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Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)

Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)

Titel: Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Goettle
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Jugendlichen. Das ist ein Skandal! Und es ist ein Skandal, daß niemand unser Bildungssystem wirklich kritisiert und sagt, daß es keine Bildung herstellt. Nicht mal mehr für Gymnasiasten, denn die ist auch schon grottenschlecht. Aber wie verheerend sich dieser Zustand erst auf benachteiligte Kinder auswirkt, ist doch klar!
    Und da kommen wir zum nächsten Punkt, der mir der wichtigste ist. Gebt Geld, viel Geld, für Kindergärten und Ganztagsschulen! Alle Kinder sollen spätestens ab dem vierten Lebensjahr in kostenlose Kindergärten gehen. Sobald die gefährdeten Kinder tagsüber raus sind aus den Familien, entwickeln sie sich auch. Sie lernen automatisch eine andere, differenzierte Sprache, andere Eßgewohnheiten, andere Umgangsweisen und Konfliktlösungen. Konfliktlösungen, soziales Verhalten, das ist ungeheuer wichtig. Und natürlich Geschicklichkeit mit den Händen, mit dem Körper können sie einüben. Wir würden die Adipositas auf natürlichem Wege einfach vermeiden. Die Kindergärten müssen sehr gutes Personal haben, auch genug Personal. Wichtig ist, daß da eine richtig gute Spracherziehung gemacht wird. Also, sie sollen nicht schon Lesen und Schreiben können vor der Schule, aber sie sollen sprechen können, einen Wortschatz erwerben, die Dinge kennenlernen, sich gut miteinander unterhalten können. Man soll die Lust an der Sprache fördern.
    Und wenn sie dann in die Ganztagsschule kommen, dann haben sie eine gute Basis. Könnten dem Unterricht – der natürlich auch sehr viel besser werden müßte – problemlos und mit Neugier folgen. In so einer Schule würden sie dann all das machen können, was sie sonst nämlich nicht machen können. Sie könnten Musik lernen, überhaupt Handfertigkeiten, ein Instrument spielen, sie könnten Sport treiben, Wettbewerbe austragen, die Schularbeiten unter Aufsicht und mit Hilfestellung streßfrei erledigen, sie hätten ein soziales Leben, gemeinsames Essen, Spielen, alles. Es gibt keine andere Alternative! Und es geht einfach nicht, daß sich sozial orientierte Träger, Bildungseinrichtungen, Krankenhäuser, Altersheime usf. aufführen wie Kapitalgesellschaften. Profit, Profit, Profit! Man soll mit Bildung, Erziehung, Gesundheit keinen Profit machen. Und man soll hier nicht sparen. Das soll in staatlicher Hand sein. Da soll das Geld reingesteckt werden. Denn das ist es, was die Gesellschaft immer mehr auf den Hund bringt, daß sie immer weniger Solidarität übt.«
    Wir sind am Ende und bedanken uns, plaudern noch ein wenig. Angesprochen auf das solide Tischtuch aus weißem Leinen erzählt sie. »Das ist ein sehr fein gewebtes Sackleinen für Weißmehl. Es ist schon alt und stammt noch aus der Mühle meines Großvaters. Die ist längst abgerissen, aber das Leinen existiert noch. In dieser Mühle bin ich auch geboren. Über Hunderte von Jahren waren die Vorfahren meines Vaters Müller, so eine Kontinuität ist heute gar nicht mehr denkbar.« Sie schenkt Tee ein. »Ich wollte eigentlich gar nicht Lehrerin werden, ich wollte mal Bäuerin werden. Nach dem Abitur dachte ich dann an Bühnenbildnerin. Mein Vater sagte damals: Werde doch Lehrerin. Ich doch nicht! Dann habe ich Geschichte studiert in Bochum, bin nach Berlin gegangen ans OSI. Ich war auch politisch engagiert, natürlich. Ich bin mal relegiert worden für zwei Semester, wegen geworfener Tomaten auf Prof. Sontheimer und Arnulf Baring. Trotzdem habe ich mein Studium in den vorgeschriebenen acht Semestern geschafft. Kurz nach dem Diplom habe ich geheiratet und mit dem Pädagogikstudium angefangen.«

26
    OPTIMALE VÖLKERFÜHRUNG
    BIENENFORSCHERIN
    »Ihr Honigvögelein, die ihr von den Violen
    und Rosen abgemeyt den wundersüßen Safft.
    Die ihr dem grünen Klee entzogen seine Krafft.
    Die ihr das schöne Feld so oft und viel bestohlen.
    Ihr Feldeinwohnerin, was wollet ihr doch holen,
    was so euch noch zur Zeit hat wenig Nutz geschafft,
    weil ihr mit Dienstbarkeit des Menschen seyd behafft.
    Und ihnen mehrenteils das Honig musset zohlen?«
    1623, Martin Opitz
    PD Dr. rer. nat. Elke Genersch, stellvertr. Direktorin am Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e. V., Leiterin d. Abt. Diagnostik u. Molekularbiologie. Dr. Elke Genersch hat a. d. Universität zu Köln Biologie m. d. Schwerpunkt Molekularbiologie/Genetik studiert und ihre Promotion im Fach Biochemie a. d. Ludwig-Maximilian-Universität zu München u. am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried abgelegt (mit summa cum laude).

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