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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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mich setze?«
    »Aber nein. Bitte!«
    Sie zog ihre Jacke aus und warf sie in einen Sessel.
    »Haben Sie vielleicht was zu trinken für mich?«
    Er öffnete einen Küchenschrank und nahm zwei
    Weingläser heraus. »Rot oder weiß? Ich habe einen ganz annehmbaren Margaux und einen ausge-
    zeichneten Pouilly-Fumé.«
    »Wodka haben Sie keinen da?«
    »Nur Wein, tut mir Leid.«
    »Na, klasse« murrte sie. »Muss ja ein ziemlich tristes Leben sein. Ich dachte, mit Büchern verdient man sich dumm und dämlich.« Sie betrachtete die beiden Flaschen, die er hochhielt. »Okay, geben Sie 483

    mir den Roten.« Sie wartete, während er mit dem Korkenzieher arbeitete. »Wollen Sie mich gar nicht fragen, warum ich hier bin?«
    »Ist das nötig?«, brummte er und roch an dem Korken, um sich zu vergewissern, dass der Wein in Ordnung war. »Das werden Sie mir doch sowieso gleich sagen.«
    Sie fand die Bemerkung offensichtlich arrogant.
    »Nein, wenn Sie so von oben runter tun, bestimmt nicht.«
    Er goss etwas Wein in eines der Gläser und hielt es sich kurz unter die Nase, ehe er in beide ein-schenkte. »Das ist kein besonders teurer Margaux«, bemerkte er freundlich, »aber er kostet immer noch ungefähr zwanzig Pfund die Flasche.« Er nahm die Gläser in die eine Hand, die Flasche in die andere und trug alles zum Tisch. »Und was bezahlt man heute für Wodka?«
    »Zwölf – fünfzehn Pfund, aber um jeden Abend
    solche Mengen zu trinken, müsste man schon Alkoholiker sein.«
    »Hm. Wein, der korkt, schmeckt ungefähr so ekelhaft wie sauer gewordene Milch«, sagte Andrew.
    Er reichte ihr ein Glas und ließ sich in dem anderen Sessel nieder. »Prost.« Er hob sein Glas.
    Sie probierte vorsichtig. »Geht schon«, erklärte sie mäkelig. »Mir ist trotzdem Wodka mit Limette lieber. Darf ich rauchen?«
    »Habe ich eine Wahl?«
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    Sie lachte schroff. »Nein, wenn Sie hören wollen, was ich zu sagen habe.«
    Andrew stand noch einmal auf und holte einen Aschenbecher aus einem der Schränke. »Bitte sehr.« Er reichte ihn ihr. »Ich mache solange das Fenster auf.« Dankbar für die Gelegenheit, etwas Öffentlichkeit hereinzulassen, zog er die Vorhänge zurück und öffnete einen Fensterflügel. Zwar glaubte er nicht, dass sie mit einem Messer auf ihn losgehen würde, aber er konnte das, was Grace Jefferies zugestoßen war, doch nicht ganz aus seinem Bewusstsein verbannen.
    »Sie sind ein komischer Mensch.« Sie zündete sich eine Zigarette an. »Sagen Sie nie Nein?«
    Er setzte sich wieder. Diese Frage hatte ihm noch nie jemand gestellt, und es überraschte ihn, sie gerade aus dem Mund dieser Frau zu hören, der er so viel Scharfblick nicht zugetraut hätte.
    »Nein, nicht oft«, gab er zu. »Bei Manuskripten sage ich allerdings ziemlich häufig Nein, aber das sind geschäftliche Entscheidungen.«
    »Was sind Sie also für einer? Ein Weichei … ein bisschen einsam?« Ihr Blick schweifte wieder durch den Raum und blieb an den Suppenflecken auf seinem Hemd haften. »Verheiratet sind Sie jedenfalls nicht. Sind Sie vielleicht schwul?«
    Andrew schüttelte den Kopf. »Hetero und geschieden. Meine beiden Töchter liegen oben in ihren Betten und schlafen.«
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    Sie sah zur Zimmerdecke hinauf. »Wie alt?«
    »Alt genug, um die Polizei zu rufen, wenn ich schreie«, antwortete er mit gutmütigem Spott. »Jung genug, um durchzuschlafen, wenn diese Begegnung friedlich und im Rahmen des gesetzlich Erlaubten bleibt.«
    Sie lachte ein wenig. »Was glauben Sie denn, wer ich bin?«
    Er hielt sein Glas schräg zum Licht und sah zu, wie der Margaux in roten Fäden an der gekrümm-ten Innenwand herablief, während er es langsam drehte. »Ich weiß nicht, wer Sie sind, Louise. Ich warte darauf, dass Sie es mir sagen. Ihre frühere Schuldirektorin Miss Brett sagt, Sie seien eine Lügnerin. Jonathan Hughes sagt, Sie seien eine Diebin, und sowohl er als auch George Gardener nehmen an, dass Sie bei Grace Jefferies’ Ermordung dabei waren.« Er beobachtete sie einen Moment, ehe er einen Schluck Wein trank. »Gibt es überhaupt jemanden, der gut von Ihnen spricht?«
    Er erwartete, dass sie gekränkt reagieren würde, aber das tat sie nicht. »Ich bezweifle es. Ich hab fast mein ganzes Leben lang Mist gebaut. Was hat denn Billy über mich gesagt?«
    Billy! »Ist das Ihr Bruder?«
    Sie nickte.
    »Nicht viel.« Er rief sich Georges Protokoll ins Gedächtnis. »Soweit ich mich erinnere, sagte er, dass Sie verheiratet seien und Ihre Familie glaubte, 486

    Sie

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