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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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tauschte einen Blick mit George. »Dann werden Sie nichts dagegen haben, wenn wir Priscilla um Bestätigung bitten«, sagte sie zu Roy.
    »Bitte«, erwiderte er belustigt. »Aber dazu müssen Sie sie erst finden.« Er wies mit einer Kopfbewegung zum Bildschirm. »Sie hat sich vor ungefähr zehn Minuten rausgeschlichen. Ich hab’s gesehen.«
    George blickte stirnrunzelnd auf den Bildschirm.
    »Warum freut Sie das?«, fragte sie. »Ich wäre fuchs-teufelswild, wenn die einzige Person, die beweisen kann, dass ich die Wahrheit sage, mich im Stich ließe.«
    »Sie wird schon bestätigen, was ich gesagt habe, wenn Sie sie finden.«
    »Ja, wenn Sie sie richtig präparieren«, versetzte George sarkastisch. Sie schüttelte den Kopf. »Bis jetzt haben Sie das allerdings nicht besonders gut gemacht, Roy. Ich habe den Eindruck, sie reitet Sie öfter irgendwo rein, als dass sie Ihnen hilft.
    Es war doch sicher nicht Ihre Idee, Jonathan die Brieftasche zu stehlen – Sie hatten das gar nicht nö-454

    tig, Sie hatten ihn ja schon abgewimmelt. Warum hat Sie es dann getan?«
    »Sie machen aus einer Maus einen Elefanten«, sagte er geringschätzig. »Es hat doch niemand was verbrochen. Ihr Freund hat sein ganzes Zeug heil und vollständig wiedergekriegt.«
    George fasste spontan einen Entschluss. »Ich denke, wir greifen Ihren zweiten Vorschlag auf und legen das, was wir haben, Sergeant Lovatt vor«, sagte sie und begann, ihre Sachen einzusammeln und in die Tasche zu packen. »Dr. Hughes und ich sind der festen Überzeugung, dass zwischen Cill Trevelyans Verschwinden und Grace Jefferies’
    Ermordung eine Verbindung besteht, und wenn der Sergeant es für möglich hält, dass Priscilla und Cill ein und dieselbe Person sind, wird er ganz gewiss mit ihr reden wollen – und mit Ihnen auch.«
    Roy Trent öffnete die Küchentür und trat zur Seite. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können«, sagte er, »aber Sie werden sich nur blamieren. Sie haben überhaupt nichts in der Hand, wenn Priscilla beweisen kann, dass sie nicht Cill Trevelyan ist – und das kann sie natürlich –, und den Bullen wird’s nicht einfallen, Howard Stamp wieder auszugra-ben, nur damit Sie mit Ihrem Buch Geld machen können. Sie haben ihn damals völlig zu Recht in den Knast geschickt, das weiß jeder …« Er verzog verächtlich den Mund. »Außer Ihnen beiden.«
    Jonathan nahm die Aktentasche und bedeutete 455

    George, ihm vorauszugehen. »Tja, über James Watson und Francis Crick hat man sich damals bestimmt genauso lustig gemacht«, murmelte er. »Und wo sind sie jetzt alle geblieben, die Spötter? Die Entdeckung der Doppelhelix war eine Revolution, aber Watson und Crick waren zu Beginn die beiden Einzigen, die daran glaubten.«
    »Hey, lernen Sie erst mal Englisch, Meister«, sagte er aggressiv. »Ich hab keine Ahnung, was Sie da reden.«
    Jonathan blieb direkt vor ihm stehen. »Nein, natürlich nicht, aber das ist Ihr Problem – Meister –, nicht meines. Sie sind ein Soziopath und Ignorant.«
    Trent wollte Jonathan packen, aber der war gewappnet. Überraschend sanft schloss er seine Faust um die Trents und schob sie weg. »Ich spreche von der dreidimensionalen Struktur des DNA-Moleküls, Mr. Trent. Wenn die Polizei nicht alles Beweismaterial zum Fall Jefferies vernichtet hat, werden Sie vielleicht dank Watsons und Cricks Entdeckung im Gefängnis landen.«
    Mit missbilligendem Zungenschnalzen quetschte sich George hinter das Lenkrad. »Sie können von Glück reden, dass er nicht zugeschlagen hat.«
    Jonathan lachte. »Er hatte Angst, Sie würden ihm die Augen auskratzen.«
    Sie lächelte automatisch, aber ihre Stimmung hatte sich zu Mutlosigkeit verdüstert. »Und was 456

    tun wir jetzt? Was die Polizei angeht, hat er vollkommen Recht. Mit dem, was wir bisher haben, zu Lovatt zu gehen, wäre reine Zeitverschwendung.
    Wir haben ja nichts Konkretes – es ist alles nur reine Spekulation. Wir wissen nicht einmal, wer Priscilla Fletcher ist, geschweige denn, ob sie sich 1970 in Highdown aufgehalten hat. Genauso gut kann sie in Sydney groß geworden sein.«
    »Sie spricht den hiesigen Akzent.«
    »Das beweist gar nichts.«
    Jonathan, der bester Stimmung war, wunderte sich über ihre plötzliche Niedergeschlagenheit.
    »Was ist denn los mit Ihnen?«
    »Wir sind nicht weiter als vor einer Stunde.«
    »Haben Sie etwas anderes erwartet?«
    »Ja.« Sie legte müde die Arme aufs Lenkrad, ausgepowert von der Aufregung der vergangenen Stunde. »Was wäre sonst der

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