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Der Augenjäger / Psychothriller

Der Augenjäger / Psychothriller

Titel: Der Augenjäger / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Gerechtigkeit her und zeige den Tätern, welche Schuld sie mit ihrer Untätigkeit auf sich geladen haben.«
    »Indem Sie ihnen die Augenlider zerschneiden und sie in diesem Spiegelzimmer vergewaltigen?«
    Er drehte sich zu mir um. »Indem ich ihnen die Augen öffne und sie exakt den Schmerzen aussetze, unter denen andere ihretwegen leiden mussten.«
    »Sie sind komplett wahnsinnig«, sagte ich und hob die Pistole. Sie lag schwer und kalt in meiner Faust. Früher hatte ich mit diesem Modell oft am Schießstand der Polizei geübt, zigmal hatte ich sie mit einer Hand zerlegt und wieder zusammengebaut, doch nun fühlte sich die Heckler & Koch wie ein Fremdkörper an. »Was soll das? Wieso geben Sie mir diese Waffe?«
    Ich entkoppelte das 9-Millimeter-Magazin und sah hinein. Mein Herz raste. Es steckte nur eine einzige Patrone darin.
    »Wie ich schon sagte, Herr Zorbach. Ich habe nichts gegen Sie. Im Gegenteil, ich will Ihnen helfen.«
    Ich ließ das Magazin wieder einschnappen und richtete die Waffe auf Sukers Oberkörper.
    Er muss komplett den Verstand verloren haben,
dachte ich und spannte den Hahn.
    »Seien Sie bitte vorsichtig«, beschwichtigte er mich. »Sie ist nur mit einem Schuss geladen.«
    »Der reicht mir für Sie.«
    Suker trat einen Schritt vor. Er stand so dicht vor meinem Rollstuhl, dass jeder Treffer tödlich sein musste. Selbst ein ungeübter Schütze konnte ihn aus dieser Distanz nicht verfehlen.
    »Nur zu«, sagte er unbekümmert. »Drücken Sie ab. Aber Sie sollten wissen: Wenn Sie mich jetzt erschießen, bleibt Ihnen keine Kugel mehr für den Mörder Ihres Sohnes. Und der wartet gerade im Nebenzimmer.«

60. Kapitel
    E s piepte, und einer der zahllosen Spiegel um mich herum schwang auf.
    Ohne das Zahlenfeld für das elektronische Türschloss auf der Scheibe wäre die Tür von innen unsichtbar gewesen. Ich nahm an, dass man sie auch von außen nur mit einem Sicherheitscode öffnen konnte.
    Suker war nur wenige Minuten fort gewesen. Jetzt zog er mit einiger Anstrengung eine dunkelblaue Gummiplane in das Spiegelzimmer hinein, auf der ein menschliches Paket lag.
    »Alina!«
    Ihr nackter Körper war mit mehreren Lagen schwarzen Klebebands an Händen und Füßen gefesselt; ein Streifen verlief quer über den Mund. Die Augen waren unnatürlich weit aufgerissen, was nicht an ihrer Angst, sondern an den Stahlklammern lag, die Suker ihr in die Höhlen getrieben hatte.
    Da sie sich weder bewegte noch einen Laut von sich gab, befürchtete ich für einen Augenblick das Schlimmste, dann aber sah ich erleichtert, wie sich ihr Brustkorb hob und senkte. Das Gefühl, sie berühren zu müssen, ihr nahe sein und sie aus den Fängen dieses Monsters befreien zu wollen, wurde übermächtig.
    »Wo ist der Mörder meines Sohnes?«, fragte ich, ohne Alina aus den Augen zu lassen.
    Suker machte sich an einem kleinen Kasten zu schaffen, der mich an den Trafo einer Modelleisenbahn erinnerte. Schließlich sah er zu mir hoch. »Oh, mein Fehler. Ich hätte wohl besser
Mörderin
sagen sollen.«
    Alina?
Jetzt war er endgültig von Sinnen.
    »Was soll der Schwachsinn?«
    Ich merkte, wie sehr ich mich an die irrationale Hoffnung geklammert hatte, Suker würde eine Verbindung zwischen ihm und Frank Lahmann aufdecken und mit dem Mörder meines Sohnes im Schlepptau zurückkommen. Nun aber erkannte ich, dass ein kranker Geist wohl die einzige Gemeinsamkeit war, die die beiden Bestien verband.
    »Lassen Sie Alina in Ruhe. Sie hat nichts getan.«
    Suker schnalzte ärgerlich mit der Zunge.
    »Was habe ich Ihnen eben über das Wesen der Schuld erklärt?« Er stöpselte den Netzstecker des Kastens in eine Mehrfachsteckdose in der Wand. »Von Opfern, die die wahren Täter sind? Haben Sie mir nicht zugehört? Der Augensammler mag die letzte Handlung ausgeführt haben, die Ihren Sohn das Leben gekostet hat. Aber auch hier gab es Menschen, die Julians Tragödie schon lange zuvor hätten verhindern können.«
    Er hantierte an einem geriffelten schwarzen Plastikschlauch, der in dem Kasten steckte und dessen freies Ende er irgendwo hinter Alinas Rücken zu befestigen versuchte.
    »Menschen wie diese Blinde hier zu meinen Füßen.«
    »Das ist doch kompletter Schwachsinn«, brüllte ich. In der Aufregung hatte ich für einen Moment die Waffe in meiner Hand vergessen. Jetzt zielte ich wieder auf Suker.
    »Sie halten Ihre Freundin für unschuldig?«, fragte der Augenarzt. »Interessant.«
    Ich bemerkte, wie sich Alina auf ihrer Unterlage bewegte.
    Nein,

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