Der Augenblick des Magiers
versuchen.« Er zerrte Jon-Tom zu dem Wasserteich hinüber, der von einem Wandabschnitt aus gerade noch zu erkennen war. »Schau mal, ich glaube nicht, daß wir sehr weit kommen würden.«
Direkt unterhalb schwamm vor dem Eingang zur Kuppel ein grauenerregendes Wasserwesen. Der riesige Wasserfloh war mindestens zweieinhalb Meter lang. Er schwebte auf der Stelle wie ein gepanzertes Unterseeboot und besaß große geöffnete Scheren, die mit einem einzigen Schnappen einen ganzen Arm oder ein Bein hätten abtrennen können.
Jon-Tom nickte. »Gemütlich schwimmen gehen werden wir also kaum.« Er blickte an dem Wächter vorbei. Etwas wesentlich Kleineres kam durchs Wasser auf sie zu geschwommen. Er ertappte sich dabei, wie er unwillkürlich zurückwich. »Was ist das denn?«
Mudge rührte sich nicht vom Fleck. »Luftpost.«
Der drei Fuß lange Floh besaß Hinterbeine, die doppelt so lang waren wie sein übriger Leib, mit dichten, biegsamen Haaren bedeckt. Als er am Eingang zur Kuppel angekommen war, machte er im Wasser kehrt, bis seine Hinterbeine auf die Öffnung zeigten. Zwischen ihnen befand sich ein dünner seidener Behälter voll Luft. Er schwamm noch ein Stück auf den Eingang zu und trat einmal aus.
Der Seidenbehälter platzte. Ein gewaltiges Plopp, dann schwappte Wasser über Jon-Toms Füße und wich wieder zurück, und die Woge frischer Luft traf ihn ins Gesicht wie eine Frühlingsbrise. Der Floh schwamm schnell wieder davon.
»Das machen sie regelmäßig«, erzählte Mudge. »Des'alb ist die Luft 'ier drin auch noch nicht schlecht geworden.«
»Sehr aufmerksam von ihnen.«
Mudge drehte sich um und begann nervös auf dem festgestampften Boden auf und ab zu gehen. »Wünschte, das könnte man auch sonst von ihren Manieren be'aupten. Bin mir nicht sicher, ob ich nicht lieber ersticken möchte.« Nach einem halben Dutzend Runden blieb er wieder vor dem Eingang stehen.
»Ich weiß genau, daß ich schneller bin als dieser Bastard, wenn ich nur an ihm vorbeikäme.« Er ließ den Gedanken ausklingen. »Das Problem ist nur, daß ich das wahrscheinlich 'öchstens in kleinen Stücken schaffe.«
Jon-Tom schritt wieder zur Strohmatte und nahm darauf Platz.
»Ich habe sie überhaupt nicht bemerkt, als sie zugeschlagen haben.«
»Ich auch nicht, Kumpel, bis es zu spät war.« Er zeigte auf den großen Wasserfloh, der ruhig vor ihrem Gefängnis schwebte. »Dieser 'aufen gepanzerter Kotze 'at sich von unten an uns 'erangeschlichen und zugeschlagen. Seine kleineren Verwandten 'aben unten auf uns gewartet, um uns 'ier reinzuschieben.« Er warf seinem Gefährten einen Blick zu.
»Als sie uns in diese 'albkugel geworfen 'aben, war dein Gesicht so geschwollen wie 'ne Echsenblase. Ich dachte, du wärst ein für allemal erledigt. Sie 'aben 'n kleines Tänzchen auf deinem Rücken veranstaltet und ungefähr 'ne 'albe Gallone Wasser aus dir rausgepumpt, dann 'aben sie es aufgegeben und sind gegangen, 'n paar Minuten später ‘ast du angefangen zu stöhnen und bist eingeschlafen. Ich 'ab dir den Sabber vom Gesicht gewischt und dachte mir, ich könnte ja mal abwarten, bis du wieder aufwachst. Das war gestern.«
Jon-Tom nickte. »Ich habe mir schon gedacht, daß ich eine ganze Weile außer Gefecht gewesen sein muß. Was ist mit unserem Floß und unseren Vorräten passiert?«
»Auf dem ganzen Seeboden verteilt«, berichtete Mudge traurig. »Jedenfalls das, was sie nicht für kapernswert 'ielten. Unsere Waffen 'aben sie alle da drüben an eine trockene Lagerstelle gebracht, damit sie nicht durchs Wasser kaputtge'en. Soll wahrscheinlich Beweisstück Nummer eins für die Anklage sein, schätze ich.«
Jon-Tom schritt wieder zur Wand. Neben ihrem Gefängnis und von diesem nur durch einen dreißig Zentimeter breiten Wasserstreifen abgetrennt, befand sich eine viel kleinere, luftgefüllte Kuppel. Sie war bis zum Bersten angefüllt mit Waffen und persönlichen Gegenständen, die man zahllosen ähnlich unglückseligen Reisenden in diesem Teil des Wrounipai abgenommen hatte. Die jüngsten Beutestücke lagen, deutlich zu sehen, auf einem hölzernen Korb: sein Rammholzstab und das Schwert; Mudges Langbogen mit den Pfeilen und sein Kurzschwert; Teile ihres Proviants; und obenauf liegend und anscheinend unversehrt seine kostbare Duar. Wären nicht das Wasser und die Wände gewesen, er hätte nur die Hand danach auszustrecken brauchen, um sie zu ergreifen.
»Mudge, wenn wir doch nur irgendwie an meine Duar könnten...«
»Dann würdest du
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