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Der Augenblick der Liebe

Der Augenblick der Liebe

Titel: Der Augenblick der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
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Nichts als makelloses Einssein mit ihm soll sie erleben. Alles  andere ist auswärtig, jenseitig, hirnrissig. Quatsch mit Sauce.  Er und Anna. Anna und er. Basta. 
Anna begreift seinen Eifer als Liebeserklärung. Zum Kaffee  Calvados.  Als  Anna  sieht,  daß  er  sich  auch  ein  Gläschen  hinstellt  und  einschenkt,  sagt  sie  spöttisch:  Unglaublich.  Er  nickt.  Das  gehört  doch  alles  dazu.  Auch  daß  er  sagt:  Aufs  Wasser. Anna streckt sich. Er hat es getroffen. Aufs Wasser!  Gottlieb  handelt.  Er  genießt  es,  so  beansprucht  zu  sein.  Er  weiß, was er tun muß. Mehr muß er nicht wissen. Also, sagt  Anna und steht auf. Aber ja, sagt 
Gottlieb  und  steht  auf.  Anna  in  Weiß,  Gottlieb  in  Königs blau. Eine Notwenigkeit nach der anderen. 
Ich  bitte  Sie  an  Bord,  Majestät.  NIOBE   ist  getakelt.  Wir  stechen in See. Am Wind aus Südwest kommen wir hin, wo  wir  hinwollen.  Aber  wo  wollen  wir  hin,  Königin?  Königin  Anna. AnnaKönigin. Ihr Lager ist bereitet. Gottlieb widmet  sich den Schoten, dem Ruder, den Tüchern. Wenn der Wind  einschläft, legt er sich zu Ihnen in die Kajüte. Aber der Wind  wird  nicht  einschlafen.  Die  Lichter  blinken.  Blinken  aber  träge. Vorwarnung, mehr ist es nicht. Dabei wird es bleiben.  Die  Wolkenwand  in  Südwest  wird  bleiben,  wo  sie  ist,  oder  gegen  Nordwest  vorbeiziehen.  Und  käme  es  zu  einem  Gewitter,  ihm  wär¹s  recht.  Sie  werden  schon  schlafen,  Königin.  Entweder  läßt  Ihr  Kapitän  Sie  durch  mehrspra chigen  Donner  wecken  oder  er  weckt  Sie  selber.  Weckt  Sie  mit  der  zartesten  und  zudringlichsten  Zunge  der  Welt.  Zunge á la Zürn serviert er Dir, AnnaKönigin. Sie läßt sich  seine Bedienung nirgends so gern gefallen wie auf dem Boot.  Sanft  rauscht  das  Boot,  liegt  leicht  am  Wind,  die  Königin  grüßt  ihren  Kapitän  und  legt  sich  flach.  Noch  brennt  der  PrimusKocher, der hervorragende, auf dem der Kapitän ihr  den  Kaffee  gekocht  hat.  Sie  braucht  Kaffee  und  Calvados,  wenn sie in der Kajüte liegt und ihre Zigaretten raucht. Dein  FünfzehnerJollenkreuzer  liegt  schön  am  Wind,  der  Wind  frischt  auf,  bleib  bei  den  Schoten,  Gottlieb,  drüben,  wo  der  Bodanrück  mit  seinen  seesüchtigen  Tannen  Windschatten  spendet, kannst du, wenn das Wetter harmlos bleibt, die Tü cher bergen und dich faul sein lassen, in der Kajüte, bei der  Königin oder oben an Deck, sanft geschaukelt, die Zeit über  Bord  gehen  lassen  und  samt  NIOBE   in  der  Ewigkeit  verschwinden.  Dann  dieser  dumpfe  Knall.  Du  begreifst  sofort. Das Boot hatte Lage, die Primusflamme erlosch, aber  das  Gas  strömte  weiter  aus,  Anna  dösend,  rauchend,  merkt  nichts, die Zigarette zündet¹s, Kajütenbrand. Die Blinklichter  der  Sturmwarnung  drehen  sich  doppelt  so  schnell.  Die  Westwand  ist  da.  Die  ersten  Böen  schürfen  Schatten  in  den  See.  Die  Notwendigkeit  übernimmt  das  Kommando.  Am  Vorluk  läßt  er  den  Rolladen  herab.  Die  Kajüte  ist  ge schlossen.  Anna,  im  Calvadosschlaf.  Gasexplosion.  Der  weiße  Mohairpullover  brennt.  Gottlieb  öffnet  ein  Boden ventil,  flutet  das  Boot.  Er  weiß  nicht,  warum.  Fluten,  denkt  er.  Den  Brand  löschen  durch  Fluten.  Dann  aber  über  die  Badeleiter ins Wasser und geschwommen. Der Bodanrück ist  schon  näher  als  das  Nordufer.  Noch  die  Schuhe  abstreifen.  Dann  ruhige  Züge.  Nicht  zurückschauen.  Selbst  wenn  da  Rauch aufstiege, in fünfzehn Minuten ist  NIOBE  verschwun den. 150 Meter tief hier der See. Sollen sie Professor Piccard  aus Genf herrufen, soll er den Grund absuchen, sollen sie die  NIOBE   finden  in  150  Meter  Tiefe,  sollen  sie  sie  heben,  die  verbrannte  Kajüte,  die  arme  Anna,  ein  Explosionsunglück,  zu  retten  ist  nichts,  schwimm,  Gottlieb,  schwimm.  Und  er  schwimmt.  Nicht 

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