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Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)

Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)

Titel: Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Goettle
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ist nicht zulässig. Und inzwischen machen das die Stromanbieter auch nicht mehr, daß sie abschalten. Sie versuchen, daß es zu einer Einigung kommt, auf Darlehensbasis beispielsweise. Und dann ist da natürlich wieder die Frage: Wie zahl ich’s ab? Wieder auf 1,50-Euro-Basis.
    Und was ich unbedingt noch loswerden möchte: Viele Leute sind heute ohne Krankenversicherung. Also, das ist für mich immer die erste Frage, wenn einer kommt, sanktioniert worden ist, also, seine Leistungen wurden gestrichen, er ist raus. Das bedeutet dann ja immer gleichzeitig, daß er auch nicht mehr krankenversichert ist. Wenn er sich nicht freiwillig weiterversichert, dann ist er raus aus der Kasse. Das sind keine Einzelfälle. Das Problem entsteht auch bei nichtehelichen Gemeinschaften, man wird zwar als solche angesehen, ist aber nicht mitversichert beim berufstätigen Partner, wie man das als Ehepartner wäre! Wer sich nicht privat versichert, steht ohne Krankenversicherung da. Manche haben so wenig Geld, daß sie die Beiträge nicht – oder nur sehr schwer – bezahlen können. Wer zweimal nicht bezahlt, ist raus! Und in die gesetzliche Kasse kommen sie nur dann wieder rein, wenn sie arbeiten, mindestens 400 Euro verdienen und zwölf Monate pflichtversichert sind.
    Und da ist der Gesetzgeber auf die Idee gekommen und hat gesagt: Wenn es so ist, daß ich durch die freiwilligen Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge hilfebedürftig bin, bekomme ich diese Leistungen, diese Leistungen, wie gesagt, auch vom Job-Center. Das soll verhindern, daß die Leute ausgesteuert werden. Wichtig ist hier aber zu sagen, daß man sich um den Krankenversicherungsschutz unbedingt kümmern muß! Das betrifft ALG-II-Empfänger natürlich nicht. Wer ALG II bezieht, ist krankenversichert, pflegeversichert und rentenversichert – wer Leistungen der Sozialhilfe bezieht, ist nur kranken- und pflegeversichert, der ist nicht in der Rentenversicherung. Das wissen viele nicht! Also, das ist ein großes Problem.«
    Wir fragen, ob die Verhandlungen vor dem Sozialgericht eigentlich öffentlich sind, ob der Mandant erscheinen muß, und wie es überhaupt vonstatten geht. »Im Regelfall sind die Verhandlungen öffentlich. Der Mandant ist meist dabei, muß aber nicht mitkommen, sofern der Richter es nicht ausdrücklich anordnet. Eine Besonderheit gegenüber der Zivilgerichtsbarkeit ist diese – und das wissen viele gar nicht –, daß das Gericht zu dritt besetzt ist. Es sind zwei Schöffen dabei. Ist paritätische Besetzung. Zwei Laienrichter sind dabei, was oftmals ganz schön ist, finde ich. Und dann wird der Sachverhalt erst mal gründlich vorgetragen. Das Gericht hat ja gleich, nachdem ich Klage eingereicht habe, die Akte vom Job-Center angefordert. Es hat also, ebenso wie ich, alles vorliegen. Und dann geht es eigentlich relativ schnell, während von der Einreichung der Klage bis zum Termin oft neun Monate vergehen, weil so viele Klagen bearbeitet werden müssen und zu wenig Richter da sind. Aber vieles geht auch mehr oder weniger schriftlich. Wenn die Behörde z. B. nach meinem Schriftsatz sagt, gut, wir zahlen, dann brauche ich nicht mehr zur mündlichen Verhandlung, dann ist der Fall erledigt.«
    Zum Schluß möchten wir noch wissen, weshalb sie sich fürs Sozialrecht entschieden hat. »Ich fand die Materie interessant, und ich hatte gute Professoren. Mein erstes Examen habe ich 1989 gemacht, mein zweites Examen 1992. Damals war ich immer alleine – (sie lacht) – habe meine Prüfung alleine gemacht, ich bin als Exotin sozusagen behandelt worden. Na ja, und dann ist das eigentlich durch Hartz IV sprunghaft angestiegen. Es wurde in der Anwaltschaft ein bißchen Werbung dazu gemacht: Nehmt mal Sozialrecht! Denn nun schaun Sie mal«, sie zeigt auf das Bücherregal mit den Gesetzestexten, »das hat alles mit SGB II und SGB XII zu tun, was da steht, also, es ist ziemlich komplex und wird immer komplexer. Aber ich muß sagen, ich find’s einfach spannend, denn ich bin an der Basis.«

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    FÜHLEN UND VERKOSTEN
    ALTENPFLEGERIN
    Hildegard Eichhorn, Altenpflegerin i. d. häuslichen Krankenpflege Berlin (Diakonie-Sozialstation Südstern). Arbeit i. Pflegeteam f. e. Kreuzberger Demenz-WG. 1950 Einschulung Volksschule Viersen bei Mönchengladbach, 1955 Übergang z. Mädchengymnasium i. Viersen, 1963 Abitur. Studium f. d. Lehramt a. Gymnasien a. der Uni Freiburg u. a. d. Ludwig-Maximilians-Universität München. Fächer: Latein u.

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