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Der Augenblick der Liebe

Der Augenblick der Liebe

Titel: Der Augenblick der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
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am  Telephon  regelmäßig  in  eine  nicht  mehr  gewollt  wirkende  Unzurechnungsfähigkeit.  Schreibend  ruft  er  sich  zurück.  Selbst  da  signalisiert  er  zwar,  daß  er  sich  lieber  nicht  zurückriefe, aber er müsse sich doch usw. Feiger Hund, der  er  ist.  Zum  Glück.  Zu  beider  Glück.  Wäre  er  nicht  so  feige,  würde sie sich des öfteren ganz verlieren. Gestehen darf sie  doch  wohl,  daß  sie  ihn  immer  im  Cordhemd  sieht.  So,  als  habe  er  nur  ein  einziges  Hemd.  Dabei  wäre  es  ihr  am  liebsten,  er  trüge  das  seit  jenem  Juninachmittag  nicht  mehr,  weil er es nur tragen wollen sollte, wenn sie komme. Oder er  komme.  Oder  beide!  Das  Hemd  wurde  in  ihrer  Erinnerung  immer  blauer,  immer  heller,  also  immer  hellblauer.  Aber  seine  Hände?  Die  waren  weg.  Er  hat  doch  seine  ganze  Zögerlichkeit  mit  den  Händen  demonstriert.  Und  die  sieht  sie nicht mehr. Merde! Durfte sie es komisch finden, daß sie  einem,  der  ihr  sechs  Stunden  voraus  war,  der  den  Augen blick,  in  dem  sie  jetzt  lebte,  schon  seit  sechs  Stunden  hinter  sich  hatte,  daß  sie  so  einem  augenblicksweise  nahe  zu  sein  glaubte?  Das  hieß:  alles  Imagination,  sonst  nichts.  Wirklich  nichts.  Sollte  sie  ihm  das  Photo  schicken,  das  sie  mit  ihrem  Doktorvater zeigt? Er drückt ihr die Hand, nachdem sie ihm  zu  seinem  Sechzigsten  den  Olms  Reprint  der  Œuvres  Philosophiques  von  1774  geschenkt  hat.  Sie  wird  es  ihm  schicken. Dann sieht er einmal Mister Lizard in Aktion. Der  drückt ihr nämlich die Hand mit einer Geste, als hole er zu  einem  Handkuß  aus.  Entsprechend  lasch  ist  sein  Hände druck.  Und  neben  dem  lippenlosen  Abteilungssouverain  ist  zu  besichtigen  seine  hübsche,  geradezu  schöne,  vor  allem  aber  fast  dralle  Blondine  SueAnn,  der  die  Haare  über  die  nackten  Schultern  bis  zu  den  fast  nackten  Brüsten  wallen.  Also  seine  Studentin  war  die  nie.  Ja,  das  soll  ihr  German  Other ruhig sehen, wie seine Beate in Gegenwart einer Gattin  zur  belächelten  Maus  wird,  obwohl  sie  doch  gerade  die  Œuvres Philosophiques  von 1774 abliefert. Aber was nach der  Geburtstagsfeier  passierte,  muß  sie  verschweigen.  Vorerst.  Das  geht  nur  mündlich.  Zuerst  die  große  Feier,  vor  lauter  Weihrauchwolken  kein  Gefeierter  mehr  wahrnehmbar,  gegen  fünf  kam  sie,  benebelt,  heim,  um  sieben  tritt,  wie  verabredet,  Rick  Hardy  auf.  Hat  im  letzten  Jahr  mehr  als  einmal  den  Heiratsantrag  angedeutet.  Von  ihr  heiter  abgewehrt. Von seiner Frau Elaine betrogen, dann verlassen.  Wer,  bitte,  will  schon  Ersatz  sein.  Sie:  Freundschaft,  ja,  Weitergehendes,  nein.  Begründung  (um  ihn  nicht  zu  verletzen): Sie könne ihre mühsam erkämpfte Position in der  Abteilung  nicht  durch  eine  solche  Beziehung  gefährden.  Schließlich  ist  er  für  ihre  finanzielle  Unterstützung  mitver antwortlich.  Er  hat  darauf  immer  nobel  reagiert.  Sehr  südstaatlerisch. Sie machte also Drinks, es war noch zu früh  fürs  Kino,  für  das  sie  verabredet  waren.  Life  goes  to  the  movies. Plötzlich wurde sie geküßt. Sie wehrte ab, er drückte  sie auf den Boden und sagte, er sei much more powerful als  sie.  Sie  bat  ihn,  sie  loszulassen.  Er  ließ  ihre  Hände  los,  sie  wollte sich aufrichten, da umfaßte er ihren Hals und drückte  zu,  sie  schrie  auf.  Diesen  Griff  spürt  sie  noch  immer.  Sein  berühmter  Händedruck.  Den  jetzt  am  Hals.  Auf  jeden  Versuch,  von  ihm  loszukommen,  reagierte  er  mit  mehr  Druck. Sie redete und redete. Um nicht zu heulen. She could  talk  him  out  of  it.  He  left.  Sie  hatte  noch  nie  eine  solche  Besessenheit  erlebt.  Er  hatte  sie  ja  nicht  vergewaltigt.  Er  sprach, bevor er ging, von date rape. Das sei hier etwas ganz 

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