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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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fürchterlicher Tyrann.«
    »Das habe ich von Andrew übernommen. Waren
    Sie beim Arzt?«
    »Ich gehe morgen hin.«
    Er ließ es dabei bewenden und holte einen Ausdruck der Liste mit Andrews »wesentli-chen Punkten« hervor, die er George Anfang der Woche per E-Mail zugesandt hatte. Er begann mit den Aussagen Louises, die sich nachprüfen ließen. Wenn zutraf, was Georges verstorbene Nachbarin gesagt hatte, und Grace Jefferies’
    Haus tatsächlich genauso gebaut gewesen war wie das von George, dann hatte Louise zweifellos durch die Terrassentür ins Wohnzimmer hi-neinsehen können. Weniger glaubhaft erschien Jonathan, dass die Mädchen durch eine Pforte hinten im Zaun hereingekommen waren, wenn sie die Schule schwänzen wollten. Er wies mit einer Kopfbewegung zum Ende von Georges
    Garten. »Sie hätten nur durch die anliegenden Gärten kommen können«, sagte er, »aber keiner 545

    von Grace’ Nachbarn hat sie je bemerkt. Wie kommt das?«
    George sah einen Hefter durch, den sie sich von ihm aus dem Wohnzimmer hatte bringen lassen.
    »Ich glaube, dieses Rätsel habe ich gelöst.« Sie nahm die Fotokopie einer Straßenkarte heraus und breitete sie auf dem Tisch aus. »Das habe ich in der Bibliothek gefunden. Es stammt aus einem alten Stadtplan von Bournemouth aus dem Jahr 1969.« Sie ergriff einen Bleistift und tippte mit der Spitze auf die Mullin Street. »Hier wurden die Einfamilienhäuser abgerissen, um dem Wohnblock Platz zu machen, und soweit ich weiß war hier«
    – sie zog einen kleinen Kreis – »Grace’ Haus.
    Wenn das stimmt, dann war hinten eine schmale Sackgasse mit Zugang von der Bladen Street.« Sie zog den Bleistift eine rechtwinklig anschließende Straße hinauf. »Die Sackgasse existiert nicht mehr, weil die zwei Häuser hier, die an die Bladen Street grenzen, offenbar ihre Gärten vergrößert haben und hinter dem Wohnblock Garagen liegen – aber 1970 gab es sie eindeutig noch.«
    Jonathan nickte beifällig. »Gute Arbeit.«
    George schnitt eine Grimasse. »Es beweist nichts.
    Was ist eigentlich mit Fingerabdrücken? Die Polizei hätte doch welche finden müssen, wenn Cill sich häufiger in dem Haus aufgehalten hat. Die Abdrücke von Kindern sind kleiner als die von Erwachsenen, die Polizei hätte sie also gar nicht 546

    übersehen können , wenn welche da gewesen wären. Besonders gilt das für die von Louise. Miss Brett hat gesagt, sie sei ein mageres kleines Ding gewesen. Selbst wenn sie das Haus nicht betreten hat, wird sie die Fenster berührt haben, als sie hin-einschaute. Das wäre doch das Natürliche.«
    »Was hat denn Lovatt dazu gesagt?«
    »Er sagte, Kinderabdrücke wären natürlich aufgefallen, und meinte, dass man zumindest Ver-gleichsabdrücke von Cill zur Hand gehabt hätte.
    Nach ihrem Verschwinden habe man zweifellos ihre Abdrücke gesichert für den Fall, dass eine Leiche gefunden würde.«
    »Dann lügt Louise?«
    »Seiner Ansicht nach, ja.«
    Jonathan verschränkte seine Hände und streckte die Arme nach oben, um seinen Nacken zu dehnen.
    »Louise sagte zu Andrew, er müsse die Erklärung selbst finden«, murmelte er. »Das war clever von ihr. Kleine Männer müssen ja immer beweisen, dass sie besser sind.«
    George schnalzte kopfschüttelnd mit der Zunge.
    »Sie sollten nicht immer auf seine Körpergröße an-spielen. Der arme Mann wird noch Komplexe bekommen.«
    »Haha!«
    »Er ist überzeugt, dass seine Frau ihn deshalb verlassen hat.«
    Jonathan senkte die Arme und sah George mit 547

    einem Lächeln an. »Ich habe getan, was Sie gesagt haben, und habe sie vor zwei Tagen besucht.
    Sie hat genug von ihrem parasitären Zuchthengst, kann vor Arbeit kaum aus den Augen schauen und hat mich immer wieder gefragt, ob Andrew eine Freundin hat.«
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Dass sie keine zweite Chance verdient, weil sie ein falsches Luder ist.«
    »Nie im Leben haben Sie das gesagt!«
    »Doch.«
    »Niemals!«
    Er lachte. »Okay, vielleicht nicht genau mit diesen Worten, aber auf jeden Fall habe ich ihr gesagt, dass es einen Mann wie Andrew kein zweites Mal gibt, und wenn sie auch nur einen Funken Verstand besäße, müsste ihr das klar sein. Außerdem habe ich gesagt, dass er nie ein böses Wort über sie gesprochen hat und sich vor Sehnsucht nach ihr und den Kindern halb zu Tode grämt.«
    Georges Augen blitzten vor Vergnügen. »Und was hat sie gesagt?«
    »Dass die Mädchen ihr erzählt hätten, er habe am Samstag eine Frau im Haus gehabt, und am Sonntagmorgen habe es

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