Der Augenblick der Liebe
Nichts als makelloses Einssein mit ihm soll sie erleben. Alles andere ist auswärtig, jenseitig, hirnrissig. Quatsch mit Sauce. Er und Anna. Anna und er. Basta.
Anna begreift seinen Eifer als Liebeserklärung. Zum Kaffee Calvados. Als Anna sieht, daß er sich auch ein Gläschen hinstellt und einschenkt, sagt sie spöttisch: Unglaublich. Er nickt. Das gehört doch alles dazu. Auch daß er sagt: Aufs Wasser. Anna streckt sich. Er hat es getroffen. Aufs Wasser! Gottlieb handelt. Er genießt es, so beansprucht zu sein. Er weiß, was er tun muß. Mehr muß er nicht wissen. Also, sagt Anna und steht auf. Aber ja, sagt
Gottlieb und steht auf. Anna in Weiß, Gottlieb in Königs blau. Eine Notwenigkeit nach der anderen.
Ich bitte Sie an Bord, Majestät. NIOBE ist getakelt. Wir stechen in See. Am Wind aus Südwest kommen wir hin, wo wir hinwollen. Aber wo wollen wir hin, Königin? Königin Anna. AnnaKönigin. Ihr Lager ist bereitet. Gottlieb widmet sich den Schoten, dem Ruder, den Tüchern. Wenn der Wind einschläft, legt er sich zu Ihnen in die Kajüte. Aber der Wind wird nicht einschlafen. Die Lichter blinken. Blinken aber träge. Vorwarnung, mehr ist es nicht. Dabei wird es bleiben. Die Wolkenwand in Südwest wird bleiben, wo sie ist, oder gegen Nordwest vorbeiziehen. Und käme es zu einem Gewitter, ihm wär¹s recht. Sie werden schon schlafen, Königin. Entweder läßt Ihr Kapitän Sie durch mehrspra chigen Donner wecken oder er weckt Sie selber. Weckt Sie mit der zartesten und zudringlichsten Zunge der Welt. Zunge á la Zürn serviert er Dir, AnnaKönigin. Sie läßt sich seine Bedienung nirgends so gern gefallen wie auf dem Boot. Sanft rauscht das Boot, liegt leicht am Wind, die Königin grüßt ihren Kapitän und legt sich flach. Noch brennt der PrimusKocher, der hervorragende, auf dem der Kapitän ihr den Kaffee gekocht hat. Sie braucht Kaffee und Calvados, wenn sie in der Kajüte liegt und ihre Zigaretten raucht. Dein FünfzehnerJollenkreuzer liegt schön am Wind, der Wind frischt auf, bleib bei den Schoten, Gottlieb, drüben, wo der Bodanrück mit seinen seesüchtigen Tannen Windschatten spendet, kannst du, wenn das Wetter harmlos bleibt, die Tü cher bergen und dich faul sein lassen, in der Kajüte, bei der Königin oder oben an Deck, sanft geschaukelt, die Zeit über Bord gehen lassen und samt NIOBE in der Ewigkeit verschwinden. Dann dieser dumpfe Knall. Du begreifst sofort. Das Boot hatte Lage, die Primusflamme erlosch, aber das Gas strömte weiter aus, Anna dösend, rauchend, merkt nichts, die Zigarette zündet¹s, Kajütenbrand. Die Blinklichter der Sturmwarnung drehen sich doppelt so schnell. Die Westwand ist da. Die ersten Böen schürfen Schatten in den See. Die Notwendigkeit übernimmt das Kommando. Am Vorluk läßt er den Rolladen herab. Die Kajüte ist ge schlossen. Anna, im Calvadosschlaf. Gasexplosion. Der weiße Mohairpullover brennt. Gottlieb öffnet ein Boden ventil, flutet das Boot. Er weiß nicht, warum. Fluten, denkt er. Den Brand löschen durch Fluten. Dann aber über die Badeleiter ins Wasser und geschwommen. Der Bodanrück ist schon näher als das Nordufer. Noch die Schuhe abstreifen. Dann ruhige Züge. Nicht zurückschauen. Selbst wenn da Rauch aufstiege, in fünfzehn Minuten ist NIOBE verschwun den. 150 Meter tief hier der See. Sollen sie Professor Piccard aus Genf herrufen, soll er den Grund absuchen, sollen sie die NIOBE finden in 150 Meter Tiefe, sollen sie sie heben, die verbrannte Kajüte, die arme Anna, ein Explosionsunglück, zu retten ist nichts, schwimm, Gottlieb, schwimm. Und er schwimmt. Nicht
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