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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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hat es gehört und wollte deshalb nicht auf ein Taxi warten.«
    »War er denn mit dem Taxi gekommen?«
    Sie zögerte. »Das weiß ich nicht – nein, ich glaube nicht. Sein Regenmantel war klatschnass, als er zu mir in den Wagen stieg, zu nass für die paar Minuten, die es dauerte, bis ich ihn einholte.«
    »War das, bevor Sie Ihre Meinung äußerten oder hinterher?«
    »Vorher. Ich hatte mich zu unserer Verabredung 206

    verspätet, und es gab ein Missverständnis zwischen ihm und Mr. Trent. Da bin ich ihm mit meinem Wagen nachgefahren.«
    »Was war das für ein Missverständnis?«
    Sie seufzte. »Mr. Trent machte eine Bemerkung, die Dr. Hughes als rassistisch empfand. Wir hatten beide einen Weißen erwartet – Hughes ist ja ein ganz geläufiger englischer Name –, daher kam es zu dem Missverständnis.« Sie hielt einen Moment inne. »Hat er Anzeige gegen Mr. Trent erstattet?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Worum geht es dann eigentlich?«
    »Das versuche ich gerade herauszubekommen, Miss Gardener. Es wäre mir eine Hilfe, wenn Sie mir etwas über dieses Treffen mit Mr. Hughes sagen könnten – in aller Kürze, wenn möglich. Was war der Anlass dafür? Wie kam es dazu, dass Sie sich so lautstark über Dr. Hughes auslassen mussten?«
    »Ach, Gott. Das erscheint jetzt alles so lächerlich.«
    »Bitte.«
    Sergeant Lovatt rechnete mit epischer Breite.
    Tatsächlich jedoch war der Bericht erstaunlich kurz und präzise. George Gardener erwähnte das gemeinsame Interesse an Howard Stamp und bezeichnete die Differenzen, die sich zwischen ihr und Jonathan Hughes ergeben hatten, als »Persön-lichkeitskonflikt«. Die Abneigung sei beiderseitig 207

    gewesen, und sie habe sehr bald gemerkt, dass eine Zusammenarbeit mit ihm problematisch werden würde. Sie seien in ihrer Lebensauffassung völlig unterschiedlich – vielleicht weil sie eine Generation älter war und Dr. Hughes’ hochgesteckte intellektuelle Ziele für sie weder erstrebenswert noch er-reichbar seien –, und es sei ihr deshalb unmöglich gewesen, das Gespräch weiterzuführen.
    »Es tut mir Leid, wenn er sich dadurch beleidigt fühlt«, sagte sie abschließend, »aber ich habe ausdrücklich erklärt, dass meine Entscheidung mit Rassismus nichts zu tun hat. Manchmal stimmt die Chemie und manchmal stimmt sie eben nicht.
    In diesem Fall stimmte sie leider nicht – und ich war nicht bereit, meine Aufzeichnungen jemandem zu überlassen, dem ich misstraue.«
    »Hm.«
    »Hilft Ihnen das weiter, Sergeant?«
    Eigentlich nicht … »Hat er irgendwann während des Gesprächs mit Ihnen etwas davon gesagt, dass es ihm nicht gut geht, Miss Gardener?«
    »Nein.«
    »Hat er ausgesehen , als ginge es ihm nicht gut?«
    Wieder zögerte sie. »Das mag jetzt wieder wie eine rassistische Bemerkung klingen, ist aber nicht so gemeint – bei so dunkler Haut kann ich das nicht sagen. Weißen – auch fremden – sehe ich an, wenn es ihnen nicht gut geht, aber dunkle Gesichter sind mir nicht vertraut genug, da erkenne 208

    ich die Symptome nicht. Er hat sich ziemlich oft die Stirn gewischt und hat nicht sehr viel gegessen
    – aber es war warm im Zimmer, im Kamin brannte ein Feuer, und ich vermutete, Mr. Trents Essen sei nicht sein Geschmack.« In ihrer Stimme schwang Betroffenheit. »Ist er krank? Haben Sie darum angerufen?«
    »Er hat offenbar seine Brieftasche und seinen Pass im Crown and Feathers liegen gelassen, Miss Gardener. Er hat sich darüber sehr aufgeregt. Ohne Rückfahrkarte hatte er keine Möglichkeit, rechtzeitig zu einem Opernbesuch nach London zurück-zukommen.«
    »Ich verstehe«, sagte sie, obwohl ihr Ton das Gegenteil vermuten ließ. »Warum hat er nicht bei Mr. Trent angerufen?«
    Der Sergeant schaute über seinen Schreibtisch hinweg Andrew an. »Vielleicht war’s ihm peinlich.
    Bei diesem Treffen scheinen ja ein paar sehr unglückselige Bemerkungen gefallen zu sein. Danke jedenfalls für Ihre Hilfe.«
    Er legte auf. »Bevor Sie ihn mitnehmen, brauche ich eine überprüfbare Adresse, wo er zu erreichen ist, Mr. Spicer. Aber ich sehe keinen Grund, ihn weiter festzuhalten. Ich denke, Ihre Einschätzung ist richtig – dass Ihr Freund in Geldschwierigkeiten steckt und der Verlust seiner Brieftasche ihn aus dem Gleichgewicht brachte. Die Sachen können im Crown and Feathers abgeholt werden. Ich erkläre 209

    Ihnen den Weg dorthin, ich würde allerdings vorschlagen, dass Sie Dr. Hughes im Wagen warten lassen und die Sachen selbst bei Mr. Trent abholen.
    Wenn Ihr

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