewesen sei, zweimal mit einer Jüdin, zweimal nach jüdischem Ritus. Und schaute dabei seine Frau fast
vorwurfsvoll an. Also sagte sie: Dann hau doch ab. Er nickte
ganz langsam und sagte, er wolle doch nur sagen, daß es nicht leicht sei. Und sie vollendete: Deutsche Autos zu
verkaufen, ja, ja. Und er, weil sie das ausgelassen hatte: In New York. Da mußte die Tochter dann
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