Der Augenblick des Magiers
während er sich insgeheim wünschte, eine Familienpackung Unkrautvertilgungsmittel in seinem Gepäck mitzuführen.
»Lehnt euch einfach zurück und entspannt euch«, sagten die fünf verblüffend üppigen nackten Damen seitlich von ihm.
»Nach ein paar Monaten habt ihr euch daran gewöhnt, und dann seid ihr nicht nur körperlich sondern auch geistig dabei.«
»Geistig dabei?« quiekte Mudge entsetzt.
»Bei der Vorstellung.«
»Ach so.« Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.
»Ich fange an! Ich fange an!« schrie eine der Frauen. Sie verwandelte sich, was durchaus bemerkenswert aussah, in drei Fische, die in der leeren Luft umherschwammen. Dies war nur die erste von zahllosen erstaunlichen Imitationen, während sich das Bühnengeschehen von einer Liane oder Schlingpflanzengruppe zur anderen verlagerte und die Verdoppelungen in schwindelerregender Menge durch den Kreis jagten.
Wenn Jon-Tom oder Mudge Anzeichen der Langeweile zu zeigen begannen, wurden sie durch Schreie oder Gerüche grob wieder zur Aufmerksamkeit gezwungen.
Aus Morgen wurde Nachmittag, und der ging schließlich in Abend über. Als sich die Nacht über die Insel zog, begannen die Mimlianen Wesen zu imitieren, die auf natürliche Weise im Dunkeln leuchteten.
»Das ist ja alles sehr unter'altsam«, bemerkte Mudge, zu seinem Gefährten gewandt, »aber eine Lebensaufgabe würde ich da lieber nicht draus machen, Kumpel.«
»Ich auch nicht. Es muß irgendeinen Ausweg geben.«
»Wie war's, wenn wir so täten, als wollten wir uns ihre verdammten Imitationen mal aus der Nä'e anse'en, und dann einen Durchbruch versuchen? Die können sich doch nicht von der Stelle rühren. Wenn wir an denen erst mal vorbei sind, müßte es eigentlich leicht sein, das Floß zu erreichen.«
»Ich weiß nicht, wozu die fähig sind, wenn wir sie reizen«, brummte Jon-Tom. »Vielleicht können sie auch Wesen imitieren, die mit Giftpfeilen um sich werfen. Das möchte ich lieber nicht herausfinden. Nicht daß es wichtig wäre. Sie beobachten uns viel zu eindringlich, und ich glaube nicht, daß wir sie auf diese Weise überrumpeln können, wie du es vorschlägst. Eigentlich sind es ja ganz nette Leute, dafür, daß sie nur ein Haufen kunstbesessenes Gemüse sind, aber ich fürchte, wir sind das, was man unter einem ›in Bann geschlagenen Publikum‹ versteht.
Die werden uns hier als Kritiker gefangenhalten, bis sie ihre zwei Jahre Imitationen heruntergerissen haben.«
»Wenn sie uns ver'ungern lassen, sind wir als Kritiker auch nicht mehr besonders nützlich.«
»Ich glaube kaum, daß sie es soweit kommen lassen. Aber wir sind hier gefangen, es sei denn...«
»Es sei denn... was?« fragte Mudge und zuckte zusammen, als ein riesiges leuchtendes Schalentier hinter ihm materialisierte.
»Das war gut, nicht?« fragte das achtscherige Krebsding. Die Lianen zu seinen Seiten entschieden sich dafür, sich in zarte orangefarbene Anemonen zu verwandeln.
»Es sei denn, ich kann sie dazu bringen, sich in etwas ganz Bestimmtes zu verwandeln.« Er erhob sich und stellte fest, daß er plötzlich im Mittelpunkt des Interesses stand. Gespenstisch glühende Dinger beäugten ihn gespannt.
»Also schön, alles mal herhören!« Die Schlingpflanzen schwenkten auf ihn zu. Auf ihre kindliche Art waren sie bisher durchaus höflich gewesen, doch Jon-Tom bezweifelte, daß er ein zweites Mal die gleiche Gelegenheit zum Handeln bekommen würde. Da war es besser, es gleich beim ersten Versuch zu schaffen.
»Ihr sagt, ihr könntet alles imitieren?«
»Ja, das stimmt... ja, das stimmt...!« erwiderten sie im Chor.
»Absolut alles. Du brauchst es uns nur zu nennen. Oder zu beschreiben.« Sie zuckten und flackerten in der Dunkelheit und zeigten alles nur Erdenkliche, von an langen Armen baumelnden Gymnastikschuhen bis zu einem sprechenden Regenbogen.
»Nicht schlecht.« Jon-Tom zeigte ihnen seine Duar. »Aber wie reagiert ihr, wenn ihr keine verbale, sondern eine musikalische Vorgabe bekommt? Wie steht's denn mit dem Zuhören und dem Imitieren dessen, was ihr hört?«
»Wie war's denn hiermit?« fragte ein riesiges, fleischiges Ohr.
»Das ist nicht genau das, was ich gemeint habe. Könnt ihr auch nur nachmachen, was ihr in der Musik hört? In reiner Musik, ohne beschreibende Worte? Könnt ihr beispielsweise auch Gefühle imitieren?«
»Stell uns doch auf die Probe, stell uns doch auf die Probe!«
drängte der Chor.
Also sang Jon-Tom das Lied, das er ausgesucht hatte, einen sanften,
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