Der Augenblick der Liebe
kann, daß Leo die Gehhilfe schrittweise entbehren kann, umarmt sie Beate so heftig, wie es ihr Busen zuläßt.
Seit dieser Märztermin aufgetaucht ist, fühlt sie, wie sie zunimmt, überhaupt nicht an Gewicht, sondern an Kraft, Bestimmtheit, Zukunft, ja, sie spürt, wie sie förmlich hin einragt in die Zukunft. Noch nie hat sie so deutlich gespürt, daß ihr doch etwas bevorsteht. Bisher hat sie alle Zeitbe nennungen zu vermeiden versucht. Ins Vage hineingehofft auf ein unfaßbares Irgendwann. Und jetzt, konkret: März. Sie wird dem Kalender die Tage und Wochen abluchsen. Gottlieb und sie werden einen Brief und Telephonwinter veranstalten, der durch seine genaue Berichtetheit und Bemessenheit zum spannendschönsten Vorspiel der Welt werden wird.
Sie eilte den Möglichkeiten voraus. Sie konnte sich (wieder einmal) nicht vernünftig fassen. Jetzt schrieb sie¹s zuerst einmal nach Germany. Deutete eine Art Erwartungsvibrato an. Schön wär¹s ja. Nicht wahr! Aber wenn¹s nicht geht, bitte. Sie überlebt¹s. Wenn auch ungern.
Und täglich pfuschte ihr die Angst vor der nächsten Be gegnung mit Rick Hardy in ihre Vormärzstimmung. Dabei spürte sie, daß der Mensch in Deutschland ihr jetzt als Stärke diente. So oft sie sich gegen Hardyerscheinungen behaupten mußte, spürte sie, daß sie in jeder Sekunde hinüberdenken konnte, auf die Terrasse, zum hellsten Blau der Welt. Sie konnte sich sogar hinsetzen, den RickVorfall aufschreiben, das Aufgeschriebene Glen O. Rosenne überreichen, ihn bitten zu entscheiden, wie zu verfahren sei. Für sie sei durch das Aufschreiben und Überreichen des Aufgeschriebenen das getan, was sie habe tun müssen. Von ihr aus müsse weiter nichts geschehen. Aber das zu entscheiden, sei sie nicht fähig. Deshalb komme sie zu ihm. Dr. Douglas hatte sie noch nicht sagen können, was passiert war. Sie würde es ihm sagen, klar. Aber wie? Sie wollte die Bewertbarkeit des Gesagten bestimmen, vorherbestimmen.
Der neueste Traum: Unterwegs zu Wendelin Krall. Zuerst auf einem Boot, dann über eine Brücke, mit ihr Magda und Julia, sie gehen zu einer, auf (?) eine (verflucht seien die deutschen Präpositionen) Party. Auf der Brücke blieb sie stehen. Sie wollte hinunterschauen ins Wasser. War froh, daß Magda und Julia ohne sie weitergingen. Sie hatte beide, von denen sie nicht viel mehr als die Vornamen wußte, von Anfang an als Konkurrentinnen, ja, als Gegnerinnen empfun den. Natürlich die artemishafte Julia mehr als die sophro synische Magda. Julia wollte von ihr (im Traum) bewundert werden, sie aber weigerte sich. Im Wasser schwammen viele gewaltige Holzstämme. Ein mächtiger Stamm stieß so gegen ein Boot, daß es kenterte. Das Ufer war ein einziges Bauge lände. Dann Wald. Sie mußte weiter. Sie wußte nicht mehr, wo Wendelin Krall war. Die Douglasgeschulte Deuterin wurde von Deutungen heimgesucht: Angst, auch im Traum, nicht kreativ genug zu sein. Die Holzstämme erinnern an Bleistifte/ pen(cils). Wissend, daß die Kreativität männlicher Autoren, ihr Griff zum pen als phallische Geste gilt ... Ach nein. Sie ist es müde, Bedeutungen zu träumen. Wehe ihr, wenn Dr. Douglas das entdeckte. Is she weird?
Glen O. Rosenne, im Büro der Abteilung, also in Janes Gegenwart, daß er den Bericht über Rick Hardy noch nicht an den Sexual Harassment Officer weitergeleitet habe. Mehr sagte er nicht. Würde sie ihn um das Weiterleiten bitten, würde er weiterleiten. Also hing es doch von ihr ab. Und Jane wußte offenbar Bescheid. Sie nickte nicht, schüttelte auch nicht den Kopf. Sie hob ein wenig die Schultern und
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