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Der Automatische Detektiv

Der Automatische Detektiv

Titel: Der Automatische Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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funktionierte nicht. Ich verschwendete keine Zeit, ihn zum Funktionieren zu bringen und priorisierte stattdessen meine Optiken. Die Welt fiel in mein digitales Bewusstsein, aber ohne die nötige Unterscheidungssoftware waren es alles nur Umrisse und Farben.
    Eine Ansammlung mehrfarbiger Vielecke sprach. Ich erlangte weitere drei Prozent in Richtung Funktionsfähigkeit und erkannte eine Stimme. Sie gehörte Winifred, der Rezeptionsfrau. »Hey, sind Sie noch da?«
    Sprache kann für ein gerade hochfahrendes Gehirn kompliziert sein. Es brauchte drei Sekunden, um den Fünf-Wort-Satz zu dekodieren.
    »Feststellung: Ich … bin … funktionstüchtig«, antwortete ich. Eine ganze Sekunde später fügte ich hinzu: »Nähere Bestimmung: Nominal.«
    »Nominal?«, fragte sie. »Was heißt das?«
    »Empfehlung: Es … bedeutet … Sie sollten … zurücktreten … falls … ich umfalle … wenn ich versuche … aufzustehen.«
    Ich schaffte es auf die Beine, wenn auch unbeholfen. Programme waren zwar in Gang, aber Hunderte weiterer Subroutinen mussten erst hochfahren. Mein Sensorbereich bot, obwohl es schon besser wurde, ein furchtbares Durcheinander. Ich konnte Gestalten jetzt genauer unterscheiden, hatte aber Probleme, Namen dafür zu finden. Und meine Audiofilter waren zusammengebrochen, was bedeutete, dass jedes kleine Geräusch analysiert und noch einmal analysiert wurde. Das machte es schwer, sich zu konzentrieren. Noch schlimmer: In meinem elektronischen Gehirn hatte ich furchtbare Schmerzen, was komisch war, wenn man bedachte, dass ich keine sensorischen Rezeptoren besaß. Ich legte eine Hand auf meinen Bauch, dorthin, wo es untergebracht war.
    »Frage: Was … hat er … mit mir gemacht?« Ich stellte die Frage laut. Das war keine Absicht, aber meine Verbalisierungsfilter funktionierten ebenfalls nicht.
    »Wer hat was mit Ihnen gemacht?«, fragte Winifred, die ich jetzt visuell als ein biologisches Wesen identifizieren konnte, mehr war allerdings nicht zu erkennen.
    »Feststellung: Diagnoseprogramm … läuft.« Ich piepte zweimal aus unerfindlichen Gründen.
    »Sie sehen gar nicht gut aus.« Sie nahm mich am Arm.
    »Feststellung: Sensorisches Netz offline. Feinmotorikfunktionen … offline. Empfehlung: Sicherheitsabstand … halten … um versehentliche Verletzungen … zu vermeiden. Schätzung: Vollständige Systemwiederherstellung … in zwei Minuten, zwei Sekunden.«
    »Vielleicht sollten Sie sich setzen, während Sie warten«, sagte sie.
    »Negativ.« Ich kramte in meinem Wortschatzordner nach einem weniger technischen Wort. »Nein. Es ist besser, in der Zwischenzeit sehr still zu stehen.« Ich hickste ein letztes »Feststellung«. Dann wartete ich.
    »Soll ich die E-Mechs anrufen?«
    Empire hatte die besten mechanischen Notfalltechniker der Welt zur Versorgung ihrer automatischen Bürgerschaft, aber dies hier war nicht ernst genug dafür.
    »Es ist nur ein kalter Neustart.«
    Ich tat es lässig ab, aber es beunruhigte mich. Ich war seit meiner ersten Aktivierung nicht mehr so tief offline gewesen. Ich konnte mich an jeden Augenblick meiner Existenz erinnern, bis auf die eins Komma acht Sekunden, nachdem mein Kühlschrank explodiert war. Aber jetzt gab es da ein Zeitfenster von drei Minuten und siebenundvierzig Sekunden in meinem Speicherlog, das ich nicht erklären konnte.
    Was hatte Grey mit mir gemacht?
    Nachdem es vollständig wiederhergestellt war, durchkämmte mein Diagnoseprogramm meine Software und versicherte mir, dass nichts fehlte. Aber da war immer noch diese unerklärte Zeitspanne, immer noch dieser eigenartige Gedanke, dass jemand in meiner intimsten Programmierung herumgepfuscht hatte. Als Roboter hatte ich keine Instinkte, und mein Intuitionssimulator blieb ruhig. Dennoch stimmte etwas nicht.
    Ich fühlte es.
    »Alles wieder besser?«, fragte die Frau.
    »Funktionstüchtig«, grunzte ich, während ich meinem Diagnoseprogramm befahl, mein elektronisches Gehirn noch einmal durchzugehen und einen Teil meine Rechenleistung dazu abstellte, weiterhin so lange zu sieben, bis sie etwas fand. »Und ich heiße Mack.«
    »Also, was ist passiert, Mack?«
    »Haben Sie …«, begann ich, unterbrach mich aber plötzlich und unerklärlicherweise.
    »Was?«, fragte Winifred. »Habe ich was?«
    »Haben Sie …« Wieder unterbrach ich mich.
    Ich wollte sie nach Grey und Knuckles fragen, aber etwas hielt die Frage davon ab, sich zu formulieren. Es musste Greys Umprogrammierung sein, ein kleiner Wurm von einem Virus, der

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