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Der Augenblick der Liebe

Der Augenblick der Liebe

Titel: Der Augenblick der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
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einmal  eine  Schwimmweste  hast  du  dir  angetan,  so  schlug  die  Katastrophe  zu.  Du  hast  es  nicht  gewollt. Ganz und gar nicht. Du bist nicht der, der so etwas  wollen  könnte.  Sollen  sie  die  NIOBE   suchen,  finden,  heben.  Du mußt das verlangen. Professor Piccard hat aus dem Vier waldstätter See zwei Leichen geborgen, aus 175 Meter Tiefe,  der  wird  gerufen.  Und  die  Taucher.  Zwei  Weitwinkel Unterwasserkameras,  mit  einander  verbunden,  sollen  den  Seegrund  ausleuchten  und  suchen.  Sonargeräte  her.  Die  neuesten. Die finden die  NIOBE , ein Staatsanwalt, der nichts  zu  tun  hat,  erhebt  Anklage.  Gottlieb  im  Gerichtssaal.  Im  Schwurgerichtssaal.  Umdrehen.  Ganz  schnell.  Genau  so  unterm  Diktat  der  Notwendigkeit.  Gottlieb  krault  zurück.  Gegen die Wellen. Aber die Wellen sind noch keine. Das ist  nur  Gewell.  Die  NIOBE   ist  am  Sinken.  Der  Freibord  schon  zur  Hälfte  im  Wasser.  Gottlieb  könnte  sich  an  der  Seite  hochziehen.  Dann  schwappt  das  Wasser  herüber.  Um  das  Kentern  zu  vermeiden,  über  die  Badeleiter  hinauf.  Es  riecht  nach Brand, aber keine Rauchfahne. Er schaut sich um. Keine  Zeugen. Nur das aufgeregte Geblinke der Sturmwarnung. Er  reißt  den  VorlukRolladen  hoch,  in  der  Kajüte  hat  es  gebrannt, aber es brennt nicht mehr. Es glustet. Gottlieb holt  die  Pütz,  schöpft  Wasser,  übergießt  die  ohnmächtige  Anna.  Zerrt sie heraus. Schwer war sie nie. AnnaAnnaAnna, ruft  er,  schreit  er.  Ihr  Gesicht  ist  fast  schwarz.  Verbrannt.  Auf  einer Seite. Vielleicht nur eine Schürfung. Er bindet ihr eine  Schwimmweste um. Hineinschlüpfen geht nicht. Er hievt sie  über  Bord,  läßt  sie  los  und  springt  sofort  neben  ihr  ins  Wasser, hat sie im Griff, bevor sie sinken kann. Vor tausend  Jahren hat er den  DLRG Schein gemacht. Endlich eine Praxis.  Mit  beiden  Händen  von  hinten  ihr  unters  Kinn.  In  Rückenlage schwimmend, sie auf ihm. Das geht. Die ihr um  die  Taille  gebundene  Schwimmweste  hilft.  Er  muß  nur  den  Oberkörper  über  Wasser  halten.  Leicht  ist  es  nicht.  Immer  wieder drückt ihr Gewicht ihm den Kopf unters Wasser. Das  Wasser  dringt  durch  die  Nase  in  den  Rachen.  In  die  Luftröhre. Er hustet es heraus. Er kriegt keine Luft mehr. Er  reckt den Kopf an Annas Kopf vorbei in die Höhe. Dadurch  gerät Annas Kopf ins Wasser. Das Wasser schlägt über ihnen  zusammen.  Die  Wellen.  Der  erste  Blitz.  Die  Wetterwand  ist  heran.  Ein  nicht  sofort  knallender  Donner.  Zurück  zur  NIOBE .  Die  schwankt.  Und  sinkt.  Der  Mast  schlägt  wild  durch  die  Luft,  als  rufe  er  um  Hilfe.  Gleich  werden  die  Wellen  hineinschlagen.  Unter  der  Wucht  der  Wellen  schwappt  das  Wasser  im  Boot  hin  und  her.  Die  NIOBE   legt  sich auf die Seite. Sie versinkt. Es bleibt nur der Bodanrück.  Daß  es  nahezu  dunkel  ist,  tut  gut.  Sie  sind  ohnehin  mehr  unter  als  über  dem  Wasser.  Er  kann  Annas  Kopf  über  den  Wasserspiegel  stemmen,  aber  dadurch  drückt  es  ihn  selber  unters  Wasser.  Untergehen?  Noch  einmal  alles  von  vorn,  Anna.  Sich  unter  sie  bringen,  sie  auf  ihn,  dann  ruhige  Schwimmbewegungen.  Aber  sie  ist  zu  schwer.  Die  Wellen  schlagen über ihnen zusammen. Er wird das nicht schaffen.  Anna. Dann. Dann, Anna, dann zusammen. Er hätte ihr die  Schwimmweste  richtig  anziehen  sollen.  Verdoppeln.  Die  Beinarbeit verdoppeln, verdoppeln, verdoppeln. Dann bleibt  dein  Kopf  über  Wasser.  Und  er  verdoppelt.  Eines  ist  ganz  sicher,  dieser  Schmerz  vom  Verdoppeln  der  Beinarbeit,  den  hält er aus, den hält er leicht aus, den hält er ewig aus. Wenn  etwas  unvorstellbar  ist,  dann  das  Nachlassen  seiner  Kraft,  die  Verlangsamung  der  Beinarbeit.  Anna,  hörst  du?  Annas  Kopf  hochhalten,  du  unter  Wasser,  du  brauchst  keine  Luft 

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