Der Augenblick der Liebe
am Telephon regelmäßig in eine nicht mehr gewollt wirkende Unzurechnungsfähigkeit. Schreibend ruft er sich zurück. Selbst da signalisiert er zwar, daß er sich lieber nicht zurückriefe, aber er müsse sich doch usw. Feiger Hund, der er ist. Zum Glück. Zu beider Glück. Wäre er nicht so feige, würde sie sich des öfteren ganz verlieren. Gestehen darf sie doch wohl, daß sie ihn immer im Cordhemd sieht. So, als habe er nur ein einziges Hemd. Dabei wäre es ihr am liebsten, er trüge das seit jenem Juninachmittag nicht mehr, weil er es nur tragen wollen sollte, wenn sie komme. Oder er komme. Oder beide! Das Hemd wurde in ihrer Erinnerung immer blauer, immer heller, also immer hellblauer. Aber seine Hände? Die waren weg. Er hat doch seine ganze Zögerlichkeit mit den Händen demonstriert. Und die sieht sie nicht mehr. Merde! Durfte sie es komisch finden, daß sie einem, der ihr sechs Stunden voraus war, der den Augen blick, in dem sie jetzt lebte, schon seit sechs Stunden hinter sich hatte, daß sie so einem augenblicksweise nahe zu sein glaubte? Das hieß: alles Imagination, sonst nichts. Wirklich nichts. Sollte sie ihm das Photo schicken, das sie mit ihrem Doktorvater zeigt? Er drückt ihr die Hand, nachdem sie ihm zu seinem Sechzigsten den Olms Reprint der Œuvres Philosophiques von 1774 geschenkt hat. Sie wird es ihm schicken. Dann sieht er einmal Mister Lizard in Aktion. Der drückt ihr nämlich die Hand mit einer Geste, als hole er zu einem Handkuß aus. Entsprechend lasch ist sein Hände druck. Und neben dem lippenlosen Abteilungssouverain ist zu besichtigen seine hübsche, geradezu schöne, vor allem aber fast dralle Blondine SueAnn, der die Haare über die nackten Schultern bis zu den fast nackten Brüsten wallen. Also seine Studentin war die nie. Ja, das soll ihr German Other ruhig sehen, wie seine Beate in Gegenwart einer Gattin zur belächelten Maus wird, obwohl sie doch gerade die Œuvres Philosophiques von 1774 abliefert. Aber was nach der Geburtstagsfeier passierte, muß sie verschweigen. Vorerst. Das geht nur mündlich. Zuerst die große Feier, vor lauter Weihrauchwolken kein Gefeierter mehr wahrnehmbar, gegen fünf kam sie, benebelt, heim, um sieben tritt, wie verabredet, Rick Hardy auf. Hat im letzten Jahr mehr als einmal den Heiratsantrag angedeutet. Von ihr heiter abgewehrt. Von seiner Frau Elaine betrogen, dann verlassen. Wer, bitte, will schon Ersatz sein. Sie: Freundschaft, ja, Weitergehendes, nein. Begründung (um ihn nicht zu verletzen): Sie könne ihre mühsam erkämpfte Position in der Abteilung nicht durch eine solche Beziehung gefährden. Schließlich ist er für ihre finanzielle Unterstützung mitver antwortlich. Er hat darauf immer nobel reagiert. Sehr südstaatlerisch. Sie machte also Drinks, es war noch zu früh fürs Kino, für das sie verabredet waren. Life goes to the movies. Plötzlich wurde sie geküßt. Sie wehrte ab, er drückte sie auf den Boden und sagte, er sei much more powerful als sie. Sie bat ihn, sie loszulassen. Er ließ ihre Hände los, sie wollte sich aufrichten, da umfaßte er ihren Hals und drückte zu, sie schrie auf. Diesen Griff spürt sie noch immer. Sein berühmter Händedruck. Den jetzt am Hals. Auf jeden Versuch, von ihm loszukommen, reagierte er mit mehr Druck. Sie redete und redete. Um nicht zu heulen. She could talk him out of it. He left. Sie hatte noch nie eine solche Besessenheit erlebt. Er hatte sie ja nicht vergewaltigt. Er sprach, bevor er ging, von date rape. Das sei hier etwas ganz
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