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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Gott gekleidet und trug ein Gewand, welches aus trockenen alten Maishülsen und frischem jungem Grün bestand; auf dem Kopf trug er eine fächerförmige Krone aus leuchtend bunten Federn; um die Schultern hatte er einen fließenden Umhang liegen und an den Füßen goldene Sandalen. Viele Male wurde der junge Mensch in einem eleganten Tragstuhl unter viel Gepränge und ohrenbetäubender Musik um Das Herz Der Einen Welt herumgetragen, und er streute Saat- und Maiskörner in die jubelnde und singende Menge. Wenn der Umzug vor der in einer Ecke des riesigen Platzes errichteten niedrigen Pyramide des Xipe Totec anlangte, hörte alles Getrommel, alle Musik und alles Singen auf, verstummte die Menge und wurde der Gottesdarsteller zu Füßen der Tempeltreppe niedergesetzt.
    Dort halfen zwei Priester ihr, sich ihres Gewands zu entledigen, eines Stücks nach dem anderen, bis sie vor aller Augen vollständig nackt dastand – von denen manche bereits jede Einzelheit und jede Öffnung ihres Körpers kannten. Die Priester reichten ihr ein Bündel von zwanzig kleinen Rohrflöten, und sie wandte der Menge den Rücken zu. Die beiden Priester faßten neben ihr Fuß, während sie zum Altarstein und zum Tempel hinaufstieg. Auf jeder einzelnen der zwanzig nach oben führenden Stufen ließ sie aus einer der Flöten einen Triller erschallen, um dann die Flöte mit den Händen entzweizubrechen. Möglich, daß sie auf der letzten Stufe ein wenig länger und ausgedehnter und auch ein wenig trauriger auf ihrer letzten Flöte spielte, doch ließen die Priester, welche sie begleiteten, nicht zu, daß sie ihr Spiel ungebührlich in die Länge zog. Das Leben Xipe Totec hatte zu enden, nachdem der letzte Triller der letzten Flöte verklungen war.
    Dann wurde sie von den anderen, oben auf der Pyramide wartenden Priestern ergriffen und rücklings über den niedrigen Opferstein gelegt, zwei von ihnen schwangen ihre Obsidianmesser. Während einer die Brust zerteilte und das noch klopfende Herz herausriß, trennte der andere den Kopf vom Leibe, an dem Wimpern und Mund noch zuckten. Bei keiner anderen unserer religiösen Zeremonien wurde das Opfer enthauptet, nur bei dieser, doch auch in diesem Falle kam diesem Umstand keinerlei religiöse Bedeutung zu. Er diente einzig praktischen Gründen, denn es ist nun mal leichter, einem Toten die Haut abzuziehen, wenn Kopf und Leib getrennt sind.
    Das Schinden vollzog sich nicht vor den Augen der Menge. Die beiden Teile, welche eben noch ein junger Mensch gewesen waren, wurden in aller Eile in den Tempel geschafft, und die Priester verstanden sich vorzüglich auf ihr Geschäft. Die Kopfhaut wurde am Hinterkopf vom Hals bis zum Scheitel aufgeschnitten und über den Kopf gezogen; nur die Augenlider wurden herausgeschnitten. Auch der übrige Körper wurde hinten vom After bis zum Halsstumpf aufgeschlitzt, die Haut von Armen und Beinen jedoch sorgsam gelockert, um unversehrte Schläuche zu erhalten. Hatte es sich beim Xochimíqui um eine junge Frau gehandelt, wurde das weiche Fleisch von Brüsten und Gesäß unversehrt belassen, um ihre Rundungen zu bewahren. War es jedoch ein junger Mann, beließ man sein Tepúli und die Olóltin unversehrt, und sie baumelten von der Haut herab.
    Der kleinste Priester Xipe Totecs – und es gab immer einen kleinen unter ihnen – entledigte sich geschwind seiner Gewänder und streifte sich die Hautteile des Xochimíqui über. Da die Haut innen immer noch feucht und schlüpfrig war, bereitete es ihm keine Schwierigkeit, mit Armen und Beinen in die entsprechenden Hautschläuche hineinzuschlüpfen. Die Füße des Toten waren entfernt worden, weil sie dem Priester sonst beim Tanzen hinderlich gewesen wären, doch die Hände des Toten blieben dran und baumelten winkend neben seinen eigenen. Da die Rumpfhaut hinten nicht schloß, wurde sie entlang der Schnittlinie durchlöchert, Riemen hindurchgezogen und mit ihrer Hilfe die Haut straff um seinen Körper gezogen. Sodann zog der Priester Haar und Gesicht des Toten dergestalt über, daß er durch die leeren Augen sehen und durch die schlaffen Lippen hindurch singen konnte; auch sie wurde an seinem Hinterkopf verschnürt und gestrafft. Alle Blutspuren wurden abgewaschen und der Schlitz auf der Brust zugenäht.
    All das dauerte nicht länger als ich brauche, es Eurer Exzellenz zu erzählen. Den Zuschauern mußte es vorkommen, als habe der tote Xipe Totec den Altarstein kaum verlassen und erscheine flugs darauf unterm Tempeltor. Gebeugt stand

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