Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
Vom Netzwerk:
blieben, aber wenigstens wurden sie nicht schlimmer. Nach einer halben Ewigkeit atmete er aus. »Alles klar bei dir?«
    Sie sah ihn an. »Das ist eine Fangfrage, oder?«
    »Wir müssen das Zeug loswerden«, sagte sie.
    »Wie denn?« Sie saßen auf ihrer Couch, er am linken Ende in den Klamotten von gestern Abend, sie am rechten Ende im Bademantel. »Wir können es nicht einfach in den Müll werfen.«
    Jenn zog die Beine an und schlang die Arme um die Knie. »Warum nicht? Dann landet es eben auf der Müllkippe. Vielleicht gehen dabei ein paar Möwen drauf, aber was soll’s?«
    »Und wenn irgendjemand im Müll herumwühlt und damit in Berührung kommt? Vielleicht sogar ein Kind?« Jenn biss sich auf den Daumennagel. Mit ihren nassen Haaren, in ihrem kuscheligen Bademantel wirkte sie wie ein kleines Mädchen. Am liebsten hätte er sie in den Arm genommen. »Außerdem«, fuhr er fort, »muss das die Ware sein, die Johnny kaufen wollte. Also falls irgendwas schiefgeht   … «
    »Du sagst doch immer, wir kriegen das hin.«
    »Ja, und das glaube ich immer noch. Aber falls nicht, könnten wir auf das Zeug angewiesen sein. Das ist irgendeine hoch konzentrierte Chemikalie. Wahrscheinlich kann man damit Unmengen von Drogen herstellen.«
    »Dabei sah es so   normal   aus.«
    Stimmt. Er rief sich den Anblick in Erinnerung: vier unscheinbare Flaschen, gefüllt mit einer zähen Flüssigkeit. Wie starker Kaffee.
    Aber verdammt starker Kaffee.
    »Also müssen wir das Zeug noch eine Weile aufbewahren. Wenn alles nach Plan läuft, können wir uns immer noch in Ruhe überlegen, wie wir es am besten entsorgen. Was weiß ich, vielleicht packen wir es in eine Schachtel und betonieren es irgendwo ein.«
    »Einbetonieren?«
    »Ja, irgendwas in der Art.« Mitch lehnte sich zurück. Mit der Zeit ließen die Kopfschmerzen nach, aber wenn er an vorhin zurückdachte, zuckte er immer noch zusammen. »Besser, wir sagen den anderen erst mal nichts.«
    Sie beobachtete ihn über ihre Knie hinweg. »Warum?«
    »Du weißt, wie gern ich die beiden habe, aber …«
    »Aber?«
    »Ich weiß nicht. Was würde es denn bringen, ihnen jetzt davon zu erzählen? Ich … Ich bin mir einfach nicht sicher …« Er zögerte, es auszusprechen. Was er jetzt sagen würde, war keine Kleinigkeit, vor allem nicht in Anbetracht ihrer Lage. »Ich bin mir nicht sicher, ob wir ihnen trauen können. Also im Moment.«
    Mitch war auf alles gefasst – dass sie aufsprang, ausrastete, ihn als Heuchler beschimpfte und so weiter. Stattdessen nickte sie langsam. »Ja. Geht mir genauso.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Ian ist auf Koks. Und Alex … Ach, ich weiß auch nicht.«
    Fünf kleine Worte, aber wahrer Balsam für Mitchs Seele. Wie oft hatte er nachts wach gelegen und gegrübelt, ob sie nicht doch etwas mit ihm hatte, mit dem großen, starken Alex, dem sensiblen Fitnessfreak mit Tochter, der jede Frau der Welt haben konnte.
    Bleib bei der Sache.   »In Ordnung«, sagte er. »Also behalten wir es vorerst für uns. Sollte es tatsächlich eng werden, haben wir noch was in der Hinterhand. Und wenn alles glatt läuft, müssen sie nie davon erfahren.«
    »Irgendwann werden sie von selbst drauf kommen. Genau wie du.«
    »Dann sagen wir, wir hätten den Wagen klauen lassen.«
    »Aber wir lassen ihn doch klauen.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Warum denn nicht?«
    »Weil wir das Zeug genau dort aufbewahren werden. Im Wagen. In sicherer Entfernung. Und sollten uns die Cops doch auf die Schliche kommen und unsere Wohnungen durchsuchen …«
    »… werden sie es nicht finden.« Jenn lächelte. »Du denkst auch an alles, oder?«
    »Ich versuch’s jedenfalls.«
    Sie beugte sich vor und nahm seine Hand. »Ich bin froh, dass du da bist.«
    Noch mehr Balsam für Mitchs Seele.

19
    IM SCHAUFENSTER SPIEGELTE SICH EIN PROTOTYPISCHER BEWOHNER VON LINCOLN PARK: ein Typ in Designerjeans und mit einer ausgeblichenen Chicago-Cubs-Kappe auf dem Kopf, irgendwo zwischen Jugendlichkeit und bestem Alter und noch halbwegs gut in Form, der den unvermeidlichen Kinderwagen vor sich her schob. An der nördlichen Ecke eines Restaurants namens Rossi’s hielt er inne, stellte einen Fuß auf den geziegelten Sockel der Fassade und band sich den Schuh. Im selben Moment glitt der dunkle Schatten einer Limousine an der Scheibe entlang.
    Vor dem Eingang des Lokals bremste die Limousine, setzte den Blinker und blieb mit laufendem Motor stehen. Die Fenster im Fond waren verspiegelt, doch hinter der Windschutzscheibe war der

Weitere Kostenlose Bücher