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Der Augenblick der Wahrheit

Titel: Der Augenblick der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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mit Oscar gewußt?«
    »Ich hatte einen Verdacht. Wir haben Lola beobachtet und damit auch ihn ein paarmal. Die Briten haben uns einen Tip gegeben.«
    »Warum hast du nichts gesagt?« Ich spürte, daß sich mein Zorn und meine Aggressivität auch leicht gegen sie richten könnten.
    »Wir hatten keine konkreten Anhaltspunkte. Und hättest du mir geglaubt?« Sie wirkte ängstlich. Ihr war aufgegangen, daß ich eine gewalttätige Seite hatte, die sie erschreckte. Als könnte ich darauf verfallen, sie zu schlagen. Aber was weiß man voneinander, wenn es hart auf hart kommt?
    Hätte ich ihr geglaubt? dachte ich im Flugzeug. Vermutlich nicht. Innerlich verzweifelt, hatte ich noch einmal mit ihr geschlafen, dann hatte sie mich nach Tegel gefahren und war nun im Auto nach Kopenhagen unterwegs. Ich hatte ihr keine Versprechungen gemacht, nichts Übereiltes zu unternehmen.
    Wir hatten uns zum Abschied umarmt, aber ohne leere Versprechungen oder verräterische Sätze. Ihre letzten Worte waren: »Ruf mich an und werd nicht wie die, mit denen du es zu tun hast.«
    Ich habe ihr nichts von beidem versprochen.
    Eine flaumweiche Dunkelheit lag über Madrid, als das Flugzeug zur Landung ansetzte. Erst wollte ich anrufen, doch dann ging ich an den Telefonkabinen in der Ankunftshalle vorbei und nahm ein Taxi zu Glorias und Oscars Penthousewohnung. Ich konnte mich nicht überwinden, ihn Karl Heinrich zu nennen. Mit Gloria war er Oscar. Auf dem Weg in die Stadt im dichten Verkehr und mit den herrlichen spanischen Lauten im Autoradio dachte ich nicht daran, was ich tun und sagen würde. Denn ich wußte es nicht. Ich war vielmehr gespannt, ob Oscar und Gloria beide dasein würden. Oder ob sie beide geflohen waren? Oder ob Gloria allein zu Haus säße?
    Wieviel wußte sie? Ich war mir sicher, daß der Alte in Berlin sofort angerufen hatte. Sie mußten irgendein Signal ausgemacht haben, das Flucht bedeutete. Selbst Oscar, mit seiner selbstsicheren Arroganz, mußte einen schnellen Fluchtweg vorbereitet haben. Das gehörte zu seiner Ausbildung, und es lag ihm im Blut. So schlitzohrig, wie er war, mußte sein Leben immer viele Ausgänge gehabt haben.
    Gloria öffnete die Tür, sah mich und haute mir eine runter, daß mein Kopf auf die Seite flog. Ich war derart unvorbereitet, daß sie mir gleich noch eine langte, ehe ich ihre Arme festhalten und sie in die Wohnung schubsen konnte. Ich zog sie an mich. Sie war eine große Frau und hatte viel Kraft unter ihren schwellenden Formen, aber ich hielt sie fest, bis sie damit aufhörte, Scheißkerl, Hurensohn, Zuhälter, impotenter Schwuler und eine Reihe weiterer Preziosen des reichen spanischen Schimpfwörterschatzes hervorzustoßen. Schließlich merkte ich, daß sie sich langsam in meinen Armen entspannte und statt dessen zu weinen anfing. Ich streichelte ihr eine Weile die langen, schwarzen Haare, und als das Weinen nachließ, führte ich sie in den Salon, setzte sie aufs Sofa, goß uns einen Whisky ein und steckte ihr eine Zigarette an. Sie sah gemeingefährlich aus.
    Die Schminke lief ihr in Streifen die Wangen hinunter, ihr Gesicht war voller Falten. Ihre feine Seidenbluse war zerknittert, und sie scherte sich nicht darum, daß ihr kurzer schwarzer Rock bis zum Saum des Schlüpfers hinaufgerutscht war.
    »Warum zum Teufel hast du mich nicht angerufen, Peter?«
    sagte sie.
    »Ich war gespannt, ob du hier bist. Ich wollte sehen, ob einer oder zwei darin verwickelt sind.«
    »In was denn, du Scheißkerl? Gestern klingelt das Telefon.
    Eine männliche Stimme, die irgendwas auf deutsch sagt. Ich rufe Oscar herüber, und er kriegt ein schneeweißes Gesicht.
    Dann nimmt er seinen Mantel und geht. Als hätte er Gottseibeiuns persönlich gesehen. In der Tür dreht er sich um und sagt: Wir sehen uns nicht mehr wieder. Dafür kannst du Peter danken. Ich rase hinter ihm her, aber er erreicht den Fahrstuhl vor mir, und als ich auf der Straße bin, ist er weg. Er ist ja früher schon abgehauen, aber diesmal war alles anders, das habe ich gemerkt. Und wir hatten gerade so eine gute Phase. Ich habe alle angerufen, die ich kenne. Sogar ein paar von seinen alten Tussis. Er ist weg. Er hat das Gemeinschaftskonto geleert und einen Teil des Firmenkontos. Wo ist er, verflucht noch mal?
    Was hast du denn nur angestellt, Peter?«
    Sie wollte wieder weinen, trank aber statt dessen einen Schluck Whisky. Es war sicher nicht der erste heute. Der große helle Salon wirkte plötzlich dunkel und kalt, und mir war, als

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